IKRK: Arbeit in Libanon trotz Waffenruhe schwierig
Am ersten Tag der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah sprach IKRK-Präsident Jakob Kellenberger in Genf von einem riesigen Bedarf an humanitärer Hilfe.
In Libanon sind nach Angaben von Kellenberger zwischen 400’000 und 500’000 Menschen auf Soforthilfe angewiesen.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zähle darauf, nach der Waffenruhe seine Aktivitäten verstärken zu können, sagte Jakob Kellenberger am Montag nach seiner Rückkehr aus dem Nahen Osten. Er hoffe, dass nun der Zugang zur notleidenden Zivilbevölkerung erleichtert werde.
Jetzt müsse möglichst rasch Hilfe in gewisse Dörfer im Süden Libanons gebracht werden können, wo Kämpfe stattgefunden hatten. Im Verlaufe des Tages habe das IKRK Güter nach Tyrus bringen können. Auch die UNO meldete, dass erstmals seit Tagen wieder zwei Hilfskonvois die Stadt erreichen konnten.
Kellenberger nannte eine Reihe von Arbeiten, die dringend gemacht werden müssten. Dazu gehörten die Bergung von Verletzten, die Suche nach Leichen unter den Trümmern sowie die Versorgung mit Trinkwasser, Treibstoff und Medikamenten.
Rückkehrer brauchen Hilfe
Auch viele der trotz der Kämpfe in ihren Dörfern gebliebenen Menschen bräuchten Unterstützung. Meist seien es gerade die Alten, Schwachen und Kranken gewesen, die nicht hätten fliehen können.
Trotz der Waffenruhe bleibe die Arbeit der Hilfsorganisationen schwierig, ergänzte der IKRK-Präsident, der sich letzte Woche während vier Tagen in der Region aufgehalten hatte.
Es sei schwierig abzuschätzen, wie rasch die Flüchtlinge zurückkehren könnten. Aber auch wenn sie heimkehrten, blieben sie auf Hilfe angewiesen. Für das IKRK sind derzeit 70 Delegierte und 100 lokale Helfer vor Ort im Einsatz.
Das IKRK bemühe sich weiterhin, Zugang zu den drei im Nahen Osten entführten israelischen Soldaten zu erhalten. Dies sei bisher nicht möglich geworden, sagte Kellenberger.
Dafür gab Israel der humanitären Organisation am Sonntag die Erlaubnis, Familien der rund 11’000 palästinensischen Gefangenen zu besuchen.
Medizinische Situation
Auch die medizinische Situation im Süden Libanons bleibt weiterhin schwierig. In der Hafenstadt Tyrus sei die Elektrizitätsversorgung zerstört, in den Spitälern fehle Treibstoff für die Notstrom-Generatoren, teilte die Weltgesundheits-Organisation WHO am Montag in Genf mit.
Hilfstransporte erforderten weiterhin hohe Sicherheitsvorkehrungen. Blindgänger stellten im Süden eine grosse Gefahr dar.
Ausser Treibstoff brauchen die Kliniken laut WHO auch Sauerstoff, Medikamente und Hilfskräfte. Ansteckende Krankheiten seien bislang aber nicht ausgebrochen.
swissinfo und Agenturen
Das IKRK ist seit 1967 in Libanon präsent und hat sich um die Opfer der zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hisbollah gekümmert.
Um auf die schwierige humanitäre Situation hinzuweisen, hat die Organisation einen Hilfsappell für 65 Mio. Euro gestartet und die eigene Präsenz in Libanon markant erhöht (von 6 auf 70 Delegierte).
Das IKRK, Wächterin über die Genfer Konventionen, hat mehrmals seine logistische und neutrale Unterstützung angeboten, um eine Lösung bei den Gefangenen beider Seiten zu finden.
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