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IKRK besorgt um Zivilisten in und um Falludscha

US-Marines bei der Festnahme von Irakern im Zentrum von Falludscha. Keystone

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist besorgt um die in der umkämpften irakischen Stadt Falludscha eingeschlossenen Zivilpersonen.

In einem swissinfo-Interview hofft IKRK-Sprecherin Rana Sidani, die Nachricht finde bei den US-Streitkräften und den irakischen Behörden Gehör.

Falludscha ist ein sunnitisches Bollwerk, ein Refugium für ausländische Moslem-Militante und Anhänger des früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein.

Gemäss Berichten des US-Militärs sind seit dem Beginn der Offensive am letzten Montag in Falludscha «Hunderte» von Rebellen getötet worden.

Gegen 10’000 US- und irakische Soldaten sind an den Kämpfen um das 65 km westlich der Hauptstadt Bagdad gelegene Falludscha beteiligt.

Es gibt keine offiziellen Zahlen über die betroffenen Zivilisten.Das IKRK versucht aber, zusammen mit dem Roten Halbmond, Lebensmittel, Wasser und Medikamente für rund 40’000 Einwohner von Falludscha bereit zu stellen, welche aus der Stadt geflohen sind.

swissinfo: Was sind die Hauptbefürchtungen des IKRK im Zusammenhang mit den Kämpfen um Falludscha?

Rana Sidani: Wir haben in Falludscha zwei Hauptsorgen. Die erste, dass sich noch Zivilisten im Zentrum befinden. Sie müssen vor Angriffen geschützt werden. Aus diesem Grund hat das IKRK die Kriegsparteien daran erinnert, dass das internationale Recht verbietet, Zivilpersonen, die keine aktive Rolle bei den Auseinandersetzungen spielen, zu töten oder zu verletzen.

Unsere zweite Sorge gilt den vielen Zivilisten, die nicht in dem Teil der Stadt sind, der unter der Kontrolle der multinationalen Truppen steht. Zwei Gesundheits-Zentren sind nicht einsatzbereit. Deshalb haben die Menschen dort keinen Zugang zu medizinischer Hilfe und können so auch nicht entsprechend versorgt werden.

swissinfo: Hören die US-Militärbehörden auf ihre Befürchtungen?

R. S.: Wie können wir das wissen? Wir sind dort nicht präsent und können deshalb nicht prüfen, wie sich die Dinge entwickeln. Aber wir hoffen, dass wir gehört werden.

Wir verstehen die Schwierigkeiten und die Notwendigkeit auf der Seite der multinationalen Streitkräfte, Sicherheit zu etablieren. Aber gleichzeitig erinnern wir sie daran, dass auch in einem Krieg Regeln bestehen, die respektiert und Zivilisten, die geschützt werden müssen.

swissinfo: Wie hilft das IKRK denen, die wegen der Kämpfe in Falludscha eingeschlossen sind?

R. S.: Ich sagte bereits, dass wir unglücklicherweise wegen der prekären Sicherheitslage in der Stadt nicht selbst präsent sein können. Wir haben aber Kontakt zu vielen Familien in Falludscha, die uns darüber informieren, was in der Stadt passiert.

Am Donnerstag haben wir Lebensmittel-Pakete bereit gestellt für rund 1000 Familien, die aus Falludscha nach Bagdad geflohen sind und in Schulen Unterschlupf gefunden haben.

swissinfo: Augenzeugen beschreiben die Situation in Falludscha als desolat, ohne sauberes Wasser und mit nur geringen Nahrungsmittel-Vorräten. Was haben Sie über die Lebensbedingungen innerhalb der Stadt gehört?

R. S.: Zwei Wasseraufbereitungs-Stationen in Falludscha funktionieren gemäss einem Bericht des irakischen Wasser-Wirtschaft-Amtes nicht – aus diesem Grund ist eine Trinkwasser-Verknappung durchaus möglich.

swissinfo-Interview: Ramsey Zarifeh
(Übertragen aus dem Englischen: Etienne Strebel)

Das IKRK beschäftigt rund 400 einheimische Mitarbeiter in Bagdad.
Die humanitäre Organisation ist in Falludscha «aus Sicherheitsgründen» nicht präsent.
Die IKRK-Mitarbeiter aus dem Ausland kommen für spezielle Missionen in den Irak, sind aber in Jordanien, in Amman stationiert.

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