IKRK vermutet Gefangene der USA an geheimen Orten
Halten die USA weitere Terrorverdächtige an geheimen Orten gefangen? Das IKRK äussert entsprechende Befürchtungen.
Die USA wären nach Genfer Konvention verpflichtet, alle Kriegsgefangenen dem IKRK zu melden.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz befürchtet, dass die USA ohne das Wissen der Organisation Terrorverdächtige an geheimen Orten auf der Welt festhalten.
«Wir haben Zugang zu Personen, die von den USA in Guantanamo, Afghanistan und Irak festgehalten werden, aber soweit wir wissen, gibt es auch Personen ausserhalb dieser Orte, über die wir nicht unterrichtet wurden», erklärte am Dienstag IKRK-Sprecherin Antonella Notari.
Gefangene bleiben verschwunden
Die Genfer Konventionen verpflichten die USA wie die andern Signatarstaaten dazu, dem neutralen, in der Schweiz ansässigen IKRK Zugang zu Kriegsgefangenen und anderen Häftlingen zu gewähren, ihren Zustand zu prüfen und Nachrichten von ihnen an Familien-Angehörige weiterzuleiten.
Die USA haben dem IKRK bisher Zugang zu Tausenden von Häftlingen gewährt, darunter dem früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein. Notari sagte aber, bei einigen Häftlingen, deren Festnahme auf der Web-Site des FBI oder in den Medien gemeldet worden sei, sei der Verbleib noch unklar.
Sie verwies auf Medienberichte, wonach einige Terrorverdächtige auf den US-Stützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean gebracht worden seien. Eine Benachrichtigung der USA dazu gebe es aber nicht.
Kritik von Jakob Kellenberger
Die USA seien der Aufforderung, alle Gefangenen dem IKRK zu melden, bislang nicht nachgekommen, erklärte Notari.
Der Schweizer IKRK-Präsident Jacob Kellenberger hatte diese Beanstandung im Januar bei einem Besuch in Washington vorgetragen. Er war dort unter anderem mit US-Aussenminister Colin Powell und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice zusammengetroffen.
«Bislang haben wir keine zufrieden stellende Antwort erhalten», sagte Notari.
Verstoss gegen das Völkerrecht
Auch der mit der Aufklärung des Folterskandals im US-Gefängnis Abu Ghraib in Irak beauftragte Generalmajor Antonio Tabuga hatte berichtet, dass die Militärpersonen dort Personen festgehalten hätten, die ihr von anderen Regierungsbehörden übergeben worden seien. Diese seien nicht registriert gewesen, ihre Identität und die Gründe ihrer Festnahme seien unbekannt gewesen.
In mindestens einem Fall seien diese «Geistergefangenen» im Gefängnis herumgereicht worden, um sie vor einer IKRK-Delegation zu verstecken. Tabuga hatte dies als Verstoss gegen die Heeresvorschriften und das Völkerrecht gewertet.
Im vergangenen Jahr haben IKRK-Delegierte weltweit fast 500’000 Gefangene in rund 80 Ländern besucht. Rund 11’000 davon waren Gefangene in Irak.
swissinfo und Agenturen
Zu den Haupt-Aufgaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) gehören der Schutz und die Versorgung von Opfern von Krieg und Gewalt sowie Besuch und Registrierung von Kriegsgefangenen.
Grundlage der Aktivitäten der Organisation sind die Genfer Konventionen. Die Schweiz ist Depositär-Staat dieser Konventionen.
Die US-Armee hält nach offiziellen Angaben 594 Gefangene im Lager in Guantanamo fest.
Die meisten wurden nach dem Afghanistan-Krieg Ende 2001 auf den
US-Stützpunkt an der Ostspitze von Kuba gebracht.
Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs in Washington haben die Häftlinge jetzt das Recht, ihre Haft anzufechten.
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