Immer jünger unters Messer

Immer mehr junge Frauen sind nicht mehr zufrieden mit ihrem Körper und legen sich unter das Messer eines Schönheits-Chirurgen. Die Zeche für den Schönheitswahn zahlt oft der Krankenkassen-Versicherte mit seiner Prämie.
Auch in der Schweiz wächst der Wunsch nach einem «Luxuskörper». Chirurgen verschaffen ihren meist Patientinnen mittels Fett-Absaugen, Falten-Aufspritzen oder Brust-Vergrösserungen die gewünschten Traummasse von Bildern und Plakaten.
Immer mehr junge Frauen unterziehen sich einem solchen Eingriff. Vor einem Jahr lag das Durchschnittsalter noch zwischen 30 und 40, wie eine Sprecherin der Arkadia Tagesklinik in Luzern sagte. Jetzt seien die Frauen, die sich die Brust vergrösserten oder Fettpölsterchen absaugen liessen, meistens zwischen 19 und 45 Jahren alt.
Der absolute Trend des Jahres sei das Absaugen von Fett an Bauch und Oberschenkeln. In der Arkadia sind rund acht von zehn wöchentlichen Eingriffen solche so genannte Liposkulpturen. Operationen bei sehr jungen Mädchen würden nicht empfohlen, da sich diese oft noch in der Entwicklung befänden, sagte die Sprecherin. Aber da diese vielfach die Unterschrift ihrer Eltern mitbrächten, könne man kaum etwas dagegen tun.
Die Erfüllung der Patientinnenträume ist jedoch nicht ganz billig. So können Brustvergrösserungen je nach Patientin bis zu 10’000 Franken kosten, wie eine Sprecherin der Klinik am Lürlibad in Chur bekannt gab. Liposkulpturen werden schon zwischen 4’000 bis 6’000 Franken durchgeführt.
Liposkulptur zahlt letztlich oft die Krankenkasse
Die Kosten für das Absaugen von Fett werden vielfach nicht aus der eigenen Tasche bezahlt. Die Kosten für eine Liposkulptur werden oft unter einem anderen Namen an die Krankenkassen weitergereicht, sagte die Geschäftsführerin der Gesellschaft für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie, Catherine Perrin.
Gerade bei den kosmetischen oder ästhetischen Operationen sei die Abgrenzung zwischen Pflichtleistung und Nichtpflichtleistung sehr schwer, teilt santesuisse, das Konkordat der Schweizerischen Krankenversicherer, mit. Dies führe dazu, dass eher zu Gunsten der Patienten entschieden oder argumentiert werde.
Keine Statistiken
Wie viele Schönheits-Operationen jedes Jahr in der Schweiz durchgeführt werden, ist nicht eruierbar. «Was Statistiken angeht, ist die Schweiz ein Drittweltland», sagte Reto Steiner, Sprecher der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH). Ausserdem brauche ein Arzt nicht einmal ein Chirurg zu sein, um eine Schönheits-Operation durchzuführen.
Bis zur Einführung des neuen Arzttraifs TARMED können auch Allgemein-Mediziner zum Skalpell greifen. Laut Catherine Perrin kam es auch schon vor, dass ein vom Ausland eingeflogener Arzt eine Patientin im Hotelzimmer operierte.
Die Dunkelziffer der misslungenen Operationen sei gross, sagt Ursula Gröbly, eine Beraterin der Patienten-Organisation. Viele Frauen schämten sich noch immer, Kunstfehler zu melden.
swissinfo und Daniela Sigrist (AP)

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