Internationale Rankings: Wo die Schweiz gute Noten bekommt – und wo sie noch besser werden könnte
Ob Lebensqualität, Universitäten oder Globalisierung, regelmässig schneidet die Schweiz in internationalen Rankings hervorragend ab. SWI swissinfo.ch hat sich einige der aktuellen Umfragen angeschaut und die Ergebnisse analysiert.
Die Schweiz hat mit Zürich eine der lebenswertesten Städte der Welt, so eine kürzlich veröffentliche Studie in Nature Cities. In der grössten Stadt des Landes (430’000 Einwohnerinnen und Einwohner), leben 99,2 Prozent der Bevölkerung höchstens 15 Minuten zu Fuss von grundlegenden Dienstleistungen wie Gesundheits- und Bildungseinrichtungen entfernt. Die «15-Minuten-StadtExterner Link» ist ein Konzept aus der Wissenschaft und Stadtplanung. Sich in die Fläche ausdehnende nordamerikanische Städte wie Dallas, Atlanta und Detroit, in denen die Bevölkerung auf das Auto angewiesen ist, schnitten entsprechend schlecht ab.
«Zürich fühlt sich für mich als US-Amerikaner unglaublich fussgängerfreundlich an», sagt Luke Harris, Landschaftsarchitekt aus Portland, Oregon der Zeitung The Guardian. «Die meisten Dinge, die man braucht, liegen in Laufnähe, und falls nicht, sind sie leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.»
Zürich taucht regelmässig in internationalen Rankings auf und ist ein beliebtes Ziel für Arbeitskräfte aus der ganzen Welt. In der Mercer Studie zur Lebensqualität für ExpatriatesExterner Link aus dem Jahr 2023 landet die Stadt auf dem zweiten Platz nach Wien und vor dem neuseeländischen Auckland. Für seine politische Stabilität und ausgezeichnete Infrastruktur erhielt Zürich Bestnoten. Genf belegte den fünften Platz.
Trotz Herausforderungen wie der Covid-19-Pandemie erreichte die Schweiz mit ihrer Bevölkerung von neun Millionen Menschen im zweiten Jahr in Folge den Spitzenplatz im HDI Index der Vereinten NationenExterner Link, der sich auf den globalen Lebensstandard fokussiert. Für das gute Abschneiden sorgten insbesondere das hohe Einkommen (69’433 US-Dollar Brutto pro Kopf) und die lange Lebenserwartung (85,9 Jahre für Frauen und 82,5 Jahre für Männer, (2022)).
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Hohe Löhne, aber…
Die Schweiz ist fraglos eines der reichsten Länder der Welt. Der USB Global Wealth Report schätzt das Durchschnittsvermögen eines Schweizer Erwachsenen (abzüglich Schulden) auf 709’612 US-Dollar (CHF 638’012), vor Luxemburg (607’524 US-Dollar) und Hong Kong (582’000 US-Dollar).
Die Löhne sind hoch, doch die Lebenshaltungskosten ebenso. Städte wie Zürich, Genf, Basel und Bern gehören zu den teuersten der Welt, und die Schweiz führt den Big Mac IndexExterner Link des Magazins The Economist an, der die Preise für einen Big Mac in verschiedenen Ländern misst und anhand dessen die Kaufkraftparität zwischen den Ländern vergleicht. Bezieht man noch Steuern, Rentenbeiträge, Mieten (durchschnittlich 1412 CHF pro Wohnung in 2022), den Öffentlichen Nahverkehr und die steigenden Beiträge für die Krankenversicherung (360 CHF im Monat) ein, verlieren diese hohen Löhne etwas an Strahlkraft.
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Schweiz: Warum hohe Löhne vielen nicht mehr zum Leben reichen
Dass die Schweizer länger lebenExterner Link, haben sie auch ihrem Gesundheitssystem zu verdanken. 2022 belegte das Land den ersten Platz in einem globalen Vergleich des Zugangs zum und der Qualität des Gesundheitswesens. Aber dies hat seinen Preis: Mit 11,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Jahr 2022 liegt der Anteil über dem Durchschnitt der OECD-Länder (8,8 Prozent). Eine alternde Bevölkerung und der medizinische Fortschritt treiben die Kosten weiter in die Höhe.
Gut im Rechnen
Der UN Index der menschlichen Entwicklung (HDI)Externer Link berücksichtigt auch den Bildungssektor. Auch hier liegt die Schweiz mit ganz oben mit der zweitlängsten Schul- und Ausbildungsdauer (13,9 Jahre für über 25-Jährige), gleichauf mit Kanada und knapp hinter Deutschland (14,3 Jahre).
Laut der jüngsten PISA-Studie der OECD aus dem Jahr 2023 erreichten 15-jährige Schweizer Jugendliche 508 Punkte auf der PISA-Skala. Der Durchschnitt lag bei 472 Punkten. Sechs Länder machten es besser, alle in Ostasien. Die 15-jährigen Schweizerinnen und Schweizer schnitten gut in Mathematik ab. Sie lagen auch in den Naturwissenschaften und in der Lesekompetenz über den Durchschnitt. Ein Viertel von ihnen erreichte hingegen nicht einmal das Mindestniveau im Lesen.
Auch Schweizer Universitäten wie die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich schlagen sich im internationalen Vergleich gut. Laut dem britischen Beratungsunternehmen für Hochschulbildung, Quacquarelli Symonds (QS), verfügt die Schweiz über die höchste Konzentration von Top-Studiengängen in der Welt.
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Sind die Schweizer Universitäten Opfer ihres Erfolgs?
Der Ruf der Schweizer Hochschulen, ihre exzellente Qualität, das internationale Umfeld und relative geringe Studiengebühren ziehen zahlreiche ausländische Studierende an. Sie machen derzeit ungefähr ein Drittel aller Einschreibungen aus. Der Anteil ausländischer Studierender in der Schweiz ist höher als in anderen OECD-StaatenExterner Link. Einige Institutionen denken daher darüber nach, die Zulassungszahlen für diese Gruppe zu beschränken und die Studiengebühren zu erhöhen.
Globale Wirtschaftsmacht
Das gesunde Unternehmensumfeld der Schweiz erhält regelmässig gute Bewertungen. Das Land nahm im September den Spitzenplatz in der jährlich veröffentlichen Rangliste der besten LänderExterner Link US News & World Report ein und schnitt in Kategorien wie Offenheit für Unternehmen, Lebensqualität und Unternehmertum gut ab. «Die starke Wirtschaft des Landes wird befördert durch niedrige Unternehmenssteuern, einen hoch entwickelten Dienstleistungssektor, angeführt von der Finanzwirtschaft, und eine Hightech-Produktionsindustrie «, heisst es in dem Report.
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Schweizer BIP im 2. Quartal leicht überdurchschnittlich gewachsen
Dank seines lebhaften Handels, einer stabilen Währung, seines Finanzzentrums und der Präsenz internationaler Organisationen erreichte die Schweiz erneut eine Spitzenposition in der Liga globalisierter Länder. Es wird auch als eines der wettbewerbsfähigstenExterner Link und innovativsten Länder angesehen. Das allgemeine Geschäftsumfeld, die Nutzung neuer Technologien, Patente und technisches Know-hows sichern der Schweiz zum 13. Mal in Folge den Spitzenplatz auf der jährlichen Rangliste der UN-Weltorganisation für geistiges Eigentum.
Hohe Mieten und keine Freunde
Doch trotz der starken Wirtschaft, eines gesunden Arbeitsmarktes und niedriger Steuern ist die Schweiz unter internationalen Arbeitskräften so unbeliebt wie noch nie, so das Ergebnis der Umfrage der Expat-Plattform Internations vom Juni. Die Schweiz schaffte es unter 53 Ländern nur auf den 34. Platz, nachdem sie im vergangenen Jahr noch Platz 23 erreicht hatte. Weiterhin gab es Punkte für die Lebensqualität und das Lohnniveau. Doch der Mangel an erschwinglichem Wohnraum bereitet weiterhin Kopfzerbrechen. Viele Fachkräfte beklagen auch ihr Sozialleben und sagen, sie hätten Schwierigkeiten in der Schweiz Freundschaften zu schliessen.
Wenn es um Rankings geht, darf der Economist Intelligence Unit’s democracy indexExterner Link nicht fehlen. Auf dem rutschte die Schweiz um einen Platz auf die achte Position hinab, nach Norwegen, Neuseeland, Island, Schweden, Finnland, Dänemark und Irland. Und dann ist da noch die Pressefreiheit: Die Schweiz belegt den neunten Platz in der jüngsten Rangliste von Reporter ohne Grenzen, ein Aufstieg vom 12. Platz im Jahr zuvor.
Darüber hinaus landete das Land auf dem sechsten Platz eines Index´, mit dem Transparency International im Jahr 2023 die Korruption im Öffentlichen Sektor einstufte (CPI), dem 2023 Public Sector Corruption Perceptions Index (CPI). Defizite seien besonders im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche deutlich, der Korruption im privaten Sektor, der Strafverfolgung von Unternehmen und dem Schutz von Whistleblowern, so Transparency International.
Auch die Schweizer Klimapolitik enttäuscht weiterhin. Letzten Dezember verharrte die Schweiz auf dem 20. Platz des jährlichen Climate Change Performance Index (CCPI), der die Klimaschutzmassnahmen von 63 Ländern plus der Europäischen Union vergleicht. Sie sind zusammen für 90 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Editiert von Reto Gysi von Wartburg/ts. Übertragung aus dem Englischen: Petra Krimphove
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