Jugendliche und Drogen – eine gefährliche Liaison
Jugendliche, die regelmässig Tabak, Alkohol und Cannabis konsumieren, haben häufig psychische Probleme und Zoff mit den Eltern und ihrem Umfeld.
Dies zeigt eine Studie der Universität Lausanne, welche das Verhalten von Jugendlichen untersucht hat, die regelmässig psychoaktive Substanzen konsumieren.
Tabak-, Alkohol- und Cannabis-Konsum geht bei Jugendlichen meist mit psychologischen, sozialen und familiären Problemen einher. Eine Betreuung muss deshalb frühzeitig und breit gefasst einsetzen.
Dies geht aus einer Studie des psychiatrischen Dienstes für Kinder und Jugendliche der Universität Lausanne (SUPEA) hervor, die am Mittwoch vorgestellt wurde.
Die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) finanzierte Studie schliesst eine Lücke, da bisher nur Daten über das Konsumverhalten von Erwachsenen vorliegen.
Die Forschenden haben während dreier Jahre 102 Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren untersucht, die regelmässig psychoaktive Substanzen – vor allem Cannabis – konsumieren.
«Wir hätten gerne 1000 Jugendliche befragt, budget- und zeitmässig lag das jedoch nicht drin. Aber für eine statistische Analyse reichen hundert Jugendliche», erklärte SUPEA-Forschungsleiterin Monique Bolognini gegenüber swissinfo.
«Die regelmässigen Konsumenten machen rund 10 Prozent der Jugendlichen in der Schweiz aus. Sie sind eine sehr homogene Gruppe.»
Probleme und Konsum parallel
Zwei Drittel der befragten Jugendlichen konsumieren täglich Cannabis. Alkohol wird vor allem am Wochenende getrunken. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen, die Zigaretten rauchen, tut dies in grosser Menge: 10 bis 20 Zigaretten pro Tag.
Beim Tabak setzt der Konsum bereits im Alter von 13 Jahren ein. Alkohol wird ab 14-15 Jahren getrunken. Der Cannabis-Konsum folgt später.
Gemäss der Studie haben Jugendliche mit moderatem Konsum weniger psychologische, soziale und familiäre Probleme oder Gesetzes-Konflikte. Umgekehrt sind Jugendliche mit intensivem oder steigendem Konsum mit grösseren Schwierigkeiten konfrontiert: Ihre Situation verschlechtert sich in allen Bereichen.
«Konsumation und Probleme entwickeln sich parallel», betont die Psychologin Léonie Chinet, die an der Studie mitgearbeitet hat. Es gebe keine Hinweise darauf, wo die Ursache und wo die Wirkung liege.
Selbstmordversuche und Essstörungen
Es lässt sich also nicht folgern, Jugendliche rauchten Joints, weil sie Sorgen haben. Ebensowenig lässt sich sagen, dass die Konsumierenden grössere Problemen haben, weil sie rauchen. Aber im Jugendalter geht ein starker Konsum psychoaktiver Substanzen klar mit psychischen Leiden einher.
Mehr als 80 Prozent der Mädchen und 48 Prozent der Knaben kennen Phasen starker Bedrücktheit, einer von zwei Jugendlichen äussert Ängste. Gegen 45 Prozent der befragten Mädchen haben Suizidversuche hinter sich, und 33 Prozent weisen Essstörungen auf. Bei den Knaben lässt sich eher gewalttätiges Verhalten feststellen (27 Prozent).
Sorgloser Umgang mit Konsum
Die Mehrheit der in der Studie befragten Jugendlichen erklärt, sich keine Sorgen über ihren Konsum zu machen, obwohl dieser relativ gross ist. Unter denjenigen, deren Konsum eine Behandlung nötig machen würde, sieht die Mehrheit keinen Anlass, irgendeine Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Allgemeinpraktiker sowie Kinderärzte sind die Fachpersonen, die von den Jugendlichen am ehesten konsultiert werden. Ihnen kommt deshalb eine wichtige Rolle beim Erfassen der Probleme zu. Als Anlaufstelle weniger bedeutend sind Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter.
Die befragten Jugendlichen erachten es als wichtig, in einem globalen Rahmen unterstützt zu werden, und nicht nur bezogen auf ihren Substanzkonsum. Sie legen zudem Wert darauf, bei einer vorgeschlagenen Betreuung die Rolle eines aktiven Partners spielen zu können.
swissinfo und Agenturen
Rund 10 Prozent der Jugendlichen konsumieren regelmässig Drogen, hauptsächlich Cannabis
Der Tabak-Konsum beginnt mit 13 Jahren
Alkohol wird ab 14-15 Jahren getrunken
Cannabis folgt später
Es gebe Konsumierende ohne Probleme wie auch Jugendliche, «deren missbräuchlicher Konsum fast immer an andere Probleme geknüpft ist», erklärt Bernard Meili, zuständiger Leiter im BAG.
Diese Feststellung spricht laut Meili für eine Entkriminalisierung des Cannabis-Konsum.
Eine Lockerung für unproblematische Konsumierende sollte durch einen verstärkten Jugendschutz aufgefangen werden.
Das Parlament wird voraussichtlich im März über den Umgang mit Cannabis beraten.
Widerstand gegen die Entkriminalisierung kommt primär aus rechts-bürgerlichen Kreisen sowie aus der Romandie.
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