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Jukos-Milliarden in der Schweiz gesperrt

Michail Chodorkowskis Advokaten kritisieren die Kontensperrung vehement. Keystone

Die Schweiz hat in der Affäre um den russischen Ölkonzern Jukos mehrere Milliarden Franken gesperrt. Es ist die mit Abstand grösste Summe, die je in einem Rechtshilfefall eingefroren wurde.

Die Jukos-Anwälte kündigten Rekurse ans Bundesgericht an und warfen der Schweiz vor, sich zum Handlanger Russlands zu machen.

Die Bundesanwaltschaft (BA) gab die Ende letzter Woche formell verfügte Kontensperre am Montag bekannt. Es gehe um Vermögenswerte in geschätzter Höhe von mehreren Milliarden Franken.

Die Anwälte des russischen Milliardärs Michail Chodorkowski sprachen gleichentags von über vier Milliarden Dollar (umgerechnet gut fünf Mrd. Franken), die von Menatep-Aktionären auf Schweizer Banken deponiert worden seien. Die Menatep-Gruppe kontrolliert den Jukos-Konzern.

Nach Auskunft von BA-Sprecher Hansjörg Mark Wiedmer kann der genaue Betrag nicht beziffert werden, weil es unter anderem um Wertschriften geht. Es handle sich um Vermögenswerte von natürlichen und juristischen Personen, die in das Jukos-Strafverfahren in Russland verwickelt seien.

Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen

Die Bundesanwaltschaft und die Bundeskriminalpolizei hatten auf Grund des russischen Rechtshilfegesuchs bereits am vergangenen 4. März Hausdurchsuchungen in den vier Kantonen Zürich, Schwyz, Genf und Freiburg vorgenommen und Dokumente beschlagnahmt.

Zudem wurden verschiedene Personen einvernommen und im Sinne einer dringlichen und vorläufigen Massnahme Vermögenswerte blockiert.

Dabei handelte es sich um eine befristete Massnahme zur Sicherung von Beweismitteln. Die russische Justiz lieferte inzwischen in einem ergänzenden Rechtshilfegesuch weitere Informationen, so dass die vorläufige Blockierung der Vermögenswerte Ende letzter Woche bestätigt werden konnte.

Den Beschuldigten wird im russischen Verfahren vorgeworfen, in betrügerischer Art mit Düngemitteln, Öl und Ölprodukten gehandelt zu haben. Die russische Staatsanwaltschaft hatte bereits am vergangenen 11. März über die angebliche Blockierung von rund fünf Milliarden Dollar durch die Schweizer Behörden berichtet.

«Politisch motivierter Übergriff»

Die Anwälte Chodorkowskis und der Menatep-Gruppe sprachen in Genf von einem politisch motivierten, russischen Übergriff auf Schweizer Bankkonten. Laut ihren Aussagen wurden Konten bei den Banken UBS, BNP Paribas, SG Banque, Crédit Agricole Indosuez und Dresdner Bank eingefroren.

Die Anwälte kündigten an, die Kontenblockierung beim Bundesgericht anzufechten. Die Schweizer Behörden hätten auf eine eigene Beurteilung des Falles verzichtet und verstünden sich auf widerrechtliche Art als Hand russischer Staatsanwälte und Gerichte.

Gemäss Bundesanwaltschaft kann die Sperre beim Bundesgericht angefochten werden, sofern die betroffenen Personen einen unmittelbaren und nicht wiedergutzumachenden Nachteil nachweisen können. Mehrere Konten mit kleineren Beträgen seien inzwischen wieder freigegeben worden.

Das Beispiel der Aeroflot-Affäre zeigt, dass ein langwieriger Rechtsstreit bevorstehen dürfte. Die Höhe der gesperrten Vermögenswerte sprengt alle bisherigen Dimensionen. Im Falle des nigerianischen Ex-Diktators Sani Abacha waren zeitweise 670 Millionen Dollar auf Schweizer Bankkonten eingefroren gewesen.

Chodorkowski war am vergangenen 25. Oktober in Russland wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung und Betrug inhaftiert worden und kurz darauf als Jukos-Vorsitzender zurückgetreten. Mehrere Anträge seiner Anwälte auf Haftentlassung gegen Kaution wurden abgelehnt.

swissinfo und Agenturen

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