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Kämpfe bedrohen Schweizer Hilfsprojekte

Truppen patroullieren in den Strassen von Katmandu und überwachen die Ausgangssperre. Keystone Archive

Mitarbeiter von Schweizer Hilfsprojekten in Nepal haben wegen der zunehmenden Gewalt im Land Mühe, ihre Arbeit zu tun.

Die Gewalt, die kürzlich zwei Todesopfer forderte, brach aus, als in der Nacht zum 20. August zwölf Nepalesen von islamischen Extremisten in Irak hingerichtet wurden.

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist mit etlichen Hilfsprojekten in Nepal aktiv. Diese konzentrieren sich vor allem auf die Förderung der Landwirtschaft, auf Strassenbau und die Berufsbildung.

Die Probleme mit den maoistischen Aufständischen in Nepal sind für die DEZA nicht ganz neu. Die Maoisten sind bereits seit zehn Jahren im Himalaya-Königreich aktiv.

Die neusten Unruhen brachen aus, als sich die Nachricht über die Ermordung der nepalesischen Arbeiter in Irak im Land verbreitete. So wurden die Moschee in Katmandu und andere islamische Einrichtungen angegriffen.

Gesetzlos

Jörg Frieden vom DEZA-Büro in Katmandu sagte gegenüber swissinfo, dass auch unter den Mitarbeitern vor Ort Angst ausgebrochen sei. Das Büro habe wegen einer Ausgangsperre zeitweise geschlossen werden müssen.

«Zum ersten Mal, seit ich in Nepal bin, hatte ich das Gefühl, in Gefahr zu sein, denn es war wirklich rohe Gewalt, die sich unkontrolliert breit machte. Die staatliche Macht war während Stunden nicht präsent», sagte Frieden.

Auch die Einwohner von Katmandu hätten nicht verstanden, warum die Polizei nicht fähig war, die Gewalttäter zu stoppen. «Die Polizei stand einfach untätig da und schaute zu, wie Läden und Häuser geplündert wurden», so Frieden. Eine Augenzeugin habe gesehen, wie eine Moschee zerstört worden sei.

Maoistische Gewalttäter

Frieden unterstrich, dass die Maoisten, die seit 1996 versuchten die Monarchie in Nepal zu stürzen, in den vergangenen Jahren immer stärker in Erscheinung getreten seien.

«Wir haben ein gutes Sicherheitssystem geschaffen, damit unsere Mitarbeiter, die meist Nepalesen sind, ihre Arbeit auch in Ruhe und ohne Risiken tun können», sagt Frieden. Doch hätten die Unruhen kürzlich die Bemühungen dafür erschwert.

Glaube man der maoistischen Propaganda, dann würden diese zwei Drittel des Landes kontrollieren.

Arbeitsbewilligungen

Frieden sagte auch, dass die DEZA schriftliche Bewilligungen einholen müsse, um in etlichen Teilen des Landes die Arbeit zu tun. Oft sei dafür auch Geld verlangt worden.

«Doch da machen wir nicht mit. Allerdings, wenn diese Situationen eintritt, dann müssen wir die Arbeit an unseren Projekten für Wochen oder sogar Monate ruhen lassen.»

Trotzdem hätten die Unruhen bislang nicht dazu geführt, dass die DEZA Projekte aufgeben musste. Frieden denkt, dass sich die Lage – nach den Schwierigkeiten im Frühjahr – nun wieder beruhigen wird.

«In diesem Jahr sind drei oder vier Projekte durch die Probleme mit den Aufständischen behindert worden, doch habe ich den Eindruck, dass der Druck seit Juni nachgelassen hat, und somit können wir überall wieder normal arbeiten», sagte Frieden.

Die Rolle der Regierung

Wie Frieden weiter ausführte, behindert aber auch die mangelnde Unterstützung der Regierung die DEZA in ihrer Arbeit.

«Wir mussten unsere Aktivitäten in den vergangenen Jahren mit der Regierung abstimmen», sagte Frieden. «Jetzt haben wir die meisten Projekte an lokale Gemeinschaften übergeben, die in Gebieten arbeiten können, wo der Arm der Regierung kaum oder gar nicht hinreicht.»

Die Schweiz unterstützt Nepal seit 40 Jahren, mit dem Ziel die Armut zu verringern und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.

Doch denkt Frieden, dass die Gewalt nicht aufhöre, solange die politische Situation in Nepal sich nicht ändert.

Keine Perspektiven

Im Land sind Tausende von jungen Leuten ohne Arbeit, ohne Ausbildung und ohne Zukunftsperspektiven. Der Auslöser für die ständig wiederkehrende Gewalt ist diese frustrierende Situation», sagte Frieden.

Die Schweiz hat Nepal schon mehrmals ihre guten Dienste angeboten. Im März 2003 fanden in Bern die ersten Gespräche zwischen Vertretern der Regierung und den maoistischen Aufständischen statt.

Die Gespräche sollten eine Waffenruhe festigen, die einige Wochen zuvor in Kraft getreten war; doch schon im August 2003 wurde der Waffenstillstand wieder gebrochen.

swissinfo, Billi Bierling in Katmandu
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)

Die DEZA ist seit 40 Jahren in Nepal tätig.

Die Projekte konzentrieren sich auf Landwirtschaft, Strassenbau und Berufsausbildung.

Der Aufstand der maoistischen Rebellen begann 1996. Ziel des Aufstandes: Die Monarchie stürzen und eine kommunistische Republik errichten.

Seit Beginn der Aufstände sind im Himalaya-Königreich rund 9000 Personen getötet worden.

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