Kampfansage an Gewalt in den Medien
Kinder und Jugendliche sollen besser vor Gewaltdarstellungen in den Unterhaltungsmedien geschützt werden.
Pro Juventute fordert in einer Petition eine landesweit einheitliche Regelung des Jugendmedienschutzes und eine nationale Zertifizierungsstelle.
Mit der Petition «Stopp der (un)heimlichen Gewalt» fordert die Stiftung, dass landesweit einheitliche Altersfreigaben für verbindlich erklärt werden.
Gemäss Pro Juventute sind Kinder und Jugendliche mit immer mehr Gewalt am Bildschirm, auf Handys, bei Computerspielen, Videos und im Kino konfrontiert. Dabei werde Gewalt immer hemmungsloser dargestellt und immer realistischer inszeniert.
Die entsprechende Zertifizierungsstelle soll national unabhängig sein, wie die Stiftung am Mittwoch mitteilte.
Jugendliche müssten deshalb im Medienumgang geschützt und gefördert werden, stellt die Stiftung fest. Ausserdem müsse dafür gesorgt werden, dass hemmungslose Gewaltdarstellungen nicht unkontrolliert zugänglich seien.
Branche bestimmt, war was schauen darf
Heute werde die Altersfreigabe für Videos und Computerspiele durch eine Eigendeklaration der Hersteller und Händler festgelegt. Weil das Gesetz sie zu nichts verpflichte, könnten sich die Anbieter laut Pro Juventute jedoch dieser Selbstregulierung entziehen.
Die Unterhaltungsbranche erachtet eine zusätzliche Regulierung als sinnlos und lehnt die Petition ab.
Gemäss Angaben der Stiftung ist der Jugendschutz in 9 Kantonen (AG, AI, AR, BE, NW; SH, SO, SZ, TG) überhaupt nicht geregelt. In den übrigen Kantonen gebe es zumindest Vorschriften über die Altersfreigabe von Filmen und den Kinozutritt.
Staatliche Zensur ist überholt
Die Lösungen seien jedoch inhaltlich und organisatorisch sehr unterschiedlich. Einzelne Kantone delegierten die Entscheidungen an die Gemeinden. Die Altersfreigabe für Videos. DVD’s und Spielen sei erst im Kanton Waadt geregelt.
Um die Jugend wirksam vor Gewaltdarstellungen in den Unterhaltungsmedien zu schützen, setzt Pro Juventute auf die Kooperation von Staat und Branchenverbänden. Eine «traditionelle Zensur» durch den Staat sei angesichts des schnellen technischen Wandels der Medien hoffnungslos.
Deshalb schlage Pro Juventute eine Kooperationsstrategie von Staat und Branchenverbänden vor, die als «regulierte Selbstregulierung» in anderen Ländern bereits umgesetzt wird.
Förderung der Medienkompetenz
Neben der Forderung nach einer nationalen Zertifizierungsstelle setzt Pro Juventute auf Prävention. Bund und Kantone werden aufgefordert, die Kompetenz im Umgang mit Unterhaltungsmedien bei Kindern, Jugendlichen und Eltern zu fördern.
Denn oft wissen Eltern gar nicht, mit welchen Inhalten ihre Kinder in den Unterhaltungsmedien konfrontiert werden und wie sie den Konsum altersgerecht regeln können. Unterstützt wird die Pro Juventute-Petition «Stopp der (un)heimlichen Gewalt» von der Zeitschrift «wir eltern» als Medienpartner.
«Die Eltern sind verantwortlich für ihre Kinder», sagt Jolanda Bertozzi von Pro Juventute gegenüber swissinfo. «Aber die Erziehung ist für sie schwierig, da die Technologie ständig ändert und sie nicht mehr nachkommen.»
Es gehe weniger um einen einzelnen Film oder ein Szene, so die Pro-Juventute-Sprecherin, sondern um die ständige Wiederholung von gewalttätigen Szenen. «Kinder verstehen zuletzt den Charakter von Gewalt gar nicht mehr richtig.»
Für Föderalismus ungeeignet
Der Schutz der Kinder und Jugendlichen könne nicht eine kantonal (unterschiedliche) Aufgabe sein, so Bertozzi. Dies widerspreche der Verfassung und auch der UNO-Konvention. Der Schutz sei landesweit zu regeln.
Es sei völlig sinnlos, wenn ein Kinofilm in Basel für Jugendliche ab 18 Jahren angesetzt wird, und in einem anderen Kanton können ihn Kinder ab 12 Jahren sehen. Damit verliere man jede Glaubwürdigkeit, sagt Guy Morin, Verantwortlicher des Justiz-Departements von Basel-Stadt.
swissinfo und Agenturen
Pro Juventute ist eine private, politisch unabhängige, konfessionsneutrale und schweizweit tätige Stiftung.
Sie setzt sich für die Erfüllung der Bedürfnisse und die Umsetzung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz ein.
Sie hilft in Notfällen, bietet soziale Dienstleistungen an und fördert Kinder und Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung.
Pro Juventute orientiert sich an den Grundsätzen der UNO-Kinderrechts-Konvention.
Im Jahr 2012 feiert Pro Juventute ihr 100-jähriges Bestehen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch