Kapitän Coutts von Alinghi-Bord gegangen
Was sich seit Wochen abgezeichnet hat, ist jetzt eingetreten: Der neuseeländische Skipper Russell Coutts gehört nicht mehr zum Alinghi-Team.
Coutts habe seine vertraglichen Pflichten «wiederholt» nicht ausgeführt, begründete Alinghi die Kündigung.
Coutts solle das machen, was er am besten könne, nämlich Segeln, war die Antwort von Alinghi-Boss Bertarelli auf die Ambitionen des Skippers, eine Erneuerung des America’s Cup zu initiieren.
Jetzt, vier Jahre nach der Traumhochzeit, ist die Ehe zwischen Alinghi und Russell Coutts geschieden. Das Genfer Syndikat löste den Vertrag mit seinem neuseeländischen Star-Skipper auf, wie am Montagabend bekannt wurde. Der America’s-Cup-Sieger verliert einen Erfolgsgaranten.
Coutts «überrascht»
Coutts zeigte sich in einer ersten Reaktion erstaunt über den Rauswurf. «Ich war überrascht, als ich von den Anwälten Bertarellis in einem kurzen Telefon-Anruf darüber informiert wurde.»
Bertarellis Team sei offenbar unmittelbar nach dem Anruf mit einem Communiqué an die Öffentlichkeit gegangen, sagte Coutts, der momentan in Portugal weilt.
Der Entscheid kommt aber alles andere als überraschend. Coutts hatte zuletzt auch öffentlich laut über seinen Abgang nachgedacht. Er konnte sich schlecht damit abfinden, dass ihm das America’s Cup Management (ACM) in strategischen Fragen kein Gehör schenkte.
Mehr Spektakel
Die Differenzen wurden bei der Wahl des nächsten Austragungsortes offensichtlich. Coutts hätte es vorgezogen, den America’s Cup 2007 in Lissabon an der Atlantik-Küste statt am Mittelmeer (Valencia) zu segeln. Auch wollte er am Design der Jachten radikale Änderungen vornehmen, um spektakulärere Regatten zu ermöglichen.
AC Management, bei dem Michel Bonnefous als Statthalter seines Jugendfreundes Ernesto Bertarelli den Posten des CEO inne hat, gab Coutts dem Vernehmen nach zu verstehen, dass er sich auf seine Rolle als Skipper und Verwaltungsratsmitglied von Alinghi konzentrieren solle.
Arbeitsverweigerung
Coutts zog sich deshalb in die Schmollecke zurück. Als das Team im Juni in Newport (USA) eine zweite Neuauflage des Challenger-Finals gegen Oracle segelte, war Coutts nur auf dem Begleitboot präsent. Er weigerte sich, hinter das Steuer der Alinghi zu stehen und überliess es dem amerikanischen Neuzugang Peter Holmberg.
Nach Coutts› Entscheid, auf weitere Regatten zu verzichten, war das Tuch ganz zerschnitten. Die Alinghi-Führung um Patron Bertarelli löste den mit mehreren Millionen Franken dotierten Kontrakt mit seinem Aushängeschild wegen wiederholter Pflichtverletzungen auf. Damit hat Coutts arbeitsrechtlich gesehen keinen Anspruch auf eine Abfindung.
Coutts ging fremd
Den Einfluss, den ihm ACM nicht zugestehen wollte, suchte Coutts anderswo. Ohne das Wissen seines Arbeitgebers engagierte er sich bei der Konzeption einer Konkurrenzserie zum America’s Cup, die im arabischen Raum entstehen soll.
Für Alinghi hat sich Coutts damit in einen inakzeptablen Interessenskonflikt begeben. Dieser Aspekt spielte bei der » Scheidung» eine gemäss Medienmitteilung «nicht minder schwerwiegende» Rolle.
Konkurrenz-Verbot
Unter Berufung auf das von der Société Nautique de Genève (Alinghi) und dem Golden Gate Yacht Club (Oracle) verfasste Protokoll mit den für den 32. America’s Cup geltenden Reglementen gehen die Alinghi-Verantwortlichen davon aus, dass Coutts 2007 nicht für ein anderes Syndikat wird segeln dürfen.
Wie Coutts› Aufgaben auf und neben den Alinghi-Jachten künftig verteilt werden, scheint vorgegeben. Sportdirektor Jochen Schümann dürfte von der segelspezifischen Nummer 1b zum alleinigen Leader aufsteigen. Der Deutsche, wie Coutts einst Olympiasieger in der Finn-Klasse, wird voraussichtlich wieder vermehrt als Steuermann fungieren und Peter Holmberg unterstützen.
Von zentraler Bedeutung für die Fortsetzung der Alinghi-Erfolgsstory wäre, dass Coutts› langjährige Weggefährten nicht wieder den gleichen Weg einschlagen wie ihr Leader. Anzeichen, dass auch Taktiker Brad Butterworth oder andere Neuseeländer von Bord gehen, gibt es keine.
swissinfo und Agenturen
Am 2. März 2003 gewann das Schweizer Alinghi-Syndikat den 31. America’s Cup.
Angeführt von Skipper Russel Coutts schlugen die Schweizer das «Team New Zealand» vor Auckland.
Der nächste America’s Cup findet 2007 in Valencia statt.
Russel Coutts, neuseeländischer Star-Skipper der Alinghi, befand sich im Konflikt mit dem Alinghi-Chef und Serono-Milliardär Ernesto Bertarelli.
Coutts war unzufrieden über die vom Management vorgesehene Ausrichtung des kommenden America’s Cup 2007 in Valencia.
Coutts strebte eine technische Erneuerung der Segelklasse an.
Dies sollte spannendere Regatten ermöglichen.
Er hätte zudem Lissabon (Atlantik) den Vorzug gegeben.
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