Kein Grossandrang am Grippeimpftag
Am nationalen Grippeimpftag ist der erwartete Ansturm ausgeblieben. Viele Risikopatienten hatten sich bereits vor Freitag impfen lassen.
Offenbar haben die Menschen in der Schweiz verstanden, dass das Virus der «klassischen» Grippe nichts mit demjenigen der Vogelgrippe zu tun hat.
Es klingt banal, ist aber oft tödliche Tatsache: An Grippe kann man sterben. Besonders die älteren Menschen. Je nach Intensität der Welle sterben in der Schweiz jährlich zwischen 400 und 1000 Personen an den Folgen einer Grippe-Erkrankung. Zwischen 100’000 bis 300’000 müssen das Bett hüten, 1000 bis 5000 Personen müssen ins Spital.
Zur Risikogruppe zählen neben Senioren auch chronisch Kranke und das Pflegepersonal in Spitälern und Heimen. Die Angehörigen dieser drei Gruppen waren das Zielpublikum des nationalen Grippeimpftages. Sie konnten sich am Freitag in vielen Schweizer Arztpraxen ohne Voranmeldung impfen lassen. Die landesweite Präventionskampagne fand dieses Jahr zum zweiten Mal statt.
Gesunde abgewiesen
Wer allerdings nicht einer dieser Risikogruppen angehörte, wurde abgewiesen oder in eine Warteliste eingetragen. Die Behörden hatten befürchtet, dass wegen der grossen Nachfrage die vorhandenen 1,26 Mio. Dosen Impfstoff nicht ausreichen könnten.
Die Bevölkerung sei sich dessen offenbar bewusst gewesen, sagte Ueli Grüninger, Geschäftsführer des Kollegiums für Hausarztmedizin (KHM), welches die Aktion organisierte. Bei den meisten, die sich in den Arztpraxen gemeldet hätten, habe es sich um Risikopatienten gehandelt. Der umstrittene Entscheid, den Impftag trotz der Impfstoffknappheit durchzuführen, sei richtig gewesen.
Bereits Anfang Woche hatte Grüninger eine positive Bilanz punkto Impfungen gezogen: Das Ziel sei dieses Jahr erreicht, da die Senioren, die chronisch Kranken und das Pflegepersonal der Impfempfehlung mehrheitlich gefolgt seien – anders als in den Jahren zuvor.
Kein Schutz gegen Vogelgrippe
Manche Ärzte beteiligten sich nicht an der Impfaktion – wegen des befürchteten Ansturms oder weil ihnen der Impfstoff bereits ausgegangen war. So hatten die Bieler Notfallärzte befürchtet, dass auf eine Praxis 200 bis 300 Impfwillige kommen würden, wie der Arzt Franz Koller gegenüber dem Westschweizer Radio erklärte. Sie boten deshalb keine Impfungen ohne Voranmeldung an.
Auslöser der diesjährigen grossen Nachfrage nach dem Grippeschutz war die Angst vor der Vogelgrippe. Das KHM wies darauf hin, dass der angebotene Impfstoff nur gegen die Saisongrippe schützt und bei einem allfälligen Übergreifen der Vogelgrippe auf die Menschen nicht wirkt.
Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) warnte im Vorfeld des Impftages vor dem Irrglauben, die konventionelle Grippeimpfung schütze vor der Tierseuche Vogelgrippe. Der Impfstoff für die Grippesaison 2005/2006 enthalte drei Virusstämme. Nicht dabei sei der Stamm, der gegenwärtig Geflügelbestände befalle.
swissinfo und Agenturen
Die Schweiz verfügt über 1,26 Mio. Dosen Impfstoff gegen Grippe, was laut Bundesamt für Gesundheit ausreicht.
Jedes Jahr erkranken in der Schweiz im Schnitt 300’000 Menschen an Grippe.
1000 bis 5000 müssen ins Spital, zwischen 400 und 1000 Menschen sterben.
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