Keine Panik wegen Vogelgrippe
Die Schweiz untersagt präventiv die Einfuhr von Geflügelprodukten aus der Türkei und Rumänien, um die Ausweitung der Vogelgrippe einzudämmen.
Laut den Gesundheitsbehörden gibt es jedoch keinen Grund zur Angst vor der Gefahr des Virus, dessen Übertragung auf den Menschen sehr ungewiss ist.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schätzte am Montag die Situation als «unverändert» ein. Das Vogelgrippe-Virus Influenza A H5N1 befalle den Menschen nur in sehr isolierten Fällen.
Doch die Tierseuche ist im Anmarsch: Nach 12 asiatischen Ländern, Kasachstan und Russland wurde sie nun bei einigen Tieren in der Türkei und möglicherweise auch in Rumänien festgestellt.
Eine noch hypothetische Bedrohung
Wie die Länder der EU hat nun auch die Schweiz den Importstopp für Geflügel und Geflügelprodukte vorsorglich auf diese beiden Länder ausgeweitet. Noch ist allerdings unklar, ob es sich bei den Fällen in dieser Region um den auch für den Menschen gefährlichen Erreger handelt.
Für Marcel Mesnil, Generalsekretär des Schweizerischen Apothekerverbands (SAV), ist die Bedrohung noch rein hypothetisch. «Man befürchtet, dass sich ein menschliches Virus mit einem Vogelgrippe-Virus kombiniert, um sich dann in ein Virus umzuwandeln, das von Mensch zu Mensch übertragbar ist.»
Das BAG empfiehlt daher die Impfung gegen die Grippe für Geflügelzüchter, chronisch Kranke und medizinisches Personal.
Medikamente auf Lager
Falls sich H5N1 eines Tages mit einem menschlichen Grippevirus kombiniert, erwartet der Arzt Mesnil «die Möglichkeit, dass wir bereits Antikörper gegen die Grippeseite des Virus produzieren, was reichen würde, das Virus zu eliminieren».
Er verweist dabei auf das Beispiel der Spanischen Grippe, die zwischen 1918 und 1919 rund 50 Millionen Menschen dahingerafft hatte. «Das waren hauptsächlich Junge, die noch nie Kontakt mit einem ähnlichen Virus gehabt hatten, während die Älteren geschützt waren.»
Doch die Schweiz bereitet sich auf eine mögliche Pandemie vor. Sie hat einen Vorrat des Medikaments «Tamiflu» des Schweizer Chemieriesen Roche angelegt, der für 25% der Bevölkerung reichen würde.
Wirkung nicht bekannt
«Es kann die Vermehrung von bekannten Viren hemmen», erklärt Marcel Mesnil. «Dies gibt dem Patienten die Chance, Antikörper zu entwickeln.»
Doch: «Es bringt nichts, Hamstervorräte von einem teuren Medikament – eine Packung kostet 80 Franken – anzuhäufen, dessen Wirkung nicht bekannt ist.»
«Tamiflu» ist zudem rezeptpflichtig, da es Nebenwirkungen hervorrufen kann. Es wird zwar vom BAG bevorzugt, doch Mesnil betont, dass auch andere Antivirus-Medikamente auf dem Markt sind.
Kein Risiko im Pouletfleisch
Laut dem BAG kann Pouletfleisch weiterhin ohne Risiko gegessen werden. Beim Kochen über 70 Grad werden alle Viren zerstört.
Doch trotz allem hätte die Ankunft der Vogelgrippe in der Schweiz wirtschaftliche Folgen, denn in diesem Fall müssten alle Vogelzuchten zerstört werden.
swissinfo, Isabelle Eichenberger
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)
1997 wurde die Vogelgrippe erstmals in Hongkong entdeckt.
Nachdem sie 2003 in Korea wieder aufgetaucht ist, hat sie sich auf Vögel in 12 asiatischen Ländern, Russland, Kasachstan, der Türkei und möglicherweise Rumänien verbreitet.
Sie wird von 2 der 15 Untertypen bekannter Vogelviren hervorgerufen, davon sind H5 und H7 die gefährlichsten.
Seit Ende 2003 sind in Asien 65 Personen gestorben; die meisten hatten Kontakt mit Vögeln.
Die Weltgesundheits-Organisation (WHO) rechnet im Falle einer Pandemie mit 2 bis 7,4 Millionen Toten.
Die Schweiz hat den Importstopp für Geflügel und Geflügelprodukte vorsorglich auf Rumänien und die Türkei ausgeweitet.
Auch wenn das Vogelvirus A H5N1 Menschen nicht angreift, empfehlen die Behörden eine Impfung für Geflügelzüchter, chronisch Kranke und medizinisches Personal.
Die Regierung will 4,8 Millionen Franken in ein Überwachungsprogramm des Virus H5N1 in Zugvögeln aus dem Osten investieren.
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