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Klima: «Tun, was unsere Verantwortung verlangt»

Dürre in Kenia, September 2009. Keystone Archive

Rund einen Monat vor der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen macht Alliance Sud angesichts eines möglichen Scheiterns Druck auf die Schweizer Regierung. Denn die Zeit sei knapp, sagt Rosmarie Bär, Koordinatorin der Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke.

Vor wenigen Tag hat die Nichtregierungs-Organisation, die sechs Schweizer Hilfswerke vertritt, ihre Forderungen an den Bundesrat geäussert. Die Schweizer Regierung müsse dem Verhandlungsmandat ihrer Delegation für Kopenhagen noch den letzten Schliff geben.

Im Gespräch mit swissinfo.ch umreisst Rosmarie Bär, verantwortlich für das Klima-Dossier von Alliance Sud, ihre Position.

swissinfo.ch: Welches ist die grösste Herausforderung der Klimakonferenz von Kopenhagen im kommenden Dezember?

Rosmarie Bär: Das Hauptziel von Kopenhagen ist die Sicherung der gemeinsamen Zukunft der Menschheit. Wir müssen ein Klima-Abkommen erreichen für die Zeit nach der Gültigkeit des Kyoto-Protokolls, das heisst nach 2012.

Dieses Abkommen muss eine weltweite Begrenzung der CO2-Emissionen festlegen, damit wir infolge der Klimaerwärmung nicht in eine Umweltkatastrophe hinein schlittern.

swissinfo.ch: Wie präsentiert sich der Klimagipfel?

R.B.: Derzeit läuft es schlecht. Die Vorverhandlungen haben aufgezeigt, dass alles blockiert ist. Die Industrieländer verharren auf ihren Positionen und verlangen von den Entwicklungs- und Schwellenländern, dass diese sich zuerst klar äussern, auf welche Art und Weise sie künftig zum Klimaschutz beitragen wollen.

Auch die Entwicklungsländer halten an ihren Positionen fest, wonach die Klimaveränderung durch die CO2-Emissionen der Industrieländer verursacht wird. Die Industrieländer haben eine historische Verantwortung und müssen deshalb ihre Umweltpolitik bei sich zu Hause verändern. Gleichzeitig müssen sie den Entwicklungsländern auf technologischer und finanzieller Ebene helfen, damit sich diese der Klimaveränderung anpassen können.

Und die USA, das Land mit den grössten CO2-Emissionen, haben bisher nichts auf den Tisch gelegt, keine Position. Anders gesagt, alles ist blockiert.

Ich glaube nicht an die Möglichkeit eines substantiellen Klimaabkommens in Kopenhagen, an ein Abkommen, das sagt, wir werden gemeinsam verhindern, dass das Weltklima sich um 2 Grad Celsius erhöht – die maximale Höhe im Verhältnis zur vorindustriellen Zeit, die gemäss wissenschaftlichem Konsens eine Anpassung an die Klimaveränderung erlauben würde.

swissinfo.ch: Was wäre für Sie besser: ein begrenztes, sogar wackeliges Abkommen, oder gar keines?

R.B.: Ich glaube, es wird kein verbindliches Abkommen geben. Eher eine gemeinsame politische Erklärung der anwesenden Minister, in der sie ihren Willen bekräftigen werden, sich an die 2-Grad-Celsius-Limite zu halten und bis 2020 CO2-Emissionen zu reduzieren sowie den Entwicklungsländern finanziell zu helfen.

Aber konkrete Beschlüsse wie, was muss jedes Land tun und welche finanzielle Unterstützung für wen, werden in der Erklärung sicher nicht enthalten sein. Wenn wir Glück haben, werden diese Elemente bei späteren Verhandlungen wieder aufgenommen werden.

swissinfo.ch: Was erwarten Sie von Seiten der Schweizer Regierung?

R.B.: Wir erwarten von unserem Land ehrgeizige Ziele in Hinblick auf die Reduktion der CO2-Emissionen. Die Reduktion um 20% (bis 2020 im Vergleich zu 1990), plus 10%, die im Ausland eingespart werden (Ankauf von Emissionsquoten), wie es der Bundesrat vorschlägt, entspricht nicht dem, was wir vom Standpunkt unserer Verantwortung her machen müssten und könnten.

Wir bedauern auch, dass die Regierung kein Ziel bis 2050 festlegt. Der Übergang zu einer Gesellschaft ohne fossile Energieträger muss bis dann abgeschlossen sein. Der Bundesrat erwähnt auch kein Wort über die Mittel, die er zur Verfügung stellen will, um den Entwicklungsländern und den Armen zu helfen.

Wir denken vor allem, dass die Schweiz eine aktivere, eine Vorreiter-Rolle spielen und dazu beitragen könnte, diese Verhandlungen wieder in Gang zu bringen. Dies ist aber nur möglich, wenn sie eine glaubwürdige Energie- und Klimapolitik entwickelt.

Bislang hat die Regierung die Klimapolitik aber noch nicht zu einem obersten Ziel erklärt. Sie beschäftigt sich lieber mit der Rettung von Banken und schützt die UBS vor amerikanischen Richtern.

Aber wie man von unserer Seite her verantwortungsvoll zur gemeinsamen Zukunft der Menschheit und zum Schutz fundamentaler Lebensbedingungen beiträgt, ist im Bundeshaus in Bern noch immer kein prioritäres Ziel.

swissinfo.ch: In der Politik wie auch in der Zivilgesellschaft widerlegen gewisse Kreise die Mitschuld des Menschen am Klimawandel, andere wollen rasch vorwärts machen. Muss die Schweizer Regierung nicht einfach Kompromisse eingehen?

R.B.: Ja, das ist das Problem. Aber trotz allem ist es Aufgabe einer Regierung und der Politik, das Nötige zu ermöglichen. Mit diesem Ziel wurden Staaten gebildet: Um in Frieden das gemeinsame Leben der Menschen zu organisieren.

Der Klimawandel bedeutet eine Gefahr für die Sicherheit der Welt. Und die Regierung müsste sich eher darum kümmern als sich ständig an eine Kompromisslösung zu klammern. Sie könnte in Kopenhagen mehr bieten. Und wenn ein Kompromiss gefunden wird, kann sie damit in die Schweiz zurückkehren.

Aber sie muss nicht von Anfang an mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner nach Kopenhagen reisen.

swissinfo.ch: Müssen Länder wie China oder Indien auch Ziele zur Reduktion der Treibhausgase bekanntgeben?

R.B.: Ohne Beitrag der Schwellenländer können wir der Klimakatastrophe nicht widerstehen. Diese Länder sind dazu bereit. Sie haben nationale Pläne und überlegen sich viel mehr als wir es tun, wie man den Emissionen entgegenwirken kann. Sie werden aber nur Hand zugunsten eines Abkommens bieten, wenn die Indsutriestaaten ihre historische Verantwortung wahrnehmen.

Pierre-François Besson, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud und Gaby Ochsenbein)

Das CO2-Gesetz ist die Grundlage der Schweizer Klimapolitik. Eine Revision dieses Gesetzes für die Zeit nach 2012 ist zur Zeit in Vorbereitung.

Die Regierung schlägt vor, die Treibhausgase bis 2020 um mindestens 20% im Vergleich zum Stand von 1990 zu reduzieren.

Die Schweiz ist bereit, die Reduktion auf 30% zu erhöhen, wie dies die UNO-Klima-Konferenz in Kopenhagen anstrebt (7.-18. Dezember 2009).

Die Volksinitiative für ein gesundes Klima fordert von Bund und Kantonen bis im Jahr 2020 eine mindestens 30-prozentige Reduktion der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Stand von 1990. Die Initiative soll vor Sommer 2011 an die Urne kommen.

Langfristig strebt die Schweiz zusammen mit dem Weltklimarat eine weltweite Reduktion der Treibhausgase um 50-85% bis ins Jahr 2050 an.

Alliance Sud ist die gemeinsame entwicklungspolitische Organisation der sechs Schweizer Hilfswerke Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks.

Sie setzt sich für eine entwicklungspolitisch kohärente Politik der Schweiz gegenüber den armen Ländern ein, so im internationalen Handel, beim Wasser, in der Steuerpolitik und auch beim Klima.

Sie verlangt von der Schweiz, dass sie ihren C02-Ausstoss bis 2020 um mindestens 40% senkt und bis ins Jahr 2050 um 90% im Vergleich zu 1990, und zwar mit Massnahmen im Inland.

Zudem soll die Schweiz ärmeren Ländern bei der Anpassung an die Folgen der Klimaerwärmung, für die sie mitverantwortlich ist, helfen und ihnen einen raschen und kostengünstigen Zugang zu klimafreundlichen Technologien ermöglichen.

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