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König Roger entthront

Reuters

Fast viereinhalb Jahre lang war Roger Federer der weltbeste Tennisspieler. Nun ist Rafael Nadal die Nummer 1. Nach den Niederlagen in Paris und Wimbledon scheiterte Federer auch in Peking, wo es aber immerhin im Doppel mit Stanislas Wawrinka Gold gab.

Seit Montag muss sich der Spanier Rafael Nadal, der in Peking Olympia-Gold holte, nicht mehr länger als beste Nummer 2 der Geschichte bezeichnen lassen. Seit dem 25. Juli 2005 belegte der Spanier, ohne Unterbruch hinter Federer den 2. Platz des ATP-Rankings.

«Dass ich nun die Nummer 1 auf sicher habe, ist ein wunderschönes Geschenk. Ich habe nie von der Nummer 1 geträumt», so Nadal. «Wenn du mit Tennis beginnst, träumst du davon, Profi zu werden. Dann willst du die Grand-Slam-Turniere spielen und später gewinnen.»

Der grösste Lohn

In der Weltrangliste der Beste zu sein, sei der grösste Lohn, den man bekommen könne, so der Spanier weiter.

«Ich nehme aber nicht an, dass sich für mich viel ändert. Unter normalen Umständen hätte ich mit meinen gewonnenen Punkten längst die Nummer 1 sein müssen. Aber ich hatte stets Roger (Federer) vor mir, den grössten Tennisspieler aller Zeiten.»

Die Niederlage zuviel

Im Wimbledon-Final gegen Nadal hätte Federer mit einem Sieg – es wäre der sechste in Serie gewesen – zum besten Tennisspieler aller Zeiten werden können.

Der enttäuschte Baselbieter sprach nach der Niederlage in London denn auch von «der Niederlage zuviel» – es war die elfte seit Anfang Jahr.

«In den letzten Jahren war es mir sehr wichtig, die Nummer 1 zu sein», erklärte Federer nach der Wimbledon-Niederlage. «Aber heute spiele ich nicht, um die Nummer 1 zu sein, sondern um Turniere zu gewinnen. Rafael Nadal verdient absolut die Nummer 1.»

Auch Olympia-Traum aus

Anfang Jahr war Federer krank (Pfeiffersches Drüsenfieber). Im Australian Open verlor er im Halbfinal gegen Novak Djokovic, im Roland-Garros- und im Wimbledon-Final in Paris bzw. London zweimal gegen Nadal. Es könnte möglich sein, dass der Schweizer in diesem Jahr erstmals seit 2002 kein Grand-Slam-Turnier gewinnt.

Nach der Demütigung im Final in Paris und der Entthronung in Wimbledon scheiterte Federer auch an den Olympischen Spielen in Peking. Er verlor sein vorerst letztes Einzel als Weltranglistenerster im Viertelfinal gegen den Amerikaner James Blake. Dabei wirkte der Baselbieter – nicht zum ersten Mal – wie ein Schatten seiner selbst.

Ende einer Ära?

Auch wenn es letzten Samstag in Peking für Federer zusammen mit Stanislas Wawrinka im Doppel-Final gegen die beiden Schweden Thomas Johansson und Simon Aspelin Olympia-Gold gab, stellt sich die Fage dennoch: Ist eine Ära zu Ende?

Nun, ganz verloren ist noch nichts. Zumindest wäre ein Erfolg im letzten Turnier 2008, im US Open (es wäre der fünfte Sieg in Serie), ein Lichtblick in dieser schwierigen Saison Federers.

Und der Schweizer kann immer noch als bester Tennisspieler in die Geschichte eingehen. Die Messlatte sind die 14 Grand-Slam-Siege von Pete Sampras. Federer steht seit dem US Open 2007 bei 12 Siegen. Er hat nach wie vor die spielerischen und physischen Voraussetzungen, um Grand-Slam-Turniere zu gewinnen.

Hoffnungen auf Davis-Cup

Er werde vielleicht künftig andere Prioritäten setzen: «Es könnten sich, da ich nicht mehr die Nummer 1 bin, auch meine Ziele ändern. Vielleicht konzentriere ich mich vermehrt auf den Davis-Cup», sagte Federer in Peking.

Der Davis-Cup-Sieg ist einer von drei grossen Titeln, die in seinem reichen Palmarès noch fehlen – nebst dem French Open und dem Olympia-Einzel. Jedenfalls sagte Federer, der vom 19. bis 21. September am Aufstiegsspiel der Schweiz gegen Belgien dabei ist, seine Teilnahme für die erste Davis-Cup-Runde von 2009 zu.

Und die Sponsoren?

Dass Roger Federer jetzt nicht mehr die Nummer 1 ist, soll laut einer Umfrage der Westschweizer Zeitung Tribune de Genève nicht allzu grosse Folgen auf dessen Beziehungen mit seinen Sponsoren haben.

Federer hat einen lebenslangen Vertrag mit seinem Racket-Ausstatter Wilson. Und vor wenigen Monaten hat er einen Achtjahresvertrag für knapp 130 Millionen Franken (16 Mio. pro Jahr) mit dem Sportausrüsterkonzern Nike unterzeichnet. Es ist der grösste Werbevertrag in der Tennisgeschichte.

Neuer Rekord auf sicher

Roger Federer bleibt also ein begehrter Partner. Er wird übrigens schon bald einen neuen Rekord aufstellen: jenen des bestbezahlten Tennisspielers in der Geschichte dieses Sports.

Heute ist es mit 43 Mio. Dollar (noch) der Amerikaner Pete Sampras. Federer mit heute bereits 42 Mio. Dollar wird Sampras schon morgen entthronen. Für Rafael Nadal gibt’s also noch eine weitere Herausforderung.

swissinfo

Roger Federer ist jener Tennisspieler, der bisher am längsten ohne Unterbruch (seit dem 2. Februar 2004 237 Wochen) die Nummer 1 des ATP-Weltrankings war.

Rafael Nadal ist der Tennisspieler, welcher bisher am längsten ohne Unterbruch (seit dem 25. Juli 2005) die Nummer 2 war.

Roger Federer gewann 55 Turniere, davon 12 Grand Slams (5 Mal Wimbledon, 4 Mal US Open und 3 Mal Australian Open). Den Rekord mit 14 Grand-Slam-Siegen hält der Amerikaner Pete Sampras.

2008 hat Federer drei Grand-Slam-Turnier und sieben Turniere der Masters Series bestritten und keines gewonnen.

Roger Federer ist am 8. August 1981 in Binningen im Kanton Basel-Landschaft geboren. Aufgewachsen ist er in Münchenstein.

Sein Vater Robbie ist Schweizer, seine Mutter Lynette kommt aus Südafrika. Federers Schwester Diana ist 20 Monate älter als er.

Federer und seine Freundin Mirka Vavrinec sind seit den Olympischen Spielen 2000 in Sydney ein Paar. Vavrinec ist heute auch Federers Managerin.

Das Vermögen Federers wird auf rund 40 Mio. Dollar geschätzt.

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