Konferenz feiert «historischen Tag» für Bosnien
An der Konferenz in Genf zu Bosnien-Herzegowina wurde der EU-Entscheid begrüsst, Verhandlungen mit dem Land über eine Mitgliedschaft aufzunehmen.
Am Treffen, das von der Schweiz unterstützt wurde und am Freitag zu Ende ging, wurde die Zukunft Bosnien-Herzegowinas besprochen.
Die EU-Kommission in Brüssel hat sich am Freitag für Gespräche der Europäischen Union (EU) mit Bosnien-Herzegowina über ein so genanntes Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) ausgesprochen.
Ein solches Abkommen gilt als entscheidende Vorstufe für spätere Verhandlungen über einen möglichen EU-Beitritt.
Ashdown: Historischer Tag
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der internationalen Konferenz zu Bosnien-Herzegowina in Genf zeigten sich befriedigt.
Der Brite Paddy Ashdown, der Hohe Internationale Repräsentant der Vereinten Nationen (UNO) in Bosnien, erklärte sich erfreut über die Ankündigung der EU-Kommission. «Das ist ein historischer Tag», sagte er zum Abschluss des Treffens in Genf.
«Für diesen Schritt haben wir lobbyiert», sagte Christophe Solioz, Exekutivdirektor der Association Bosnia and Herzegovina, welche die Konferenz zum 10. Jahrestag des Dayton-Abkommens organisierte. Mit dem Dayton-Abkommen war der Krieg, der 100’000 Menschen das Leben gekostet hatte, 1995 beendet worden.
Auslieferung mutmasslicher Kriegsverbrecher
Osman Topcagic, der in der bosnischen Regierung das Büro für europäische Integration leitet, sagte in Genf, ein Abkommen mit der EU werde der internationalen Abhängigkeit Bosniens ein Ende setzen. Bis zu einem EU-Beitritt müssten aber noch viele Aufgaben erledigt werden.
Dazu zählt insbesondere die von der EU verlangte Auslieferung des angeklagten bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic und dessen Armeechef Ratko Mlaldic an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. UNO-Repräsentant Ashdown unterstrich, andernfalls könne ein Abkommen mit der EU nicht abgeschlossen werden.
Calmy-Rey: An der Schwelle zu Europa
Bundesrätin Micheline Calmy-Rey hatte bei der Eröffnung der Konferenz gesagt, das Land auf dem Balkan sei an einem Wendepunkt, es stehe an der Schwelle zu euro-atlantischen und europäischen Strukturen.
An der zweitägigen Konferenz nahmen rund 300 Politiker, Künstler, Studierende, Wissenschafter und Vertreter von Nichtregierungs-Organisationen (NGO) teil. Im Zentrum der Gespräche standen die Förderung staatlicher Institutionen und der Demokratie, eine Verfassungsreform, die Wirtschaft, die Bildung und die Kultur.
Die Schweiz übernahm mit 150’000 Franken einen Drittel der Konferenz-Kosten, auch Deutschland und Österreich unterstützten das Treffen in Genf.
Annäherung an die EU
Sollten die Verhandlungen zwischen der EU und Bosnien beginnen, hätte die EU mit allen Ländern des westlichen Balkans engen Kontakt geknüpft. Die EU hat bereits mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und mit Kroatien ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) unterzeichnet. Ausserdem verhandelt sie mit Albanien und der Staatenunion Serbien und Montenegro über einen solchen Vertrag.
Das Abkommen schafft eine Freihandelszone und führt zu einer Annäherung der Landesgesetze an den EU-Standard. Voraussetzung für ein SAA sind solide politische Strukturen und eine funktionierende Verwaltung.
swissinfo und Agenturen
Bosnien-Herzegowina ist seit 1992 ein unabhängiger Staat und Mitglied der UNO und anderer internationaler Organisationen.
Nach dem Abkommen von Dayton 1995, wird Bosnien nach dem Krieg von einem vom UNO-Sicherheitsrat ernannten Hohen Repräsentanten überwacht.
In Bosnien-Herzegowina leben rund vier Millionen Menschen.
Rund 40% der Bevölkerung ist arbeitslos, 20% leben unter der Armutsgrenze.
Bosnien-Herzegowina gehört wegen seiner Nachkriegs-Probleme zu einem Schwerpunktland der Schweizer Entwicklungshilfe. Die Schweizer Hilfe seit 1996 beläuft sich auf 400 Mio. Franken.
Der Entscheid der EU-Kommission, Gespräche über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit dem Land aufzunehmen, fällt mit dem Ende einer Konferenz in Genf über die Zukunft von Bosnien-Herzegowina zusammen, welche am 20. und 21. Oktober statt fand.
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