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Korruption: Die Schweiz könnte mehr tun

Mehr wäre besser, befindet die OECD, was die Anti-Korruptionsbemühungen der Schweiz betrifft. swissinfo C Helmle

Im Kampf gegen die Korruption kann sich die Schweiz zwar sehen lassen. Doch die OECD ortet Verbesserungspotenzial.

So sollen die Strafverfolgung beschleunigt, die Rechnungslegung transparenter und überführte Unternehmen härter angefasst werden.

Die Schweiz sei kritisch betrachtet worden, sagte der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth bei der Präsentation des Berichts der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Korruptionsbekämpfung. Andere Länder seien deutlich schlechter beurteilt worden.

Grossbritannien, Luxemburg und Japan hätten eine entsprechende Prüfung «nicht bestanden», sagte Pieth. Der Basler Strafrechtsprofessor leitet seit 15 Jahren die international besetzte OECD-Arbeitsgruppe «Korruption». Bei der Beurteilung der Schweiz ist er als Schweizer in den Ausstand getreten.

«Die Schweiz ist in diesem Bericht in einer ähnlichen Klasse wie Frankreich oder Deutschland», sagte Pieth gegenüber swissinfo. Er wollte aber keine umfassende Rangliste der untersuchten Länder erstellen.

Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen

Die OECD empfiehlt der Schweiz unter anderem, die international tätigen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie die kantonalen Verwaltungen stärker für die Korruptionsproblematik zu sensibilisieren. Mit der Verbesserung der Transparenz bei der Rechnungslegung sollte auch die Unabhängigkeit der Revisionsstellen erhöht werden.

Nach Meinung der OECD sollten die Verfahren bei internationalen Rechtshilfegesuchen beschleunigt werden. Des weiteren empfiehlt die Organisation, Unternehmen, die der Korruption im In- oder Ausland überführt worden sind, von öffentlichen Ausschreibungen und der Exportrisikogarantie auszuschliessen.

Staatsangestellte und vom Bund beauftragte Personen sollen laut OECD dazu verpflichtet werden, die Behörden bei Hinweisen auf Bestechung zu benachrichtigen. Zudem sollte der Schutz verbessert werden für «Whistleblowers» – das sind Personen, die Hinweise auf Korruptionsfälle melden.

Überdurchschnittliche Korruptionsbekämpfung

Die Schweiz dürfe sich im Quervergleich mit den bisher 15 untersuchten Mitgliedstaaten der OECD-Antikorruptionskonvention sehen lassen, sagte Jean-Daniel Gerber, Direktor des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco).

Die Qualität der Korruptionsbekämpfung sei in mehrerer Hinsicht als überdurchschnittlich gewertet worden. «Ich bin überzeugt, dass wir diese Stellung halten können», sagte er gegenüber swissinfo.

Für Gerber ist der Bericht jedoch eine wichtige Standortbestimmung: «Korruption ist in allen Ländern ein Thema. Da macht die Schweiz keine Ausnahme.» So habe die OECD beispielsweise festgestellt, «dass das Anti-Korruptions-Denken auf der Stufe der Kantone, Städten und Gemeinden noch zu wenig verbreitet ist».

In einem Jahr werde die Schweiz in der OECD über den Follow-up informieren und in zwei Jahren einen Bericht über die Umsetzung publizieren.

Forderungen aus der Vergangenheit

Der OECD-Bericht habe eine Reihe von Forderungen und Vorschlägen übernommen, welche Transparancy International Schweiz bereits gestellt habe, sagte Philippe Lévy, Präsident von TI-Schweiz. Trotz den nicht zu unterschätzenden Fortschritten bleibe seine Organisation, die Korruption untersuche, aber besorgt.

Die Umsetzung von zwingenden Regeln zu Korruptionsbekämpfung sei noch weit von einem Optimum entfernt, sagte Lévy. Die Korruption unter Privaten und von ausländischen Amtsträgern sollte besser erfasst werden und jeweils auch die passive Bestechung unter Strafe gestellt werden.

Daher habe TI-Schweiz die Frage aufgeworfen, ob gegen Korruption nicht anders als nur über den Weg des Strafrechts vorgegangen werden könnte. «Das Strafrecht hat den Nachteil, dass die Tat begangen sein muss, bevor sie verfolgt wird.» Lévy schlägt mehr prophylaktische, abwehrende Massnahmen vor, wie den Schutz der «Whistleblowers».

swissinfo, Christian Raaflaub und Agenturen

Die OECD hat das Dispositiv und die Anstrengungen der Schweiz zur Bekämpfung der Auslandkorruption überprüft.

Ein OECD-Expertenteam hat im Mai 2004 über 100 Exponenten aus Wirtschaft, Behörden etc. interviewt.

Danach wurde eine Standortbestimmung vorgenommen.

Der Bericht untersucht die Strafverfolgung und Sanktionierung bei Bestechung ausländischer Amtsträger.

Er zeigt auf, wo Handlungsbedarf besteht.

Das Länderexamen ist Teil der Implementierung der OECD-Antikorruptions-Konvention von 1997.

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