Länder wollen sich auf Pandemie vorbereiten
Vorbereitungen auf eine Grippe-Pandemie dürften die Versammlung der Weltgesundheits-Organisation (WHO) dominieren, die am Montag in Genf beginnt.
Die Schweiz hat sich um Bestimmungen bemüht, die voraussichtlich von den WHO-Ländern übernommen werden.
Die 58. WHO-Jahresversammlung dauert zwei Wochen, auf dem Programm der Delegierten aus den 192 Mitgliedsländern stehen die Zerstörung von gelagerten Pockenviren ebenso wie die Ausrottung der Kinderlähmung. Wichtigstes Thema dürfte aber die Angst vor dem weltweiten Ausbruch einer Grippe sein, einer so genannten Pandemie.
Laut der WHO hat das Auftreten von Geflügelpest, auch Vogelgrippe genannt, in Asien die Welt näher an den Rand einer Pandemie gebracht als jemals seit der letzten Grippe-Pandemie im Jahre 1968.
Um dieser Gefahr zu begegnen, haben Mitgliedsländer die «International Health Regulations» (IHR) überarbeitet, die aus den späten 60er-Jahren stammen. Die IHR helfen der WHO drei gefährliche Krankheiten weltweit zu überwachen und unter Kontrolle zu halten: Pest, Cholera und Gelbfieber.
Jetzt sollen die IHR ausgebaut werden, um mit jeder internationalen Gefährdung der öffentlichen Gesundheit umzugehen.
Kyoto-Protokoll für die Welt-Gesundheit
Für die Schweiz hat diese Angelegenheit oberste Priorität, wie Gaudenz Silberschmidt, Leiter der Abteilung Internationales beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), gegenüber swissinfo betont. «Diese Regeln würden die internationale Reaktion auf Krisen festlegen wie bei SARS, der Vogelgrippe oder dem Marburg-Fieber, das gegenwärtig in Angola ausgebrochen ist.»
Das sei ein wichtiger Schritt: «Man könnte es ein Kyoto-Protokoll für Gesundheits-Notfälle nennen», sagt Silberschmidt. «Es besteht ein breiter Konsens, dass wir diese Regelung brauchen und zwar noch dieses Jahr.»
Die Schweiz hat an einer separaten Resolution gearbeitet, welche die Bedrohung durch eine Grippe-Pandemie angehen soll, welche laut WHO jederzeit ausbrechen könnte. Experten befürchten, dass die Vogelgrippe, die mindestens 49 Menschen in Asien getötet hat, so mutiert, dass sie von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.
Laut der WHO kann niemand sagen, wie sich die Situation verändern wird, das Virus habe aber ein «beträchtliches pandemisches Potential» an den Tag gelegt.
Angst vor Pandemie
«Aus der Geschichte wissen wir, dass Pandemien unregelmässig auftreten. Wir können weder Auftreten, Dauer oder Ernst der nächsten Pandemie vorher sagen. Es ist aber möglich, dass ziemlich bald eine eintritt», erklärt Silberschmidt.
Der Experte unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die Regierungen vorbereitet sind. Die frühzeitige Erkennung des Ausbruchs eines Pandemie-Virus würde Wissenschaftlern erlauben, sofort mit der Arbeit an einer Impfung zu beginnen.
«In einer ersten Phase einer Pandemie muss man Zeit gewinnen. Von der Mutation eines Virus in ein gefährliches Virus bis zur weltweiten Verbreitung können mehrere Monate vergehen.»
Erst im vergangenen Monat wurde der bestehende Schweizer Pandemie-Plan an die neue Lage angepasst. Tritt eine Pandemie auf oder steht sie bevor, regelt dieser die Verteilung von Impfstoffen und Medikamenten nach einer Prioritätenliste. Zudem sind die Zuständigkeiten auf allen Stufen der Pandemie-Überwachung festgeschrieben.
Bilaterale Gespräche
Die Schweiz wird am WHO-Jahrestreffen in Genf auch bilaterale Gespräche mit Ländern wie den Niederlanden oder Neuseeland führen. Der Schweizer Innenminister Pascal Couchepin will am kommenden Dienstag zudem ein Abkommen mit China zu Gesundheitsfragen unterschreiben.
Dieses soll den Informations-Austausch und eine technische Kooperation in vier Gebieten ermöglichen: Überwachung ansteckender Krankheiten, Gesundheits-Gesetzgebung, traditionelle chinesische Medizin und HIV/Aids.
«Die bilaterale Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheit wird immer wichtiger», sagt Silberschmidt. «Alle Länder müssen realisieren, dass sie voneinander lernen können. China ist ein wichtiger Akteur in allen politischen und technischen Feldern.»
swissinfo, Adam Beaumont
(Übertragung aus dem Englischen von Philippe Kropf)
Eine Pandemie ist ein länderübergreifender oder auch weltweiter Ausbruch einer Krankheit.
Im Gegensatz zur Epidemie ist eine Pandemie weder zeitlich noch örtlich beschränkt.
Die Vogelgrippe in Asien könnte zu einer Pandemie werden.
Bei der Weltgesundheits-Organisation (WHO) schrillten im Januar 2004 die Alarmglocken, als Thailand und Vietnam die ersten Fälle von Vogelgrippe bei Menschen meldeten.
Bis Mitte März hat dieses Virus – genannt H5N1 – 74 Menschen befallen; 49 davon starben.
Die Experten beobachten Parallelen zum Ausbruch der Spanischen Grippe im Jahre 1918.
An dieser Pandemie starben weltweit 40 Mio. Menschen. In der Schweiz war ein Viertel der Bevölkerung krank, 25’000 Leute starben.
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