Laut Aussenministerium keine FARC-Mitglieder in der Schweiz
Die Schweiz stellt in Abrede, dass "offiziell anerkannte" Mitglieder der kolumbianischen FARC-Guerilla im Land einen privilegierten Status oder juristische Immunität geniessen.
Mit dieser Antwort versucht das Aussenministerium Befürchtungen in Bogotá zu entkräften, nachdem eine Westschweizer Zeitung einen angeblichen FARC-Vertreter interviewt hat.
In der Schweiz hält sich kein «offiziell anerkanntes» Mitglied der Guerilla-Organisation FARC auf, heisst es in einer Mitteilung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) vom Samstag Abend.
Im Gegenteil: Die Schweiz werde auf ihrem Territorium strafbare Handlungen verfolgen und ahnden.
Am Freitag war der Schweizer Botschafter in Bogotá, Thomas Kupfer, ins kolumbianische Aussenministerium gerufen worden, wo ihm die Regierung ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht habe.
In Bern habe das EDA die kolumbianische Botschafterin Claudia Jiménez zum Gespräch empfangen.
Interview in Le Temps als Auslöser
Die Umtriebe ausgelöst hatte ein Interview in der Westschweizer Zeitung Le Temps. In der Donnerstags-Ausgabe behauptet eine angebliche FARC- Führungsperson, im Besitz eines Aufenthaltsvisums zu sein und legal in Lausanne zu wohnen.
Der Aufenthalt werde von der Schweiz geduldet, «weil meine Rolle eine diplomatische und keine militärische ist», sagt das unter einem Pseudonym auftretende angebliche FARC-Mitglied in Le Temps. «Ich vertrete die Organisation gegenüber verschiedenen europäischen Ländern, Personen des öffentlichen Lebens und Firmen-Chefs.»
Vorwurf der Doppelrolle
Nach eigenen Angaben schickt die Person den FARC-Rebellen von der Schweiz aus Geld und Medikamente und organisiert humanitäre logistische Hilfe. Ausserdem unterhalte sie die auf einem Schweizer Server aufgeschaltete FARC-Website.
Le Temps hat das Interview einen Tag nach einem Gespräch mit dem kolumbianischen Vizepräsidenten Francisco Santos veröffentlicht. Dieser hatte der Schweiz vorgeworfen, dass sich die FARC-Sprecherin für internationale Angelegenheiten frei auf ihrem Territorium bewegen könne.
Damit spiele die Schweiz eine Doppelrolle: Auf der einen Seite schalte sie sich in die Friedensbemühungen in Kolumbien ein, andererseits toleriere sie FARC-Mitglieder auf ihrem Territorium.
Kein FARC-Verbot
Das EDA betonte darauf in einer Stellungsnahme, dass die Schweiz das Verbot einer Organisation nicht kenne. Einzige Ausnahme sei Al Kaida. In den Augen der Schweiz handle es sich bei der FARC um «eine Partei in einem internen Konflikt».
Zusammen mit Frankreich und Spanien begleitet die Schweiz Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der Guerilla. So riefen die drei Länder die Konfliktparteien am 16. Februar auf, sich nun rasch auf die Bildung einer Sicherheitszone zu einigen, um endlich einen Gefangenenaustausch durchführen zu können.
swissinfo und Agenturen
Die «Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia» (F.A.R.C.) ist die wichtigste Guerilla-Organisation in Kolumbien.
Sie verlangt die Befreiung von über 500 Rebellen, die von der kolumbianischen Regierung gefangen gehalten werden, im Tausch gegen 57 «politischen» Geiseln, unter ihnen auch die Franko-Kolumbianerin Ingrid Betancourt, die seit über 5 Jahren festgehalten wird.
Insgesamt verfügt die FARC über 1100 Geiseln.
Die Schweiz versucht, zusammen mit Frankreich und Spanien, als Fazilitator die Kontakte zwischen Bogotá und der FARC zu erleichtern.
Die drei Länder haben am 16. Februar die kolumbianischen Behörden und die FARC aufgerufen, sich über eine Sicherheitszone zu verständigen, um den Austausch der Geiseln einzuleiten.
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