Lebensversicherer plant, Übergewichtige zu bestrafen
Die "Zurich" Lebensversicherung plant, ihre Prämien künftig mit dem Body-Mass-Index zu verknüpfen. "Zurich" ist der erste Schweizer Lebensversicherer, der eine Studie zu dem Modell durchgeführt hat.
Die Schweizerische Adipositas-Stiftung kritisiert die Bestrebungen. Eine Verknüpfung der Prämien mit dem Body-Mass-Index käme einer Diskriminierung der Übergewichtigen gleich.
«Wir sind besorgt darüber, dass Übergewichtige einmal mehr benachteiligt werden sollen», sagte Heinrich von Grünigen, der Präsident der Schweizerischen Adipositas-Stiftung (SAP), gegenüber swissinfo.
Der Body-Mass-Index (BMI) dürfe kein Kriterium sein für die Prämien für Lebensversicherungen.
Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gab seinem Unbehagen Ausdruck. «Die Solidarität der Versicherer gilt auch für Dicke und Dünne. Da sollte es keine Prämien-Unterschiede geben», argumentiert Daniel Dauwalder vom BAG.
Ein Entscheid, ob das Modell eingeführt werden solle, sei noch nicht gefallen, betont die «Zurich»-Versicherung gegenüber swissinfo. Es gebe auch keine konkreten Pläne.
Auch Konkurrenz prüft das Modell
«Bisher haben wir zwischen Rauchern und Nichtrauchern unterschieden. Nun überlegen wir uns, ob Klassifizierungen anhand des Body-Mass-Index in Frage kämen», sagte Ivo Furrer, CEO von «Zurich Life Switzerland», vor einigen Tagen der «Handelszeitung».
Die «Zurich»-Versicherung weist darauf hin, dass auch andere Schweizer Lebensversicherer das Modell prüfen. Zudem seien auch in anderen europäischen Ländern die Prämien mit dem BMI verknüpft. Versicherer differenzieren auch zwischen Lebensgewohnheiten, Geschlecht und Alter.
Die Studie der «Zurich» entspreche zudem den Wünschen der Kunden, die sich immer mehr dem individuellen Risiko angepasste Produkte wünschten.
Essen ist nicht trinken
«Es macht Sinn, das individuelle Gesundheitsverhalten und das Risiko bei der Berechnung der Prämien zu berücksichtigen», sagt eine Sprecherin der «Zurich» gegenüber swissinfo.
In einer Umfrage des Krankenkassen-Dachverbandes Santésuisse sprachen sich 66% der befragten Versicherten für eine Verknüpfung des Lebensstils mit den Krankenkassenprämien aus.
Heinrich von Grünigen weist seinerseits darauf hin, dass Übergewichtige mit dem sogenannten Jo-Jo-Effekt zu kämpfen haben und dass viele Betroffene selbst wenig gegen das Übergewicht tun können.
Die Adipositas-Stiftung geht davon aus, dass zwei Drittel der Betroffenen nicht aus eigener Schuld übergewichtig, sondern dazu prädisponiert seien.
Zu viel Essen solle zudem nicht mit Alkohol- oder Tabakkonsum gleichgesetzt werden. «Keiner muss rauchen, keiner muss trinken. Sie können mit Rauchen und Trinken aufhören, aber nicht mit Essen», sagt von Grünigen.
Laut der Adipositas-Stiftung sind gut 40% der Schweizerinnen und Schweizer übergewichtig. Der Anteil werde sich in den kommen Jahren auf über 50% erhöhen.
swissinfo, Justin Häne
(Übertragung aus dem Englischen: Andreas Keiser)
Der Body Mass Index (Körper-Massen-Index) berechnet die Körpermasse, nicht die Fettmasse eines Menschen. Mit zunehmender Körpermasse steigt aber auch die Fettmasse.
Der BMI ist oft umstritten, weil er häufig für die medizinische Diagnose benutzt wird, obwohl er nur zur Klassifizierung häufig sitzender Personen mit normalem Körperbau eingeführt wurde.
Für diese entspricht ein BMI zwischen 18,5 und 25 dem Idealgewicht. Ein BMI unter 18,5 bedeutet Untergewicht, während eine höhere Zahl als 25 Übergewicht bedeutet.
Ein BMI unter 17,5 könnte ein Hinweis auf Magersucht oder eine ähnliche Störung sein. Über 30 ist stark und über 40 krankhaft übergewichtig.
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