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Mehr tun gegen Kindsmissbrauch

Kinder sind keine Sexual-Spielzeuge für Erwachsene: Schweigemärsche in der ganzen Schweiz setzen Bund unter Druck zum Handeln. Keystone

Kinder werden immer häufiger Opfer sexueller Gewalt. Zur Bekämpfung der Pädokriminalität organisierte die Vereinigung "Marche Blanche" Schweigemärsche in der ganzen Schweiz.

Der Bund wird aufgefordert, endlich zu handeln.

Jeden Tag werden für Internet-Pornos Kinder vergewaltigt, gequält oder gar vor laufender Kamera getötet. Wegen des Interesses einer steigenden Zahl an pädophil veranlagten Menschen hat sich die Internet-Pädokriminalität zu einem lukrativen Wirtschaftszweig entwickelt.

Doch immer noch scheinen Untersuchungsbeamte und Richter sich damit schwer zu tun, diese Verbrechen mit dem nötigen Engagement zu verfolgen und sie angemessen zu ahnden. Die 1999 ins Leben gerufene Dienststelle zur Bekämpfung der Pädokriminalität im Internet ist bei der Bundespolizei seit Jahren unbesetzt – wegen mangelnder finanzieller Mittel.

Kampf aufnehmen

«Marche Blanche», eine von Eltern gegründete, politisch und konfessionell neutrale Vereinigung, fordert mit ihren Schweigemärschen den Bund dazu auf, den Kampf gegen den Kindsmissbrauch ernsthaft aufzunehmen. So solle die Dienststelle, die mit der Überwachung der Internet-Pädokriminalität beauftragt war, so schnell wie möglich wieder eingesetzt werden.

Mehrere Tausend Personen nahmen in der ganzen Schweiz an den Kundgebungen teil, allein in Lausanne beteiligten sich gemäss den Organisatorinnen 3000 Personen am Marsch.

Der Bund plant, gemeinsam mit den Kantonen eine nationale Koordinationsstelle zur effizienteren Bekämpfung der Internet-Pädokriminalität zu schaffen – aber erst auf den 1. Januar 2003.

Grund für die Verzögerung seien die Diskussionen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Stelle, sagt Danièle Bersier vom Bundesamt für Polizei gegenüber swissinfo. «Die Kantone müssen nämlich zwei Drittel der Kosten selber aufbringen.»

Wenig Mittel zum Schutz der Kinder

Statistiken über Pädokriminalität werden in der Schweiz nicht geführt, und die finanziellen Mittel, die Bund und Kantone an Selbsthilfe-Organisationen für die Prävention und Bekämpfung von sexuellem Missbrauch an Kindern zur Verfügung stellen, sind äusserst bescheiden.

Immerhin gibt es eine Genfer Studie, die zeigt, dass 11% der Schüler und 34% der Schülerinnen im Kanton in ihrer Kindheit sexuell missbraucht worden sind. Für andere Kantone liegen zwar keine Zahlen vor, doch ist die Genfer Studie gemäss Lagebericht des Bundesamtes für Polizei als repräsentativ zu bewerten.

Bewusstsein für Tabu-Thema fördern

Kindsmissbrauch ereignet sich oft im interfamiliären Bereich. Hier sieht die Berner SP-Nationalrätin Ursula Wyss, Mutter eines Kindes und bei «Marche Blanche» engagiert, Handlungsbedarf. Dies, obwohl der soziale Nahraum für Politik und Öffentlichkeit ein äusserst schwieriger Bereich zum Eingreifen sei.

«Umso mehr muss hier das allgemeine öffentliche Bewusstsein gefördert werden hinzuschauen, zu reagieren, bevor es zu spät ist, bevor einem Kind wieder etwas passiert», sagt Wyss gegenüber swissinfo. Dazu müssten Politik und die öffentliche Hand den Eltern generell mehr beistehen und die Erziehung nicht einfach als Privatsache abtun.

Sorgenkind Internet

Das Hauptproblem heute sei klar die Internet-Pädokriminalität, sagt Ursula Wyss. «Das Internet mit seiner Möglichkeit zur Anonymität erlaubt es den Tätern, welche die Pornografie herstellen, wie auch den Konsumierenden, ihre Spuren zu verwischen.» Die Angst, entdeckt zu werden, falle beim Internet weg.

Die Fahndung sei äusserst schwierig. Und da liegt für Ursula Wyss die Hauptkritik am Bundesamt für Polizei: «Sie kümmern sich in keiner Art und Weise um diese Fahndung», sagt die SP-Nationalrätin.

Laut Christine Bussat, Präsidentin von «Marche Blanche», gab es im Jahr 2001 bekanntermassen 180’000 derartige Sites; jetzt seien es über 200’000. Die Dunkelziffer liege jedoch bei einer Million, sagt sie gegenüber swissinfo. «Auf den pädokriminellen Internet-Sites hat es Millionen von Fotos, und das sind Millionen von vergewaltigten Kindern.»

Wenn im Internet ein Staatsgeheimnis enthüllt werde, finde man die Quelle sofort. Bei Kindsmissbrauch jedoch scheine man sich nicht sehr darum zu bemühen, die Quelle ausfindig zu machen, klagt Christine Bussat.

Bundesamt für die Familie schaffen

Neben dem sofortigen Wiederaufbau der Dienststelle zur Bekämpfung der Pädokriminalität fordert «Marche Blanche» vom Bundesrat die Schaffung eines Bundesamtes für die Familie, das alle Massnahmen gegen den Kindsmissbrauch koordinieren sollte.

Die Vereinigung sieht Massnahmen vor wie die Unverjährbarkeit jeglichen Aktes von Pädokriminalität, angemessene Strafmasse für Pädokriminelle sowie die Verpflichtung für Kinder-Institutionen, von allen Mitarbeitenden einen Strafregisterauszug zu verlangen.

Weiter sollen statistische Studien über die Pädokriminalität vom Bund subventioniert, mehr Mittel zur Prävention gegen die Pädokriminalität und mehr finanzielle Mittel für Selbsthilfe-Organisationen in diesem Bereich gewährt werden.

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

Bekannte Kinderporno-Sites:
2001: 180’000
2002: 200’000
Dunkelziffer: ca. 1 Million
Auf 1.Januar 2003 planen Bund und Kantone eine Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internet-Pädokriminalität

Die Pädokriminalität nimmt immer mehr zu. Insbesondere im Internet, das Tätern und Konsumierenden Anonymität bietet. Aber auch im interfamiliären Bereich sind Kinder oft Opfer sexueller Gewalt.

Die 1999 geschaffene Dienststelle zur Bekämpfung der Internet-Pädokriminalität ist bei der Bundespolizei seit Jahren unbesetzt. Selbsthilfe-Organisationen kritisieren diesen Umstand und fordern den Bund dazu auf, den Kampf gegen den Kindsmissbrauch endlich ernsthaft aufzunehmen.

Auf den 1. Januar 2003 plant der Bund, gemeinsam mit den Kantonen eine nationale Koordinationsstelle zur effizienteren Bekämpfung der Internet-Pädokriminalität zu schaffen.

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