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Menschenrechtsrat noch immer auf Sinnsuche

Blick in den Uno-Menschenrechtsrat in Genf. Keystone Archive

Der UNO-Menschenrechtsrat trifft sich am Montag in Genf zur vierten Session. Das 47 Mitglieder zählende Gremium tritt in eine entscheidende Bewährungsphase.

Die Resolution der UNO-Generalversammlung zur Gründung des Rats vom März 2006 gab dem Gremium ein Jahr Zeit, seine Arbeitsweise zu regeln. Diese wird durch Blockbildungen erschwert.

«Das Blockdenken bestimmt die Arbeit des Rats», sagt Amnesty International. Das habe schon das Vorgänger-Gremium gelähmt, das letztes Jahr nach 60 Jahren aufgelöst worden ist. Auf dem Spiel steht der Schutz der Opfer und die Rolle der UNO beim Thema Menschenrechte.

«Man kann zwar nicht sagen, dass der Rat zum Scheitern verurteilt ist», so Peter Splinter, Vertreter von Amnesty International, «aber es gibt noch viele Probleme zu lösen und die Zeit drängt».

Die Europäische Union (EU), welche die kommende Präsidentschaft des Rates übernimmt, hofft, dass die Probleme bis zum 18. Juni gelöst sind.

Doch wenn das Ergebnis hinter demjenigen der früheren Kommission zurückbleibe, dann werde sie intervenieren. Das ist im wesentlichen, was der deutsche Boschafter in Genf, Michael Steiner, am Freitag erklärte. Deutschland präsidiert zur Zeit die EU.

Die Schweiz drückt sich diplomatisch gewunden aus: «Wir setzen unsere Prioritäten auf eine institutionelle Konsolidierung des Rates», sagt Botschafter Blaise Godet.

Noch viele Baustellen

Auf vielen Gebieten seien die Debatten schon weit fortgeschritten, ist in Genf zu hören: so bei der Frage der Mandatserneuerung der UNO-Berichterstatter, dem Vorgehen bei der periodischen Überprüfung der Staaten, der Rolle eines Expertengremiums, das die Unterkommission ersetzt, beim Prozedere der Einzelklage und bei der Mitarbeit der Nichtregierungs-Organisationen.

Doch es brauche noch viel Zeit, Kompromisse zu finden, meinen die Diplomaten.

Die am Montag beginnende Session war ursprünglich auf vier Wochen angesetzt. Sie wurde auf drei verkürzt, um den Ratsmitgliedern Zeit für informelle Treffen zu geben. Vor dem Stichdatum 18. Juni ist dafür ein Zusatztreffen geplant.

Unsicheres Ergebnis

Eines ist sicher. Die Mandate eines Drittels der 47 Mitglieder des Rats und seines Präsidenten, des Mexikaners Luis Alfonso de Alba, enden am 18. Juni.

Dann werden die 14 neuen Mitglieder, welche von der UNO-Hauptversammlung gewählt wurden, dem Rat beitreten. Geleitet soll er vom rumänischen Botschafter Doru Costea werden, das heisst von einem Vertreter der EU.

«Ausschlaggebend ist nicht das Datum, sondern das Ergebnis», sagt Adrien-Claude Zoller, Präsident des NGO «Genf für die Menschenrechte». Zoller schätzt, dass mehrere Jahre ins Land ziehen werden, bis der Rat wirklich «zum Beschützer der Menschenrechte» werde.

Der Darfur-Test

Ein weiterer Konfliktpunkt in Genf dürfte die Weigerung des Sudan, eine Untersuchungsmission in Darfur zu bewilligen, sein. Eine solche war vom Rat bei einer Sondersitzung am 13. Dezember beschlossen worden.

Laut dem Sudan seien die Mitglieder des Darfour-Ausschusses befangen.

Die Weigerung des Sudan wurde von der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, als «sehr bedauerlich» bezeichnet. Sie hat den Menschenrechtsrat aufgerufen, Sanktions-Massnahmen gegen unkooperative Staaten zu beschliessen.

Die Weigerung der USA

Auch für Peter Splinter steht in der Darfur-Frage die Glaubwürdigkeit des Rates auf dem Spiel. «Er soll sich zu den schwerwiegenden Menschenrechts-Verletzungen dort äussern.»

Eine Glaubwürdigkeit, welche für die USA bereits zu bröckeln beginnt. Wohl ein Grund, warum die Amerikaner auf eine Kandidatur bei der nächsten Erneuerung des Rates verzichtet haben.

swissinfo, Frédéric Burnand, Genf und Agenturen

Die Schweizer Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hat die 4. Sitzung des Menschenrechtsrates mit einem eindringlichen Appell eröffnet.

Sie forderte Regierung und Rebellentruppen in Sudan auf, der Gewalt abzuschwören. Die Situation in Darfur werde von Woche zu Woche schlimmer. Jeden Tag werde das internationale Menschenrecht mit Füssen getreten, der Zugang humanitärer Organisationen erschwert.

Ein UNO-Ermittlerteam legte einen Bericht vor, in dem es der sudanesische Regierung zur Last legt, in die Gräueltaten in Darfur verwickelt zu sein. Der Bericht spricht von schweren und systematischen Verletzungen der Menschenrechte.

Das Team musste sich für seinen Bericht auf Zeugen ausserhalb des Krisengebietes stützen, da ihm die Einreise nach Sudan verweigert wurde.

Dem UNO-Menschenrechtsrat gehören 47 Staaten an, darunter die Schweiz. Der Rat ist die Nachfolge-Organisation der Menschenrechts-Kommission.

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