Mildere Strafe für Fluglotsen-Mörder
Der Russe, der 2004 einen Fluglotsen der Skyguide getötet hatte, soll milder bestraft werden. Das Zürcher Obergericht reduziert die verhängte Zuchthausstrafe von 8 auf 5 Jahre und 3 Monate.
Das Gericht gestand dem Täter, der beim Flugzeugzusammenstoss in Überlingen seine Familie verloren hatte, verminderte Zurechnungsfähigkeit zu. Doch der Staatsanwalt ficht das neue Urteil an.
Knapp dreieinhalb Jahre nach der Tötung eines Fluglotsen der Schweizer Flugsicherung Skyguide sollte der Täter eine mildere Strafe erhalten.
Diese Neubeurteilung des Strafmasses war auf Weisung des Kassationsgerichts erfolgt.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem neuen Urteil die Freiheitsstrafe für den russischen Hinterbliebenen der Flugzeugkollision von Überlingen von acht Jahren auf fünf Jahre und drei Monate verkürzt.
Doch wird die Tötung des Lotsen das Bundesgericht beschäftigen. Der Zürcher Staatsanwalt Ulrich Weder zieht das zweite Urteil des Zürcher Obergerichts an die oberste Instanz, das Bundesgericht, weiter. Weder ficht die Strafreduktion an.
Damit kann der verurteilte Russe nicht nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe entlassen werden.
Verminderte Schuldfähigkeit
Das Zürcher Gericht begründete das neue Urteil am Dienstag mit einer schweren Verminderung der Schuldfähigkeit des Mannes.
Der Bauingenieur aus der russischen Teilrepublik Nordossetien hatte den dänischen Lotsen der Unglücksnacht im Februar 2004 vor seinem Haus erstochen.
Bei der Flugzeugkatastrophe vom 1. Juli 2002 hatte der Russe seine Frau und seine beiden Kinder verloren. Er machte in erster Linie den Fluglotsen für das Unglück verantwortlich. Als Verwandter rächte er sich am damals diensthabenden Lotsen.
Bei dem Zusammenstoss zweier Maschinen waren alle 71 Insassen ums Leben gekommen.
Jede Tötungsabsicht bestritten
Im Prozess Ende Oktober 2005 hatte der Hinterbliebene jede Tötungsabsicht bestritten. Er habe den 36-jährigen Lotsen in dessen Haus in Zürich nur aufgesucht, um ihn zu bitten, sich zu entschuldigen.
Gegen das erste Urteil des Zürcher Gerichts hatte die Verteidigung erfolgreich Beschwerde eingelegt.
Das zweite Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Staatsanwalt Weder Strafrechtsbeschwerde gegen das «überaus milde Urteil» einreicht. Das Bundesgericht kann dann selbst entscheiden oder den Fall zur nochmaligen Neubeurteilung zurückweisen.
swissinfo und Agenturen
1.7.2002: Eine Passagiermaschine der Bashkirian Airlines kollidiert mit einem Frachtflugzeug der DHL bei Ueberlingen. 71 Menschen werden getötet.
24.2.2004: Der Fluglotse von Skyguide, der bei dem Absturz Dienst hatte, wird von Witalj Kalojew erstochen.
26.10.2005: Ein Zürcher Gericht befindet den Russen aus Nordossetien der vorsätzlichen Tötung des Fluglotsen für schuldig und verurteilt ihn zu 8 Jahren Zuchthaus.
15. – 30.5.2007: Acht Skyguide-Mitarbeiter stehen wegen fahrlässiger Tötung vor dem Bezirksgericht Bülach. Die Urteile werden am 4. September erwartet.
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