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Mit Köbi Kuhn auf EM-Kurs

Köbi Kuhn: Ruhender, Erfolg verheissender Pol der Nationalmannschaft. Keystone

Köbi Kuhn, seit zwei Jahren Trainer der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, hat den Spielern die Lust aufs Siegen zurück gebracht.

Trotz Optimismus in Sachen Euro 2004 betrifft, bleibt der Zürcher zurückhaltend. Im Gespräch mit swissinfo macht er eine Standortbestimmung.

In seinen ersten Monaten als Nationalcoach wurde er von Fussballfans und Medien heftig kritisiert. Doch in der Zwischenzeit hat der frühere Schweizer Internationale Köbi Kuhn auch die grössten Skeptiker von seinen Fähigkeiten als Trainer überzeugt.

Er ist der Mann der Stunde. Darüber sind sich heute alle, inklusive Spieler, einig. Er ist der ruhende Pol und seine Entscheidungen sind immer richtig.

swissinfo: Das Schweizer Team hat eine Superzeit hinter sich und ist nun in einer sehr guten Ausgangslage, um sich für die Euro 2004 in Portugal zu qualifizieren. Sie müssen ein glücklicher Mann sein?

Köbi Kuhn: Ich bin sehr optimistisch. Und die Spieler sind es auch. Wir haben die Mittel, um es nach Portugal zu schaffen. Und wir werden nun nicht den Fehler machen, zu glauben, alles sei bereits gelaufen.

Es ist ähnlich wie die Besteigung des Mount Everest: Die letzten Meter sind die schwierigsten. Doch der Gipfel ist nah und wir kämpfen gemeinsam.

Die Position, die Sie heute einnehmen, und die Heiterkeit, die ihr Team ausstrahlt, kontrastiert schon sehr mit den recht chaotischen Anfängen, als Sie unter einem enormen Druck standen…

K.K.: Es ist so, die Anfänge waren schwierig und an Kritik wurde nicht gespart. Dieses ganze Drumherum hinderte uns daran, gut zu arbeiten.

Ich hatte meine Vorstellung was man machen musste, um diese Gruppe wieder auf die Beine zu bringen, und ich habe daran festgehalten. Wir machten einige Krisen durch, doch wir haben sie gemeinsam gemeistert, vor allem, weil wir miteinander geredet haben.

Diejenigen, die mir zu Beginn vorwarfen, im Unrecht zu sein, geben mir heute Recht. Ich bin weder ein Messias noch die letzte Null. Ich mache meine Arbeit so gut ich es kann. Ich bringe meine Argumente vor, und die Spieler verstehen sie.

Hat sich Ihre Anfangs-Einstellung seither geändert?

K.K.: Nein, meine Philosophie ist die Gleiche geblieben: Sie besteht aus Arbeit, Solidarität und Freude.

Jetzt sind sich die Spieler bewusst, dass sich jeder einzelne in den Dienst der Mannschaft stellen muss. Individualität ist wichtig, doch man ist nur stark, wenn alle dasselbe Ziel verfolgen.

Ihre damalige Philosophie für das Training der Nachwuchs-Mannschaften (U-18 und U-21) gilt also auch für die Fussballer des Nationalkaders, von denen die meisten im Ausland spielen?

K.K.: Es gibt überhaupt keinen Unterschied. Die Botschaft bleibt die Gleiche, wenn auch der Druck grösser ist. Die Tatsache, dass sich mehrere Spieler in grossen Klubs weiterentwickeln können, ist ein grosser Vorteil. Sie wissen, wie mit Druck umzugehen.

In der Auswahl haben wir einen französischen und einen niederländischen Meister. Andere spielen in der englischen Premier League oder in der deutschen Bundesliga – oder sie haben mit Basel oder den Grasshoppers um den Schweizer Meistertitel gekämpft.

Es mag für die nationalen Klubs schwierig sein, mitanzusehen, wie die Besten ins Ausland ziehen. Doch es ist eine Erfolgsgarantie für die Nationalmannschaft.

Der Kontrast zwischen dem Erfolg des Nationalteams und den Problemen der Schweizer Klubs ist also beträchtlich?

K.K.: Es ist eigentlich normal, dass die Besten weggehen. Der Schweizer Klub-Fussball muss sich als Ausbildungs-Plattform für Fussballer verstehen. Andere Länder wie Schweden oder Dänemark haben das gleiche Problem.

Das fehlende Geld wird die Klubs zwingen, andere Modelle zu wählen. Die Einführung der Super Liga mit nur noch 10 Teams und der Bau von grossen multifunktionalen Stadien zeigen in diese Richtung.

Wo steht aus Ihrer Sicht der Schweizer Fussball im europäischen Umfeld?

K.K.: Als ich die Führung dieses Teams übernahm, hatte ich erklärt, ich wolle die Schweiz unter die besten 16 Mannschaften Europas führen. Sollten wir dieses Ziel erreichen, würde das bedeuten, dass wir uns häufiger für Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften qualifizieren würden.

Die aktuelle Situation zeigt, dass sich die seit einigen Jahren in Angriff genommene Aufbauarbeit bereits auszahlt. Und das sollte auch in den kommenden Jahren so sein.

swissinfo-Interview: Mathias Froidevaux und Mark Ledsom

Köbi Kuhn trainiert die Schweizer National-Mannschaft seit dem 10. Juni 2001.
Die bisherige Spiel-Bilanz: 17 Spiele, 8 Siege, 4 Unentschieden und 5 Niederlagen.
Die Schweizer Nationalmannschaft hat grosse Chancen, sich für die Europa-Meisterschaften 2004 zu qualifizieren.
Für die Europa-Meisterschaften 2008 ist die Schweiz gesetzt, da sie die Spiele gemeinsam mit Österreich ausrichtet.
Köbi Kuhn ist 64-facher Nationalspieler.
1977 war Kuhn Schweizer Fussballer des Jahres.
Köbi Kuhn ist 59-jährig.

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