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Mühselige Marktöffnung

Eine Öffnung des Marktes würde in der Schweiz die Preise senken. swissinfo.ch

Die Wettbewerbskommission (Weko) fordert eine Öffnung der Märkte in der Schweiz für Produkte aus der EU, ohne dafür Bedingungen zu stellen.

Das Cassis-de-Dijon-Prinzip soll demnach unverzüglich und einseitig eingeführt werden.

Die Wettbewerbskommission (Weko) fordert, dass die Schweiz unverzüglich für Produkte geöffnet wird, die in der Europäischen Union zugelassen sind. Das führe zu einem schärferen Wettbewerb und damit zu tieferen Preisen für die Konsumenten.

«Grundsätzlich sollten alle Produkte, die in der EU zugelassen sind, auch in der Schweiz zugelassen werden», forderte Weko-Präsident Walter Stoffel an der Jahresmedienkonferenz der Behörde am Dienstag in Bern.

In kurzer Zeit schon tiefere Preise

Er plädierte für eine einseitige Einführung des zwischen den EU-Ländern geltenden «Cassis-de-Dijon»-Prinzips. Die Konsumenten kämen so in kürzester Zeit in den Genuss tieferer Preise. Schweizer Produzenten könnten überdies von tieferen Herstellungskosten profitieren.

Dass die Bundesämter nach einer ersten Konsultation zur Revision des Bundesgesetzes über technische Handelshemmnisse über hundert Ausnahmen verlangen, stösst Stoffel sauer auf. Sie seien auf ein Minimum zu beschränken.

Ausnahmen dürfe es nur geben, wenn sie für den Gesundheits-, den Umwelt- und den Konsumentenschutz unbedingt notwendig seien. Als Beispiel nannte Stoffel die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen.

Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss hatte deshalb schon vor einer Woche seine Bundesratskollegen, welche die Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips im letzten Mai unterstützten, in die Pflicht genommen.

Umsetzung verzögert sich

Wegen der zahlreichen Vorbehalte der involvierten Ämter komme die Umsetzung des «Cassis-de-Dijon»-Prinzips nur langsam voran, monierte Stoffel. Er zeigte sich aber überzeugt, dass das Vorhaben deswegen nicht scheitern werde.

Ursprünglich wollte der Bundesrat dem Parlament noch dieses Jahr eine Botschaft unterbreiten. Hintergrund ist die Tatsache, dass die Schweiz für Hunderte von Produkten Vorschriften kennt, die von jenen der EU abweichen. Das erschwert und verteuert die Importe.

Für Stoffel drängt sich eine einseitige Einführung des «Cassis de Dijon»-Prinzips auf. Das sei mit dem Freihandelsabkommen der Schweiz mit der EU von 1972 möglich. Gegenleistungen müsste die Schweiz nicht erbringen.

Politik tut sich schwer

Wie schwer dass sich die Politik mit der Importliberalisierung tut, zeigt auch der Umstand, dass einerseits die Motion Hess vom 16. März 2006 (Liberalisierung der Personen-Transporte in Tourismusregionen) einstimmig angenommen und dem Bundesrat überwiesen wurde.

Andererseits kann sich der Bundesrat nicht durchringen, bei der Agrarpolitik die Liberalisierung der Produktionsmittel für Landwirte zuzulassen (Zulassung von billigeren Parallelimporten).

Typisch für die Schweiz

Der Forderung nach zahlreichen Ausnahmebestimmungen ist laut Stoffel «typisch für die Wettbewerbspolitik in der Schweiz»: Im Grundsatz seien alle dafür, wenn es dann aber um die konkrete Umsetzung gehe, finde der Wettbewerb kaum noch Unterstützung.

Hier setze «die mühsame Alltagsarbeit» der Weko an. Nach der Revision des Kartellgesetzes und dem Ablauf der einjährigen Übergangsfrist zog Stoffel eine grundsätzlich positive Bilanz.

Wichtige Entscheide des letzten Jahres – etwa bei den Gebühren für Kreditkarten oder der Buchpreisbindung – zeigten bereits Wirkung. Auch im Strommarkt habe die Weko für mehr Wettbewerb und Transparenz gesorgt.

Erste Hausdurchsuchungen

Zudem führte die Weko erste Hausdurchsuchungen durch. Deren Resultate werden derzeit ausgewertet.

Es sei auch nicht immer nötig, dass ein Verfahren zum Abschluss gelangen müsse, um Wirkung zu zeigen, sagte Stoffel zu einer seit langem hängigen Untersuchung der Mobilfunk-Preise. Seit der Eröffnung des Verfahrens seien die Tarife ins Rutschen gekommen. Immerhin: Das Verfahren befinde sich nun «in der Endphase».

swissinfo und Agenturen

Ein- und dasselbe Produkt ist in der Schweiz zirka 20% teurer als in den Nachbarländern.

Grund dafür sind weniger die höheren Schweizer Produktionskosten, sondern die rigiden helvetischen Einfuhr-Bestimmungen, die den Wettbewerb verzerren.

Laut dem Cassis-de-Dijon-Prinzip darf ein Produkt, das legal in einem EU-Land hergestellt und vertrieben wird, frei in den anderen EU-Ländern zirkulieren.

Der Handel darf nur dann unterbunden werden, wenn Gefahren für die Gesundheit vorliegen.

Würde die Schweiz das Prinzip ebenfalls anwenden, könnten Waren importiert werden, ohne sie den Schweizer Normen anpassen zu müssen.

Die wichtigste Aufgabe der Weko besteht darin, den Regeln des Wettbewerbs Respekt zu verschaffen, zum Beispiel im Kampf gegen Missbräuche bei Monopolen und Kartellen.
Die Weko verfügt über ein Sekretariat in Bern, das zahlreiche Preis-Empfehlungen von Verbänden und Herstellern überprüft.
Die Kommission besteht aus 15 mehrheitlich unabhängigen Mitgliedern, die von der Regierung ausgewählt sind.

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