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Muss sich die Schweiz vor Cyber-Angriff fürchten?

Bei Cyber-Angriffen machen sich Kriminelle und Terroisten nicht die Finger schmutzig. imagepoint

Der kürzliche Angriff auf das Internet in Estland hat die Gefahr von "Cyber-Attacken" in Erinnerung gerufen, die hoch technisierten Ländern wie der Schweiz droht.

Verschiedene Vertreter des ersten Genfer Sicherheitsforums versuchen, dem Phänomen auf die Spur zu kommen. Einer Bedrohung, welche die Schweiz bereits erkannt hat, jedoch nicht aktiv bekämpfen kann.

Die Serie von Attacken auf öffentliche und private Netzwerke in Estland, das Russland beschuldigt, führte zu einer Blockierung des gesamten Datenverkehrs im Land.

Beobachter sprachen in diesem Zusammenhang von einer Premiere im Cyberkrieg.

Der vom Genfer Sicherheitsforum eingeladene finnische Spezialist für Sicherheit in der Informationstechnologie, Mikko Hyppönen, unterstreicht: «Ein Grossteil der Verteidigungsministerien sucht nach Möglichkeiten, um sich gegen diese Art von Angriffen zu schützen.»

Doch wenn einem aktuellen Bericht des Pentagons Glauben geschenkt wird, etablieren einige Armeen wie beispielweise China auch spezielle Einheiten für Cyber-Angriffe.

«Das ist eine wichtige Frage, die noch viel zu wenig ernst genommen wird», bestätigt George Joffé, ein weiterer Teilnehmer am Genfer Forum.

Der langjährige Spezialist des «Royal Institute of International Affairs» in London erwähnt als Beispiel den Krieg zwischen Israel und Libanon im letzten Sommer, der von beiden Seiten von einem Internet-Konflikt begleitet wurde.

Eine politisch-ökonomische Waffe

Alyson Bailes, Direktorin des Internationalen Instituts für Friedensforschung in Stockholm, vermutet, dass die Informatik-Keule für viele arme Länder oder nichtstaatliche bewaffnete Gruppen wichtig werden könnte. «Es ist eine asymmetrische Kriegswaffe im Kampf gegen reiche und hoch technisierte Länder.»

Doch Mikko Hyppönen will trotzdem nicht an ein vermehrtes Aufkommen des Cyber-Terrorismus glauben. «Solche Gruppen wollen physische Zerstörung und Tote, um Angst und Panik zu verbreiten. Ein Cyber-Angriff, der die Server lahmlegt, kommt nie zu einem solchen Resultat.»

Im Gegenzug dazu würden sich kulturelle und ideologische Konflikte bestens für Attacken im Internet eignen. Hyppönen erinnert dabei an den Streit um die Mohammed-Karikaturen, der von diversen Angriffen auf Websites dänischer Medien begleitet wurde.

Eines ist klar: Das Phänomen steht erst am Anfang, und unsere offenen, untereinander verbundenen Gesellschaften, die immer abhängiger von ihren Informationssystemen werden, sind daher sehr verwundbar.

«Wir beobachten eine Aufrüstung im digitalen Bereich», sagt Carlos Moreira, Gründer und Präsident von WISeKey, einer Schweizer Firma für Sicherheit in der Informationstechnologie (IT). «Digitale Waffen können immense materielle Schäden hervorrufen.»

Die Schweizer Antwort

Doch ist die Schweiz in Gefahr, einer ähnlichen Attacke wie Estland zum Opfer zu fallen? swissinfo fragte Ruedi Rytz, Chef der Melde- und Analysestelle Informationssicherung (MELANI), welche die Schweizer Massnahmen zum Schutz der IT koordiniert.

«Derzeit ist es nicht möglich, diese Art von Angriffen zu verhindern, die das Ziel haben, Server von Firmen oder Institutionen lahmzulegen. Denn es ist nicht möglich, einen freundlichen Besuch einer Site von einem feindlichen zu unterscheiden.»

Und er kommt zum Schluss: «Die einzige Möglichkeit, solche Angriffe zu verhindern, ist eine grössere Anzahl von Servern, auf Breitband umzusteigen und den Kontakt mit den Behörden des Landes zu suchen, aus welchem ein Angriff kommt», so Rytz.

swissinfo, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

Das erste Genfer Sicherheitsforum fand am 20. und 21. Juni im Genfer Centre Palexpo statt.

Das Ziel war, neue Bedrohungen der Sicherheit im grossen Stil zu identifizieren und zu analysieren sowie Lösungen mit einem themenübergreifenden Ansatz zu skizzieren, politisch, ökonomisch und technologisch.

Das Forum will zusätzlich Unternehmen, die im Sicherheitssektor tätig sind, in die Region Genf holen.

Daniel Stauffacher, Direktor des Forums, ist ehemaliger Botschafter und einer der Schweizer Organisatoren des Welt-Informationsgipfels.

Der Bundesrat (Landesregierung) hat sich für den Schutz der Schweizer IT-Infrastruktur und des Internets engagiert, um Piraterie, Ausfälle und Angriffe zu verhindern.

Dieses Vorhaben wurde durch die Schaffung der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK) konkretisiert.

Ende 2003 hat der Bundesrat dem Finanzdepartement den Auftrag erteilt, zusammen mit dem Bundesamt für Polizei und dem Swiss Education & Research Network (SWITHC-CERT) eine Melde- und Analysestelle zur Informationssicherung (MELANI) aufzubauen.

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