Mutmasslicher Terrorist nach Spanien überstellt
Die Schweiz hat am Freitag den mutmasslichen islamistischen Terroristen Mohammed Achraf an Spanien ausgeliefert.
Er wurde von drei spanischen Polizeibeamten von Zürich nach Madrid gebracht, wie das Bundesamt für Justiz (BJ) mitteilte.
Der 32-jährige Achraf sass seit dem 21. Oktober 2004 in Auslieferungshaft. Am 28. Mai hatten ihn die Schweizer Behörden im Flughafengefängnis Zürich in Ausschaffungshaft gesetzt, ohne dass sie vom Terrorverdacht Spaniens gegen Achraf Kenntnis hatten.
Wegen Beteiligung an einer terroristischen Organisation hat auch die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) gegen Achraf ermittelt. Dieses Verfahren sei nach wie vor hängig, sagte BA-Sprecher Hansjürg Mark Wiedmer. Ein Strafübernahmebegehren an die spanischen Behörden ist laut BA in Prüfung, wurde aber vorerst noch nicht gestellt, sagte BJ-Sprecher Folco Galli.
Zentrale Figur
Hauptsache sei, dass die Strafbehörden der Schweiz und Spaniens für die in beiden Ländern geführten Untersuchungen via Rechtshilfezusammenarbeit jederzeit Zugriff auf den Beschuldigten hätten, sagte Wiedmer. Bei der BA-Untersuchung geht es um allfällige von Achraf in der Schweiz durchgeführte Vorbereitungshandlungen zu Anschlägen.
Die spanischen Behörden verdächtigen Achraf, als führendes Mitglied einer Islamistenzelle einen Anschlag auf das Oberste Gericht in Madrid geplant zu haben.
Kritik an Vorgehensweise
Der 32-jährige Algerier war Ende August in der Schweiz wegen eines Bagatelldelikts festgenommen worden. Er wurde im Flughafengefängnis Zürich in Ausschaffungshaft gesetzt, weil sein Asylgesuch abgelehnt worden war.
Erst auf Grund eines spanischen Fahndungsgesuches wurde Achraf dann am 21. Oktober als Terrorverdächtiger in Auslieferungshaft gesetzt. Darauf folgte Kritik an der Vorgehensweise der Schweizer Behörden.
Pannen und Pleiten
Zum einen hatte sich der Direktor der Zürcher Gefängnisse beschwert, nicht sofort informiert worden zu sein. Zum andern wurde der Vorwurf geäussert, der Dienst für Analyse und Prävention (DAP) habe die Bundeskriminalpolizei zu spät benachrichtigt. Die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) des Parlamentes schaltete sich ein.
Am Freitag zog die Delegation nun eine erste Bilanz der Kommunikationspannen im Fall Achraf. Äussern will sich die GPDel dazu aber erst in «ein oder zwei Monaten», wie deren Präsidentin Helen Leumann sagte.
Wirrwarr der Dienste
Allerdings hatte die Delegation bereits Ende November festgehalten, dass sie mit der Koordination und Kooperation der Nachrichtendienste unzufrieden sei.
Es gäbe «Funktionsmängel» im Zusammenspiel zwischen dem Sicherheitsausschuss, der Lenkungsgruppe Sicherheit, dem Nachrichtenkoordinator, dem Dienst für Analyse und Prävention, der Bundeskriminalpolizei, dem Strategischen Nachrichtendienst sowie den diplomatischen Vertretungen im Ausland.
swissinfo und Agenturen
28. August 2004: Achraf wird am Flughafen Kloten festgenommen.
19. Oktober: Spanien informiert die Schweiz, dass der Verhaftete ein Bombenattentat in Madrid geplant hatte.
21. Oktober: Der Schweizer Bundesanwalt Roschacher eröffnet ein Verfahren gegen Achraf.
28. Januar 2005: Die Schweiz gibt grünes Licht für eine Auslieferung an Spanien.
Achrafs Schweizer Anwalt kündigt Berufung ans Bundesgericht an.
13. April: Achraf blitzt vor Bundesgericht ab.
22. April: Auslieferung an Spanien.
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