Neapel wartet auf Alinghi-Entscheid
Die Schweizer Segel-Crew von Ernesto Bertarelli, Titelhalterin des America's Cup, entscheidet am 26. November über den Austragungsort der prestigereichen Segel-Trophäe 2007.
Vier Städte sind noch im Rennen: Neapel, Valencia, Marseille und Lissabon.
«Neapel hat den schönsten Golf der Welt.» Das sagt Rocco Papa, Vize-Bürgermeister der italienischen Stadt. «Die Winde sind gleich stark wie im neuseeländischen Auckland, und unsere Stadt braucht eine Veranstaltung wie den America’s Cup, um zu internationaler Berühmtheit zu kommen», so Papa gegenüber swissinfo.
Neapel glaubt an seine Chance, vor allem auch deshalb, weil der älteste Segel-Wettkampf der Welt der Stadt Einnahmen von rund einer Milliarde Euro und – zumindest während des Veranstaltungsjahres – zwischen 12’000 und 15’000 Arbeitsplätze – bringen würde.
Das ehemalige Industriegelände von Bagnoli – 200 Hektaren an der Meeresküste – könnte also Austragungsort der 32. Ausgabe des America’s Cup 2007 werden.
Die Schönheit Neapels ist unbestritten
Neapel ist eine schöne Stadt, das bestreitet niemand. Problematisch ist jedoch die Sanierung des ehemaligen Geländes von Bagnoli. Während fast hundert Jahren war dort einer der grössten italienischen Stahlindustrie-Komplexe, Italsider. Bis 1990 gab es dort auch Fabriken wie die (Schweizer) Eternit, die Bauelemente mit den gesundheitschädigenden Asbest-Fasern produzierte.
«Das Gelände ist verseucht mit Schwermetallen», sagt Giulia Scherillo, Chemie-Professorin an der Federici-Universität in Neapel. «Zudem hat sich überall Asbeststaub verbreitet, auch im benachbarten Wohnquartier.»
Die Sanierungsarbeiten sind teilweise bereits abgeschlossen, zumindest oberflächlich. Dazu Giovanni Capasso, Ingenieur bei der staatlichen Sanierungsfirma Bagnoli Futura: «Die Schwermetalle werden verglast und sind deshalb harmlos. Die restlichen Giftstoffe werden vom Terrrain entfernt.»
Ein zeitliches Problem
Die 100 für den America’s Cup geplanten Hektaren müssen bis Ende 2005 saniert sein, damit die notwendige Infrastruktur – Hafen, Hotels, Unterkünfte der Segler, Pressezentrum – rechtzeitig auf den Cup-Beginn fertig ist.
«Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen haben wir nicht genügend Erfahrung für derart grosse Sanierungsarbeiten», erklärt Giulia Scherillo. «Zudem kennen wir Art und Quantität der Giftstoffe zu wenig genau. Es ist also schwierig, einen genauen Termin für die Trockenlegung des Geländes festzulegen.»
Ganz anders sieht das Vize-Bürgermeister Rocco Papa. «Seit einiger Zeit kümmern sich die besten italienischen Spezialisten um das Problem und sie haben schon eine Strategie entwickelt, um das Gelände absolut sicher zu machen.»
Die Frage der Stadtplanung
Es gibt aber noch weitere Probleme. Politisch explosiv ist die stadtplanerische Frage. Nach zehn Jahren intensiver Polemik und Diskussionen hat Neapel einen Regulierungsplan für die Stadtentwicklung erstellt.
Alinghi fordert steuerliche Entlastungen und will die ganze Operation America’s Cup autonom führen. Zudem möchten die Schweizer einen doppelt so grossen Hafen wie ursprünglich vorgesehen, einen mit bis zu tausend Anlegeplätzen.
«Wir sind nicht gegen den America’s Cup», sagt der Architekt Vincenzo Russo von der Umweltorganisation WWF. «Wir können aber eine Verdrehung des Regulierungsplanes nicht akzeptieren. Dieser sieht vor, Bagnoli zu einem Natur- und Kulturpark für die einheimischen Bevölkerung zu machen und nicht zu einem Luxusort für eine kleine Elite des Segel-Tourismus. Neapel, die Region und die Regierung verkaufen sich an Bertarelli.»
Vize-Bürgermeister Papa dementieret umgehend: «Bertarelli hat noch nie irgendwelchen Druck auf uns ausgeübt. Wir verkaufen uns überhaupt nicht. Es wird ganz einfach korrekt gefeilscht. Bertarelli fordert Erleichterungen, urbanistische Eingriffe. Und dies alles, um den America’s Cup nach Neapel zu bringen.»
Die äusserste Linke und die Grünen, die in Neapel zusammen mit den Mitte-Links-Kräften die Regierungsmehrheit bilden, drohen mit einer politischen Krise. Behörden und Unternehmer Neapels glauben an den America’s Cup, aber ziemlich viele Fragen müssen zuerst noch beantwortet werden.
swissinfo, Paolo Bertossa, Neapel
(Übertragung aus dem Italienischen: Jean-Michel Berthoud)
Zur Verfügung stehendes Gelände: 200 Hektaren an der Meeresküste
Geplante Investitionen: mindestens 300 Mio. Euro
Geplante Einkünfte: 1 Mrd. Euro
Schaffung von bis zu 15’000 Arbeitsplätzen – während des Veranstaltungsjahrs
Neapel ist die gesamtitalienische Kandidatur für den America’s Cup 2007. Am 13. November haben die italienische Regierung sowie die Vertreter der Region Campania, der Gemeinde und des Hafens Neapel ein Programm-Abkommen unterzeichnet.
Das Programm sieht nationale, regionale und europäische Investitionen zum Bau eines touristischen Hafens in Bagnoli vor, dem ehemaligen Industrie-Gelände von Italsider.
In dem Gebiet sollen Hotels, Unterkünfte, Strassen, Bahnen, ein Hafen für Hunderte von Segelschiffen sowie ein Helikopter-Landeplatz entstehen.
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