«Öl für Nahrungsmittel»: Schweizer angeklagt
Die USA haben ihre Ermittlungen in den Unregelmässigkeiten um das UNO-Hilfsprogramm für den Irak ausgeweitet und zwei Schweizer angeklagt.
Auch in der Schweiz laufen Strafuntersuchungen gegen mehrere Personen. Sie stehen unter Verdacht, illegale Gelder an das Regime von Saddam Hussein überwiesen zu haben.
Unter Verdacht stünden neu eine Geschäftsfrau und ein Geschäftsmann aus der Schweiz sowie der Texaner Oscar Wyatt, teilte die New Yorker Staatsanwaltschaft am Freitag mit. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten dem irakischen Regime von Saddam Hussein illegal Geld überwiesen, um im Gegenzug Öl aus dem UNO-Programm zu erhalten.
Wyatt, der frühere Vorsitzende der Ölfirma Coastal Corp., sei in Houston verhaftet worden, so hiess es aus New York weiter. Ihm wie den beiden Schweizer Geschäftsleuten drohen bei einem Schuldspruch bis zu 62 Jahre Gefängnis sowie hohe Bussen.
Die US-Behörden nahmen auch drei Unternehmen ins Visier, die von der Schweizerin und dem Schweizer geführt werden und enge Geschäftsbeziehungen zu Wyatt unterhielten. Eines der Unternehmen, die Beratungsfirma Sarenco, ist in Genf beheimatet.
UNO unterstützt irakische Zivilbevölkerung
Das «Öl-für-Lebensmittel»-Programm mit einem Umfang von 64 Mrd. Dollar ermöglichte es dem Irak, von 1996 bis 2003 begrenzte Mengen Erdöl auszuführen und dafür wichtige Güter des täglichen Bedarfs zu importieren.
Die UNO wollte damit die Auswirkungen ihrer Sanktionen gegen den Irak nach dessen Invasion in Kuwait 1991 für die irakische Zivilbevölkerung mildern. 90 Prozent der 26 Mio. Iraker waren für ihr Überleben auf das Programm angewiesen.
Korruption und Geldwäscherei
Bei der Umsetzung kam es innerhalb der UNO jedoch zu erheblichen Missständen, und es flossen Schmiergelder in Milliardenhöhe. 2004 setzte die UNO eine unabhängige Untersuchungskommission unter Vorsitz des früheren US-Notenbankchefs Paul Volcker ein, um die Unregelmässigkeiten zu untersuchen.
Nach einjährigen Ermittlungen, die unter anderen auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan in Bedrängnis brachten, will die Untersuchungskommission am kommenden 27. Oktober ihren Abschlussbericht vorlegen.
Rund 4000 Firmen seien am Hilfsprogramm für den Irak beteiligt gewesen, erklärte der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth, der der Kommission angehört. Bis zu 2000 davon seien unter Verdacht, vielleicht an der Korruption beteiligt gewesen zu sein.
Im Zusammenhang mit der Untersuchung sind auch mehrere Schweizer Unternehmen ins Visier der Volcker-Kommission geraten. Darunter sind die Genfer Firmen AMEP, SGS und Cotecna. Auch die Genfer Justiz und die Bundesanwaltschaft ermitteln im Umfeld des Programms «Öl für Lebensmittel».
swissinfo und Agenturen
Das Programm «Oil for food» lief von 1996 bis 2003.
Die UNO wollte mit dem Programm die Auswirkungen ihres Wirtschaftsembargos gegen den Irak für die Zivilbevölkerung mildern.
Das Embargo war die Reaktion der UNO auf die irakische Invasion in Kuwait 1991.
Mit dem UNO-Programm konnte der Irak Öl exportieren und dafür dringend benötigte Lebensmittel einführen.
Aber dem Regime von Saddam Hussein ist es mit der Komplizenschaft von ausländischen Geschäftsleuten und Unternehmen gelungen, mehrere Milliarden Dollar zu unterschlagen.
Im letzten September legte eine unabhängige Untersuchungskommission einen Bericht vor, der den Verantwortlichen des UNO-Programms massive Verfehlungen vorwarf.
Sie hätten die eindeutigen Hinweise auf Korruption und Geldwäscherei ignoriert und damit die Ideale der UNO verletzt.
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