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«Oil for food»-Skandal: Vorwurf der Bestechung

Der frühere UNO-Chefbeamte Benon Sevan. Ihm wird Bestechung und Korruption vorgeworfen. Keystone Archive

Die UNO-Untersuchungs-Kommission im Fall "Öl für Lebensmittel" wirft UNO-Beamten Bestechung und Korruption vor.

Der Schweizer Strafrechtler Mark Pieth, Mitglied dieser Kommission, sagte gegenüber swissinfo, dass Beamte gegen Bestechung Verträge versprochen und illegale Zahlungen angenommen hätten.

Der UNO-Chefbeamte und frühere Leiter des UNO-Programms «Öl für Lebensmittel», der Zyprer Benon Sevan (67), soll Schmiergeld in Form von «Kickbacks» für Auftragsvergaben angenommen haben, schreiben die drei Mitglieder der Untersuchungs-Kommission.

Der frühere UNO-Mitarbeiter Alexander Yakovlev habe ebenfalls Schmiergelder kassiert.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan und sein Sohn Kojo werden in dem Bericht am Rande erwähnt.

Abschlussbericht kommt im September

E-Mails liessen den Schluss zu, so der Bericht, dass Annan mehr über die Verwicklung seines Sohnes in das Programm «Öl für Lebensmittel» gewusst habe, als er bisher eingeräumt habe.

Dies werfe weitere Fragen auf, die im Abschlussbericht der Kommission im September beantwortet würden.

Genfer und New Yorker Bank

Laut dem Bericht der Untersuchungs-Kommission wurden fast 580’000 Dollar des von AMEP verdienten Betrages von insgesamt 1,5 Mio. Dollar auf ein privates Konto bei einer Genfer Bank, der Union Bancaire Privée, überwiesen.

Das Konto gehörte dem ägyptischen Mittelsmann Fred Nadler. Dieser beauftragte das in der Finanzverwaltung tätige Genfer Unternehmen Genevalor mit der Betreuung des Kontos.

Dem Bericht zufolge hatte Nadler 1998 oder 1999 gegenüber Genevalor erklärt, dass er auf dieses Konto Kommissionen aus Erdölgeschäften erhalte.

Von diesem Konto bezog Nadler zwischen November 1998 und Dezember 2001 zahlreiche Male Bargeld – meistens in 100-Dollar-Scheinen. Dem Bericht zufolge wurden so insgesamt 432’983 Dollar in verschiedenen Währungen abgezogen; 257’500 Dollar davon seien zu Zeiten abgehoben worden, als Sevan und/oder Nadler sich in Genf aufhielten oder kurz davor standen, nach New York zu reisen.

Weiter heisst es im Bericht, Sevan und seine Frau hätten zwischen Dezember 1998 und Januar 2002 Bargeldeinlagen in Höhe von fast 150’000 Dollar auf ihre Konten in New York gemacht.

Treuhandunternehmen legt Mandat nieder

Dem Bericht zufolge erklärte Nadler am 20. Januar 2005 gegenüber einem Vertreter der Genevalor, er habe Sevan kein Geld gegeben. Weiter habe er gesagt, niemand könne beweisen, dass er Zahlungen an Sevan gemacht habe, da er immer Bargeld bezogen habe – und es folglich keine Datenspur gebe.

Im Bericht heisst es weiter, Genevalor-Vertreter «waren alarmiert von Nadlers Erklärungen, niemand könne beweisen, dass er Zahlungen an Sevan gemacht habe», (den die Genevalor-Vertreter bis zu dem Zeitpunkt nicht gekannt hatten). Am Tag darauf habe das Unternehmen den Auftrag zur Kontenführung niedergelegt.

Sevan, ein UNO-Veteran mit 40 Dienstjahren, wies den Vorwurf der Bestechlichkeit zurück und warf UNO-Generalsekretär Kofi Annan vor, nicht zu ihm gestanden zu haben. Annan habe sich, so Sevan, dem Druck der UNO-Kritiker gebeugt. Über Sevans Pult liefen zwischen 1996 und 2003 die 64 Milliarden Dollar des Programms «Öl für Lebensmittel».

Diplomaten-Position und Immunität

Am Tag vor der Veröffentlichung des jüngsten Berichts der Untersuchungs-Kommission hatte Sevan seinen Rücktritt erklärt; die Erklärung hat rein symbolischen Charakter, da Sevan bei der UNO ohnehin nur noch pro forma für seine Zusammenarbeit mit der Untersuchungs-Kommission beschäftigt war.

Er bekam dafür das symbolische Gehalt von einem Dollar pro Jahr, behielt allerdings auch seinen Status als Diplomat und damit seine Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung.

Diese gab er jetzt auf, obwohl auch die Staatsanwaltschaft von Manhattan gegen ihn ermittelt.

Yakovlev und die Weigerung der SGS

Zu Yakovlev erklärte die Kommission, er habe Schmiergeld in Höhe von fast einer Million Dollar angenommen. Seine Immunität wurde am Montag von den Vereinten Nationen aufgehoben. Yakovlev trat in diesem Jahr zurück.

Auch die Schweizer Gesellschaft SGS (Société générale de surveillance) hatte im Zusammenhang mit den Öllieferungen für einen Inspektions-Auftrag offeriert, ihn aber nicht erhalten, weil sie sich weigerte, ein angefragtes Schmiergeld zu zahlen.

Yakovlev hatte auch der Genfer Firma Cotecna Aufträge erteilt. Auch sie ist in den Skandal verwickelt. Der Sohn des UNO-Generalsekretärs, Kojo Annan, arbeitete dort.

UNO-Reformprogramm im Fokus

Im September wird ein unfassender Bericht der Untersuchungs-Kommission erwartet. Er soll im Vorfeld eines Meetings von Politikern veröffentlicht werden, die die anstehenden UNO-Reformprogramme diskutieren.

«Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit unserer Kommission besteht darin, Input für die UNO-Reform zu liefern», sagte Pieth zu swissinfo. «Bevor es zur nächsten Krise kommt, sollten wir wissen, wie in der UNO Führungs- und Kontrollstrukturen einzubauen wären, um Missbräuche zu verhindern.»

swissinfo und Agenturen

1990 verhängte der UNO-Sicherheitsrat ein Embargo gegen Irak, nachdem Saddam Hussein eine Invasion von Kuwait versucht hatte (Golfkrieg).

Doch das erste Opfer der Sanktionen war die Zivilbevölkerung. Dies brachte die UNO dazu, 1995 ein Öl-für-Lebensmittel-Programm einzuleiten.

Damit sollten begrenzte Mengen von Öl exportiert werden können, um Lebensmittel und Medikamente zu kaufen.

90% der 26 Millionen Irakerinnen und Iraker waren für ihr Überleben auf das Programm angewiesen. Das Programm endete 2003.

Der Schweizer Strafrechtler Mark Pieth ist eines der drei Mitglieder der unabhängigen UNO-Untersuchungs-Kommission.
Vorsitz des Panel hat Paul Volcker, früherer Chef des US Federal Reserve Board (US-Nationalbank).
Der Kommission gehört zudem Richard Goldstone an, der ehemalige Strafverfolger des internationalen Strafgerichts für die Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien.

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