Organspenden: Es besteht Handlungsbedarf
In der Schweiz besteht ein Mangel an Organen. Das neue Transplantationsgesetz, das seit dem 1. Juli in Kraft ist, könnte Abhilfe schaffen.
«In der Schweiz sterben jedes Jahr Patienten, die auf eine Transplantation warten», sagt BAG-Direktor Thomas Zeltner. «2006 sind 38 Personen verstorben, die auf der Warteliste standen.»
Mit der neuen Gesetzgebung wird eine nationale Zuteilungsstelle für Organe geschaffen. Zudem wird die Bevölkerung für die Organ-Knappheit sensibilisiert.
Die Warteliste, auf der 874 Personen eingetragen sind, wird immer länger. «Diese Situation ist unzumutbar», sagt Thomas Zeltner.
Mit 10,7 Spendern pro Million Einwohner im Jahr 2006 figuriert die Schweiz vor Griechenland bei den Organ-Entnahmen am Schluss der europäischen Länder.
«Es ist wichtig, die Bevölkerung über diese Tatsache zu informieren», so Zeltner. «Gemäss einer Umfrage sind 60% der Schweizerinnen und Schweizer zu einer Organspende bereit, doch nur 15% besitzen einen Spendeausweis.»
Es sei deshalb unbedingt nötig, dass sich Spendewillige auch melden, betont Zeltner.
Neuer gesetzlicher Rahmen
Mit dem Tragen eines Spendeausweis allein sei es jedoch nicht getan. Auch die Angehörigen müssten informiert werden.
Denn gibt der Verstorbene selbst keine Erklärung ab, müssen sie entscheiden, ob die Organe für eine Transplantation zur Verfügung gestellt werden. Die Angehörigen haben angesichts der schwierigen Situation die Tendenz, eine Organspende abzulehnen.
Mit der neuen Gesetzgebung wird auch eine nationale Zuteilungsstelle für Organe geschaffen. Die Stelle ist schweizweit zuständig für die Organzuteilung. Zudem führt sie die Warteliste.
Bis anhin gab es in der Schweiz keine einheitliche Regelung für Spende, Entnahme und Transplantation von Organen. Laut BAG-Direktor Thomas Zeltner ist ein einheitlicher nationaler gesetzlicher Rahmen wichtig.
Infokampagne
Gemäss Zeltner ist die Zuteilungsgerechtigkeit wegen der Knappheit der Organe besonders wichtig. Zuteilungskriterien sind die medizinische Dringlichkeit, der medizinische Nutzen für den Patienten sowie die Verweildauer auf der Warteliste. «Ein Recht auf ein Organ existiert jedoch nicht», so Zeltner.
Ausser der Zuteilungsgerechtigkeit widmet sich die neue Gesetzgebung vor allem dem Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Gesundheit. Zudem soll jeglicher Missbrauch verhindert werden. Die Spende von menschlichen Organen, Geweben oder Zellen ist unentgeltlich. Organhandel ist verboten.
Laut einer Umfrage fühlen sich viele Schweizer zuwenig informiert. Dies könnte sich ab dem 1. Juli ändern. Denn das neue Gesetz sieht auch vor, dass die Bevölkerung umfassend und transparent informiert wird.
swissinfo und Agenturen
Bei der Organspende gibt es zwei verschiedene Arten von Zustimmung / Einwilligung.
Im Fall der expliziten (ausdrücklichen) Zustimmung braucht es die Einwilligung des Spenders oder seiner Angehörigen, um sein Organ zu nutzen. Darauf basieren die Gesetze in den USA, Grossbritannien, Irland, Deutschland, in den Niederlanden und Skandinavien.
Bei der impliziten (stillschweigenden) Zustimmung kann die Organentnahme erfolgen, solange der Verstorbene oder nachher die Angehörigen nichts dagegen unternehmen. Darauf basieren Frankeich, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Belgien, Österreich und Luxemburg.
In der Schweiz werden je nach Kanton beide Arten der Zustimmung angewendet.
Das neue Gesetz seit 1. Juli 2007 präzisiert, dass eine Entnahme nur erfolgen kann, wenn der Geber vor seinem Ableben eingewilligt hat.
Fehlt ein solches unterzeichnetes Dokument, müssen die Angehörigen ihre Einwilligung geben.
Fehlen auch diese, ist eine Organentnahme verboten.
Medizinisch besteht eine Transplantation aus der Entnahme eines Organs aus dem Körper eines Spenders und der Einsetzung in den Organismus eines Empfängers.
Die erste Organübertragung beim Menschen wurde 1933 in der Sowjetunion vorgenommen (Nieren).
In der Schweiz wurde 1964 im Zürcher Universitätsspital als erstes Organ ebenfalls eine Niere transplantiert.
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