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Eritreischer Marathon-Gottesdienst in reformierter Kirche

Als die Glaubensgemeinschaft aus Eritrea im aargauischen Buchs das Dreifaltigkeitsfest feierte, war die Kirche zum Bersten voll. Obwohl die Gläubigen nicht der reformierten, sondern der orthodoxen Kirche angehören, stellte ihnen die Buchser Kirchgemeinde das Gotteshaus zur Verfügung. Der Berner Fotograf Daniel Rihs hat Impressionen der fast 24 Stunden dauernden religiösen Feier mit seiner Kamera eingefangen.      

Er habe sich in Afrika gewähnt, sagt Rihs, der während des eritreeischen Gottesdienstes ungeniert fotografieren durfte, was ihm vor die Linse kam. Die Leute hätten entspannt und offen gewirkt. Nur während des Abendmahls durfte er nicht fotografieren. Tabu war auch, was sich hinter dem roten Vorhang abspielte, wo sich nur höherrangige Kirchenleute aufhielten.

Die Mehrheit der Eritreer in der Schweiz gehören der orthodoxen Kirche an. Während muslimische Eritreer eher in arabische Länder auswandern, sind auch Anhänger von Freikirchen in die Schweiz geflüchtet. In Eritrea werden sie von der Regierung nicht anerkannt und oft verfolgt. Aber auch die Orthodoxen bekämen die Staatswillkür zu spüren, manche regimekritischen Bischöfe und Priester seien verschwunden, berichten orthodoxe Flüchtlinge aus dem Land.

Rund 28’500 Eritreerinnen und Eritreer lebten 2014 laut dem Staatssekretariat für Migration in der Schweiz. 2015 haben fast 10’000 Eritreer ein Asylgesuch gestellt, das entspricht rund einem Viertel aller Asylgesuche.

«Totalitärer Staat»

Über die Politik und die Gesellschaft des Landes am Horn von Afrika sind wenig gesicherte Informationen erhältlich. Nach der Entkolonialisierung kämpfte das Land 30 Jahre lang um seine Unabhängigkeit von Äthiopien. Seit 1993 ist Eritrea ein international anerkannter, souveräner Staat. Der amtierende Präsident hat das Land hochgradig militarisiert. In einem 2015 publizierten Bericht der UNO im Auftrag des Menschenrechtsrats ist die Rede von einem «totalitären Staat», der die Bevölkerung durch einen ausgedehnten Sicherheitsapparat kontrolliert. «Die eritreische Regierung habe ein Klima der Angst geschaffen, in dem Dissidenten systematisch unterdrückt und die Bevölkerung Zwangsarbeit leisten müsse.

Die Bevölkerung setzt sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Ethnien und Religionen zusammen. Orthodoxe Christen und Muslime sind mit je rund 45% die beiden grössten Glaubensgemeinschaften. 

(Text: Peter Siegenthaler)

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