Outdoor-Bekleidungsfirmen unter der Lupe
Outdoor- und Sportbekleidungen sollen unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Entsprechenden Druck auf internationale und Schweizer Firmen macht eine neue von der Erklärung von Bern präsentierte Bewertung.
Stein des Anstosses sind die vielerorts miserablen Arbeitsbedingungen mit Löhnen, die nicht zur Deckung des Existenzminimums reichen. Ein Beispiel: Eine Näherin erhalte bei «The North Face» für eine Jacke nur einen Franken oder 0,56 Prozent des Verkaufspreises von 176 Franken.
Eine von der Erklärung von Bern (EvB) koordinierte Kampagne für gerecht produzierte Bekleidung – die Clean Clothes Campaign (CCC) Schweiz – rückt nun neben Mode auch die Outdoor- und Sportbekleidung ins Rampenlicht.
Bei der Umfrage beleuchtet wurden insgesamt 29 Outdoor-Firmen, 16 grosse und 13 kleinere, deren Produkte in der Schweiz verkauft werden.
«Die Befunde sind ernüchternd», kritisiert Christa Luginbühl, EvB-Mitarbeiterin und CCC-Koordinatorin. Nicht einmal die Hälfte der angefragten Firmen wollten Auskunft geben über ihre Produktionsstandards oder wie sie Unternehmensverantwortung umsetzten.
Neu KMU im Fokus
Hiesige kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) hätten sich bei der Umfrage vielfach nur ungenügend kooperativ gezeigt, sagt Luginbühl. «Die KMU waren jedoch aufgeschreckt, sie haben sich noch nie mit dem Thema befasst.»
Selbst wenn KMU nicht die gleiche Durchsetzungskraft bei den Lieferanten hätten wie grosse, könnten sie sich nicht aus der Verantwortung für Produktions-Standards ziehen. LK International etwa erziele immerhin einen Umsatz von 40 Mio. Franken.
«Fairness ist nicht eine Frage der Grösse», betont Luginbühl. Nur gerade zwei Schweizer KMU, Bergspitz und Sherpa Outdoor, seien auf dem Weg zu fairen Arbeitsbedingungen. Elf hingegen «haben nicht einmal gemerkt, dass sie sich auf den Weg machen sollten». Diese Kategorie wird in der Untersuchung «Ignoranten» genannt.
Ausrüster der Ski-Nati
Bei den internationalen Outdoor-Firmen figurieren zehn Firmen als «Ignoranten». Sechs sind auf gutem Weg, darunter Mammut und Odlo, die unlängst der unabhängigen Kontrollstelle «Fair Wear Foundation» beigetreten sind.
Die japanische Firma Descente, der Ausrüster der Ski-Nationalmannschaft, gehört laut der Untersuchung nicht zu den transparenten Firmen, obwohl die EvB-CCC-Koordinatorin die Bemühungen des Schweizer CEO anerkennt.
«Wir haben hohe Produktionsstandards, und in Japan eigens eine Zertifizierungs-Abteilung», sagt Descente-CEO Reto Furrer. Obwohl er die Umfrage und Inhalte gut findet, da sie Verbesserungen dienten, hat Furrer das Vorgehen als relativ aggressiv empfunden: Die Japaner hätten eine andere Kultur und «den Fragebogen nicht goutiert, besonders CEO-Lohnfragen und Fragen, die dem Firmen-Geheimnis unterliegen».
Postkarten-Proteste
Die von 19 Schweizer Entwicklungs-Organisationen und Hilfswerken getragene «Clean Clothes Campaign» setzt ihre Bemühungen in der Sport- und Outdoor-Branche fort – und zählt dabei auf bewusste Käuferinnen und Käufer.
Mit Postkarten «Macht euch auf den Weg – schafft Transparenz» sollen sie Druck auf Firmen machen, transparent über Arbeitsbedingungen zu informieren, Verhaltenskodizes zu schaffen und umzusetzen wie auch externe Überprüfungen zuzulassen. Die Fortschritte werden jeweils in Umfragen evaluiert.
Ende 2008 wurde unter dem Titel «Fair Fashion? Schweizer Modefirmen im Vergleich» eine Firmenbefragung in der Modebranche publiziert. Zudem hat die Schweizer CCC eine europaweite Firmenbefragung angeregt, mit dem Ziel, Profile von 100 Modehäusern zu veröffentlichen.
Viera Malach, InfoSüd/swissinfo.ch
Die Kampagne setzt sich für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in der globalen Textilindustrie ein.
Sie unterhält nationale Kampagnen in 12 europäischen Ländern und ein Netzwerk von 250 Organisationen weltweit.
In der Schweiz wurde die CCC 1999 von Brot für alle, der Erklärung von Bern und dem Fastenopfer lanciert. Heute wird sie von 19 NGO getragen.
Neben «The North Face» hebt die EvB weitere Negativbeispiele unter den internationale Firmen hervor.
Der deutsche Hersteller Vaude lasse Teile seiner Kollektion in Myanmar produzieren und führe in der Umfrage an, die dortigen Standards seien «für asiatische Verhältnisse relativ hoch».
Im ehemaligen Burma stellt der UNO-Menschenrechtsrat hingegen systematische Menschenrechtsverletzungen fest.
Das in anderen Bereichen vorbildliche Unternehmen Patagonia verpflichtet sich der EvB zufolge nicht, seinen Angestellten einen existenzsichernden Lohn zu zahlen.
Der Gigant Columbia Sportswear mit europäischem Hauptsitz in Genf hat die Anfrage der CCC/EvB gänzlich ignoriert.
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