Papiere für Papierlose gefordert
In der Schweiz soll laut Caritas in einer einmaligen Aktion die Mehrzahl der Papierlosen eine Aufenthaltsbewilligung erhalten.
In Härtefällen soll eine Kommission auf Bundesebene eine Bewilligung erteilen. Bisher steht es den Kantonen frei, solchen Personen Aufenthalt zu gewähren.
Papierlose sind Leute, die illegal und ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz leben. Rund 70’000 bis 180’000 solcher Personen ohne «Schweizer Papiere» befinden sich – gemäss Schätzungen der Caritas – im Land.
Eine Caritas Studie über die Situation der Papierlosen in der Schweiz wurde am Dienstag in Bern vorgestellt.
Keine kollektive Lösung
Das Schweizer Asylgesetz und das Ausländerrecht schreiben vor, dass rechtswidrig anwesende Ausländer die Schweiz zu verlassen haben.
Dazu kommt, dass – gemäss Asylgesetz – gescheiterten Asylbewerbern, die nicht vorläufig aufgenommen werden, keine Bewilligung mehr erteilt werden darf.
Trotzdem befindet sich eine grosse Zahl illegaler Personen in der Schweiz. Sie sind nicht selten seit Jahren im Land, arbeiten (meist zu sehr tiefen Löhnen)und haben oft auch Kinder, die bereits zur Schule gehen. Eine kollektive Lösung für die «Papierlosen» wurde bislang von den Behörden abgelehnt.
Die Schweizer Regierung hat bereits bei verschiedenen Gelegenheiten erklärt, dass sie es ablehnt, den Status von Personen ohne Aufenthaltsberechtigung willkürlich kollektiv zu regeln.
Ausnahmen bei Härtefällen
Die Regierung hat jedoch immer wieder betont, dass in Härtefällen individuelle Lösungen legal und möglich sind. Diese «Härtefallreglung» wurde den Kantonen, die für den Vollzug verantwortlich sind, in einem Rundschreiben im Dezember 2001 mitgeteilt.
Es fasst im Wesentlichen nur die Rechtssprechung des obersten Schweizer Gerichtes, des Bundesgerichtes, und der schweizerischen Asylrekurskommission zusammen. Grundsätzlich erlaubt die Regierung demnach ihre Härtefallkriterien auch auf illegal im Land anwesende Ausländer auszudehnen. Weicht demnach das geltende Asylgesetz bei besonders harten Fällen etwas auf.
Konkret: In einer «humanitären Aktion» erlaubte die Regierung bereits im Jahr 2000, dass 12’000 Ausländer ohne festen Status eine vorläufige Aufnahme in der Schweiz fanden. Genau eine solche Aktion verlangt nun Caritas auch wieder.
Kriterien für kollektive Lösung
Um die Lage der Papierlosen zu verbessern, schlägt die Caritas eine pragmatische Lösung in Form einer punktuellen, kollektiven Regelung vor.
Als Kriterien einer grosszügigen Lösung sollten gelten: der Nachweis, dass keine erheblichen Straftaten vorliegen, die Anwesenheitsdauer von vier Jahren sowie die Bestätigung, dass die Person ihren Lebensunterhalt in der Schweiz bestreiten kann.
Von einer solchen Massnahme ausgenommen wären aber Asylbewerber.
Dreikreismodell aufweichen
Als weitere Massnahmen hält Caritas eine gewisse Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes für wenig qualifizierte Arbeitskräfte aus Nicht-EU oder EFTA-Staaten für notwendig.
Nur so könne verhindert werden, dass die Menschen, die meist aus den Drittkreis-Ländern in die Schweiz gelangen, sich irregulär im Land aufhielten.
Zudem erachtet das Hilfswerk harte Massnahmen gegen Arbeitgeber bei Schwarzarbeit für zwingend.
Um Auseinandersetzungen zwischen Bund und Kantonen zu vermeiden, schlägt Caritas die Einsetzung einer unabhängigen Regularisierungs-Kommission vor.
Ebenfalls befürwortet wird die Schaffung einer Ombudsstelle auf Bundesebene.
Zeit günstig
Bei der irregulären Migration und dem irregulären Aufenthalt handle es sich um komplexe Phänomene, sagte Caritas Direktor Jürg Krummenacher.
Einfache Lösungen seien nicht in Sicht. Die Schweiz und die Europäische
Union stünden in den nächsten Jahrzehnten vor grossen Herausforderungen.
Da sich zur Zeit die Totalrevision des Ausländergesetzes und des Asylgesetzes sowie der Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in parlamentarischer Beratung befänden, sei die Zeit günstig, sich mit Neuausrichtungen sowie mit den Fehlern der älteren Gesetzgebung auseinander zu setzen, sagte der Caritas-Direktor.
swissinfo und Agenturen
Dreikreis-Modell
Der Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt für Ausländer ist im sogenannten «Dreikreise-Modell» prioritär geregelt.
-erster Kreis: EU und EFTA-Länder
-zweiter Kreis: USA, Kanada, Australien und Neuseeland
-dritter Kreis: der «Rest»
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