Plädoyer der Schweiz für eine Reform der UNO
Die Schweiz erklärte am UNO-Gipfel, die Schaffung eines neuen Menschenrechtsrates müsse Priorität haben. Dessen Standort solle Genf sein.
Der Schweizer Bundespräsident Samuel Schmid verlangte auch, dass der UNO-Sicherheitsrat repräsentativer werden und seine Arbeitsmethoden verbessern sollte.
Schmids Rede vom Donnerstag vor der 60. Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York streifte viele Themen. Sie handelte von den Menschenrechten und vom Respekt für das internationale humanitäre Recht sowie von der UNO-Reform und der Notwendigkeit, die Entwicklungshilfe zu erhöhen.
Der Bundespräsident drückte vor dem Weltgipfel die Zufriedenheit der Schweiz mit den Fortschritten zur Bildung eines neuen, von der Schweiz initiierten Menschenrechtsrates aus.
Die Hauptentscheidungen über das Mandat des Menschenrechtsrates, die Grösse sowie die Arbeitsweise sind auf die 60. Generalversammlung verschoben worden.
Nach Ansicht der Schweiz sollte dieser neue Rat mehr Legitimität und mehr Effizienz erhalten, sowie einen höheren Stellenwert in der Hierarchie der Vereinten Nationen als die bisherige Menschrechtskommission. Zudem sollte er seine Sessionen in Genf abhalten.
«Mit diesem Rat erhält die UNO eine neue Struktur, die den Menschenrechten genauso viel Platz einräumt wie der Entwicklungspolitik, dem Frieden und der Sicherheit», sagte Schmid.
UNO-Reform
Schmid sagte ferner, dass weitere Reformen der Weltorganisation nötig seien, um «mehr Effektivität, mehr Transparenz und mehr Solidarität» zu erreichen, die es der UNO ermöglichten, den heutigen Herausforderungen zu begegnen.
«Wir fühlen auch die Notwendigkeit, dass der Sicherheitsrat repräsentativer wird und seine Arbeitsmethoden verbessert, gerade im Hinblick auf eine erhöhte Transparenz, damit sich der Austausch mit Nicht-Mitgliedern des Rates reger gestaltet,» erklärte der Bundespräsident.
Die Nationen sind sich nicht einig über die Vorschläge zur Erweiterung des Sicherheitsrates der heutigen 15 Mitglieder – fünf ständige (China, Frankreich, Russland, Grossbritannien und die Vereinigten Staaten) und 10 nicht ständige Mitglieder.
Zweimal verwies Schmid in seiner Rede auf die Respektierung des internationalen Rechts –nämlich bei der Verhinderung von Konflikten sowie bei der Terrorismus-Bekämpfung. Die Schweiz ist der Depositarstaat der Genfer Konventionen.
Schmid erklärte, Gewaltanwendung müsse die Ausnahme bei der Lösung von Konflikten bleiben. Weiter begrüsste er die Schaffung einer UNO-Kommission für Friedensbildung.
Schmid versicherte, dass die Schweiz friedenserhaltende Operationen weiter unterstütze, sowie sich beteilige am Kampf gegen den Terrorismus und gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, insbesondere von Atomwaffen.
UNO-Generalsekretär Kofi Annan hatte sich am Mittwoch kritisch gegenüber denjenigen Mitgliedsländern geäussert, die eine Einigung verhindert hatten, wie gegen die Weiterbreitung von Atomwaffen und für die Abrüstung vorgegangen werden sollte.
Entwicklungshilfe erhöhen
In Bezug auf die Entwicklungshilfe sagte Schmid, dass die Bemühungen erhöht und koordiniert werden müssten, damit die Millenniumsziele erreicht werden könnten.
Die Millennuims-Entwicklungs-Vorgaben zielen auch auf die Halbierung extremer Armut und der Kindersterblichkeit, zudem soll die Verbreitung von Aids bis 2015 gestoppt werden.
Vor dem Gipfel kam die Schweizer Regierung unter Druck der Nichtregierungs-Organisationen (NGO), weil sie das UNO-Ziel zum Einsatz von 0,7% des Bruttoinlandproduktes (BIP) für Entwicklungshilfe bis 2015 ablehnt. Die Schweiz setzt heute 0,41% des BIP für Entwicklungshilfe ein.
Schmid erklärte in seiner Rede am Gipfel, die Schweiz plane eine Erhöhung der Entwicklungshilfe um 8% in den Jahren 2005 bis 2008. Er fügte hinzu, dass sich die Regierung für eine weitere Erhöhung nach 2008 einsetze.
«Für beinahe 30 Jahre setzte die Schweiz ihre Priorität auf die Hilfe der ärmsten Länder,» sagte er. «Heute geht fast die Hälfte unserer Hilfe nach Afrika und wir sind entschlossen, diesen Kurs auch in Zukunft zu halten.»
swissinfo, Adam Beaumont, New York
(Übertragen aus dem Englischen: Etienne Strebel)
Die UNO möchte am Freitag eine Gipfelerklärung verabschieden, die eine Anzahl Initiativen enthält, so die Errichtung eines neuen Menschenrechtsrates, einer Frieden erhaltenden Kommission und der Verpflichtung, Zivilisten zu schützen gegen Völkermord sowie gegen Kriegsverbrechen und ethnische Säuberungen.
Aber der Erklärung, die nach monatelangen Diskussionen erzielt wurde, fehlt ein allgemeiner Konsens über die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen oder eine neue Terrorismus-Definition. Zudem entspricht sie nicht den Erwartungen der Entwicklungsländer in Bezug auf Handel und Hilfe.
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