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Platzmangel – Asylsuchende blieben vor der Türe

Im Dezember fanden nicht mehr alle Flüchtlinge einen Platz in einem Empfangszentrum des Bundes. Keystone

In der Schweiz haben Fälle Staub aufgewirbelt, in denen Asylsuchende kalte Winternächte im Freien, bei der Heilsarmee oder bei Privaten verbringen mussten. Sie waren nicht mehr in ihre Unterkünfte eingelassen worden, weil diese schon voll besetzt waren.

Kurz vor Weihnachten musste das Empfangszentrum in der Stadt Basel rund 20 Personen wegschicken, die dort übernachten wollten. Dies berichtete das Schweizer Fernsehen. Das Haus, eigentlich für 320 Plätze gedacht,  beherbergte bereits 500 Personen.

Abgewiesen wurden Asylsuchende auch in den Kantonen Waadt und Tessin. Die Ereignisse stehen nicht nur für eine umstrittene Praxis ausgerechnet in der Weihnachtszeit. Sie zeigen auch, dass an Unterkünften für Asylsuchende landesweit akuter Mangel herrscht.

Als Folge haben Parlamentarier die Regierung zum Handeln aufgerufen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe ihrerseits appellierte an den Bundesrat, die Kantone an deren Mitarbeit zu erinnern.

Basler Mitarbeiter der Heilsarmee, die fünf Abgewiesene aufnahm, zeigten sich schockiert, dass Menschen sich selbst und der Kälte überlassen worden waren und Private helfend eingreifen mussten.

Private Soforthilfe

Zu diesen gehört Anni Lanz, die sich bei der Organisation Solidarité sans Frontières auch für Asylsuchende engagiert. Sie quartierte kurzerhand eine Familie bei sich zuhause ein, da diese sonst draussen hätte übernachten müssen. Erst am nächsten Tag wurde ihnen wieder Einlass gewährt.

Im Empfangszentrum Vallorbe mussten rund 15 Männer abgewiesen werden. Immerhin hätte niemand die Nacht im Freien verbringen müssen, berichtete der Leiter der Asylunterkunft.

Rasch und unbürokratisch 

Sämtliche fünf Erstaufnahmezentren in der Schweiz sind momentan überfüllt. Bis Ende November verzeichnete der Bund rund 20’000 Asylgesuche, das sind 5000 mehr als im ganzen 2010. Michael Glauser vom Bundesamt für Migration bezeichnete die Situation denn auch als schwierig, «insbesondere im Winter, wenn es kalt ist». Er lobte aber die Kantone Basel und Tessin für die «raschen und unbürokratischen» Lösungen des Problems.

In Pratteln wurde temporär eine Zivilschutzanlage geöffnet, die 100 Asylsuchende aus Basel aufnehmen kann. In Chiasso im Tessin wurde eine Unterkunft gefunden, die ab Samstag 40 Personen Platz bietet.

«Problematisch» und «traumatisch» 

Bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe wird zwar eingeräumt, dass Zivilschutzanlagen zur Unterbringung von Asylsuchenden eine vorübergehende Lösung darstellen könnten. Die Organisation warnt aber, dass dies für einige wegen des fehlenden Tageslichts «problematisch» oder gar «traumatisch» sein könne. Menschen, die sich des Nachts unter Tag aufhielten, müssten tagsüber beschäftigt und betreut werden.

Die SFH stellt sich auf den Standpunkt, dass die Abweisung von Asylsuchenden eine Verletzung von Artikel 80 des Schweizer Asylgesetzes darstelle. Laut der Bestimmung ist die Regierung verpflichtet, allen Asylsuchenden soziale Hilfe zukommen zu lassen.

Verfüge der Bund über zu wenige Unterkünfte, müsse er zur Unterbringung von Asylsuchenden auf Räume von Dritten zurückgreifen, fordert Adrian Hauser von der Flüchtlingshilfe.

Die Vorgabe des Bundes, bis Ende Jahr 2000 zusätzliche Plätze zu schaffen, sei noch in weiter Ferne, sagt Hauser. Angesichts steigender Zahlen müsse deshalb nach anderen Lösungen gesucht werden.

Gesetzliche Hürden aus dem Weg räumen 

Justizministerin Simonetta Sommaruga musste Ende November einräumen, dass die Anstrengungen bei der Suche nach mehr Unterkunftsplätzen nicht die nötigen Früchte getragen habe. Eine grosse Rolle spielte auch der Widerstand der lokalen Bevölkerung. Nur gerade eine zusätzliche Unterkunft mit 50 Plätzen resultierte aus den Bemühungen.

Sommaruga brachte deshalb eine mittelfristige Änderung des Raumplanungsgesetzes aufs Tapet. Lösungen mit Armeeunterkünften seien schlussendlich gescheitert, weil diese oft ausserhalb von Wohnzonen lägen, so Sommaruga. Mit der Gesetzesänderung sollen auch Lösungen ausserhalb der Wohnzonen möglich werden.

Adrian Hauser von der Flüchtlingshilfe negiert nicht, dass sich örtliche Bevölkerungen gegen eine Asylunterkunft in ihrer Nachbarschaft zur Wehr setzen. Deshalb sei es die Pflicht des Bundesrats, grosse Anstrengungen zu unternehmen, um die Kantone an deren Verantwortung zu erinnern.

Der Bund habe während Monaten mit den Kantonen über das Problem der steigenden Zahl von Asylsuchenden gesprochen, sagt Michael Glauser vom Bundesamt für Migration. «Wir sind zufrieden, wenn gegenwärtig Lösungen gefunden werden», sagt Glauser.

Im November haben laut Bund 2566 Personen in der Schweiz um Asyl nachgesucht, das sind knapp 20% mehr als im Vormonat.

Die meisten stammten aus Tunesien, Eritrea und Serbien. 

Nach einem relativ ruhigen Sommer erreichten die Asylzahlen im September und November eine Spitze.

In den ersten elf Monaten 2011 stellten über 20’000 Menschen beim Bund ein Asylgesuch, das sind über 41% mehr als in derselben Periode des Vorjahres.

Die angespannte Situation zwang die Behörden, die Neuankömmlinge in zusätzlichen Empfangszentren unterzubringen, da alle bisherigen voll belegt sind.

2010 erhielten von allen Menschen, die in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt hatten, nur 17.7% den Flüchtlingsstatus.

(Übertragung aus dem Englischen: Renat Kuenzi)

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