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Polit-Thriller mit «Swissness»

Autor und Advokat: Ulrich Kohli mit seinem neuesten Polit-Thriller. swissinfo.ch

Unter dem Pseudonym James Douglas veröffentlicht der Schweizer Ulrich Kohli Polit-Thriller. Im Zentrum der Bücher steht die weltweit veränderte Bedrohungslage, die sich auch auf die Schweiz auswirkt.

swissinfo im Gespräch mit dem schreibenden Anwalt, der zwischen New York und Zürich pendelt.

Die Phantasie des schreibenden Anwalts blüht. Doch viele seiner spannenden Szenarien kamen später der Wirklichkeit nahe.

An den Solothurner Literaturtagen trifft man ihn nie – schon eher beim Joggen im Central Park in New York. Er ist auch kein ehemaliger Lehrer oder Berufs-Schöngeist, sondern Rechtsanwalt mit Büro in der Zürcher Finanzmeile.

Und er publiziert nicht unter seinem eigenen Schweizer Namen Kohli, sondern unter dem Pseudonym James Douglas.

Und dennoch ist Ulrich Kohli ein durch und durch schweizerischer Autor. Nur sein Genre erscheint unschweizerisch: Polit-Thriller mit Schweiz-Bezug.

Böses geschieht auch in der Schweiz

Laut gängigen Klischees gilt immer noch, dass Politik in der Schweiz relativ langweilig ist. Zweitens sollte sie möglichst ohne internationale Einmischung bleiben. Und hier bricht Kohli alias Douglas jede Menge Tabus.

Schlimm genug, dass er die Handlungsorte auch in der Schweiz ansiedelt. Er erdenkt beklemmende Handlungsabläufe (Plots), die ein heimatlos internationales Lese-Publikum fesseln, vielen bodenständig kritischen Schweizern jedoch kalte Schauer den Rücken herunterjagen könnten.

Denn er entweiht mit Vorliebe Ikonen helvetischen Sicherheitsempfindens, die die klassischen Thriller-Autoren des Kalten Kriegs noch stehen liessen. Indem er Staudämme hochgehen oder Uran verschwinden lässt, von Gold und Banken oder Entführung von Politikern nicht zu sprechen, wird die Schweiz von Agenten nicht mehr wie bisher einfach als Tummelplatz benutzt, sondern auch echt bedroht.

Zeitlich erschienen seine Romane bisher immer so, dass die Stories oft als Phantasieprodukte abgetan wurden – bevor sich ähnliches dann wirklich zutrug.

Immer sehr gut recherchiert

Thematisch gesehen gilt seine Vorliebe dem, was in der einheimischen Literatur weniger populär ist: Der neue Bedrohungstypus, der weltweite Terror, Verschwörungen, Mord, Koffer-Atombomben, Bio-Waffen – immer gut recherchiert. Grundböse Protagonistinnen und Protagonisten, die es wagen, auch in der heilen Schweiz selbst ihr Unwesen zu treiben – die gar selbst Schweizer sind.

Er wagt es ausserdem, nicht in erster Linie für ein rein schweizerisch (denkendes) oder zumindest deutschsprachiges Publikum zu schreiben – seine Kundschaft liest ihn vor allem in Englisch. Dort trifft er den Ton, man verzeiht ihm gewisse deftige Stilmittel und krasse Beschreibungen, die hierzulande schon die Grenze literarischer Empfindsamkeit touchieren.

swissinfo: Ulrich Kohli, weshalb schätzen die eigentlich weltoffenen Schweizer die Welt so oft falsch ein?

Ulrich Kohli: Als vielsprachige und vielgereiste Leute sind wir Schweizer sicher viel weltoffener als die meisten anderen Europäer. Doch oft wird Weltoffenheit nur den Progressiven oder Linken zugetraut.

Weltoffenheit ist eine Geisteshaltung. Sie kann auch konservativ sein, das beweisen die vielen Auslandschweizer. Auf die will man aber in der Schweiz selbst nicht hören. Der Grund, weshalb ich so vieles auf der weltpolitischen Bühne für meine Thriller-Plots vorwegnehmen kann, liegt darin, dass ich gründlich recherchiere und halbwegs ein Auslandschweizer-Dasein führe.

Ich bin auch in New York zu Hause. Das schützt mich etwas vor der thematischen Voreingenommenheit meiner Heimat. Es gibt im Ausland Tausende von Schweizern, die erfolgreich sind. Aber in der Schweiz scheint die öffentliche Meinung stark von Bürokraten und der Staatsgläubigkeit geprägt zu sein, die prozentual mit der Staatsquote einhergeht.

swissinfo: Andererseits fürchtet man sich hierzulande mehr von den Brüsseler Bürokraten als vor Al Kaida, wenn man die Angst vor Schengen und der EU sieht. Wie können Sie sich das als Bedrohungs-Spezialist erklären?

U. K.: Brüssel liegt eben näher, und seine bürokratische Auswüchse machen uns mehr Angst als der internationale Terror. Wir hoffen, dass man uns verschont. Al Kaida ist uns fern, nicht recht fassbar – wir glauben nicht, dass Anschläge auch bei uns passieren können. Als Thriller-Schreiber rüttle ich auf und warne vor dem Kopf-in-den-Sand-stecken.

Ich glaube, die Schweiz verdrängt ihre Bedrohung im Innern.

swissinfo: Sprechen Sie das innenpolitische Tabu einer Bundespolizei an?

U. K.: Ja – auch. In anderen Ländern passiert im Innern ständig etwas. Deswegen ergibt sich auch eine andere Haltung gegenüber der Notwendigkeit von mehr innerer Sicherheit. Zentrale Polizei- und Sicherheitskräfte werden eher akzeptiert.

swissinfo: Was sagen Sie in diesem Bereich voraus?

U. K.: Die Privatisierung im Sicherheitsbereich wird in der Schweiz unabwendbar. Wie überfordert die Polizei ist, zeigt sich jeweils an Weltanlässen wie in Davos am Weltwirtschaftsgipfel oder letztes Jahr rund um das G8-Fiasko in der Westschweiz.

Eigentlich wäre es mir lieber, die Ressourcen aus der traditionellen Armee würden umverteilt. Diese riskiert ohnehin einen langsamen Bedeutungsverlust.

swissinfo: Damit tritt man innenpolitisch in einen weiteren Fettnapf. Die Armee dürfe ja nicht im Inneren als Sicherheitsapparat missbraucht werden.

U. K.: Wir leben ja nicht mehr im Kalten Krieg. Heute schiessen Soldaten auch nicht mehr auf Streikende. Die Bedrohungssituation hat sich verändert, ins Innere verlagert. Dem müsste in der Schweiz die Sicherheitspolitik konsequenter Rechnung tragen.

Man reagiert jeweils auf Ereignisse, statt vorausschauend zu verhüten. Nach dem Attentat im Zuger Parlament wurden sofort die Einganskontrollen im Bundeshaus verschärft.

Dagegen, dass ein Laster den Eingang zum Bundeshaus rammt und das ehrwürdige 100jährige Bundeshaus mit einer Sprengladung einstürzen lässt, unternimmt man gar nichts.

Mehr Überwachung und Technologie ist gefragt, weniger traditionelle Verteidigung. Diese Gewichtsverlagerung muss kommen.

swissinfo: Genau von diesem Stoff leben Ihre Bücher. Die geänderte Bedrohung zieht sich als roter Faden durch Ihre Geschichten.

U. K.: Auf solchen Themen basierende Plots lassen sich ja spannend zubereiten. Was für mich als Bedrohungs-Experte Wirklichkeit ist, macht wohl als Fiktion meinen Erfolg als Autor aus. Ich habe vieles in Roman-Form vorweg genommen, das sich nachher ähnlich wirklich zugetragen hat.

Die Nazigold-Affäre habe ich in «Goldauge» vorweg beschrieben – als viel in den USA lebender Auslandschweizer konnte ich sie eher kommen sehen. In «Atemlos nach Casablanca» kommt ein Anschlag der Al Kaida auf zwei Gebäude in New York vor – der Roman kam ein Jahr vor dem 11. September 2001 heraus.

swissinfo: Weshalb treffen Sie denn oft ins Schwarze?

U. K.: Terrorismus funktioniert nicht ohne mediales Spektakel. Deshalb gibt es kaum atomaren oder biologischen Terror. Da kann ja kein Kameramann mehr ins verseuchte Gebiet. Terror braucht Helden mit Pistolen, sichtbare Explosionen und zerstörbare Symbole.

swissinfo, Alexander Künzle

Ulrich Kohli: Geboren bei Guggisberg in Bern, Reporter während des Studiums, Kriminalistik- und Gerichtserfahrung, Anwalt, Oberst, Spezialist für Sicherheitsfragen.
Der jüngste Roman (2004): «Des Teufels Botschafter»: Eine Verschwörung im Weissen Haus, unterlegt mit Kampfmikroben, Killer-Agentinnen, G8- und Nahost-Implikationen.

Frühere Werke:
«Brennpunkt Philadelphia»: Geheimbünde, Drogen- und Atommafia (Hollywood-Projekt).
«Goldauge»: Das Vermögen ermordeter Juden.
«Der Sintfluter»: Sekten-Führer, Natur-Katastrophen, Terroranschlag.
«Die Entführung»: Politkrimi im Sammelband «Im Morgenrot».
«Atemlos nach Casablanca»: US-Flugzeugträger gerät in einen Hinterhalt.

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