Politik soll Menschenhandel bekämpfen
Die Schweiz nimmt an einer Konferenz in Wien teil, die sich mit Massnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels beschäftigt.
Eine Schweizer Expertin an der Konferenz sagt, das Ziel sei nicht nur, den Menschenhandel zu bekämpfen, sondern die Opfer besser zu schützen.
Das eintägige Treffen wird von der österreichischen Regierung und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) organisiert.
Es gibt zwar keine verlässlichen Statistiken, aber der Europarat schätzt, dass weltweit etwa 500’000 Menschen Opfer von Menschenhandel sind.
Ruth-Gaby Vermot-Mangold, Schweizer Parlamentarierin und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europa-Parlaments, sagte, dass es allein in der Schweiz 3000 Opfer gibt, vor allem Frauen und Kinder.
Gegenüber swissinfo erläuterte sie, dass internationale Abkommen, Verträge und Konventionen durchaus Massnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels enthalten, doch den Regierungen fehle es an politischem Willen, diese umzusetzen.
An der Konferenz will Vermot-Mangold das jüngste Abkommen erläutern, die Europarats-Konvention über Massnahmen gegen Menschenhandel.
Die Schweiz hat das Abkommen bisher nicht unterschrieben
Nur gerade 25 der 46 Mitgliedstaaten haben das Abkommen bisher unterschrieben. Die Schweiz ist nicht unter ihnen.
Das Schweizer Parlament soll das Thema nächste Woche behandeln, aber es gibt keine Garantie, dass das Abkommen angenommen wird. Denn es verlangt, dass die Regierungen die Opfer auf jeden Fall unterstützen, ob sie Arbeitsgenehmigungen haben oder illegal im Land sind.
Der Satz, der den Opfern physische und psychische Unterstützung, Beratung und Unterkunft zusichert, widerspricht den schweizerischen Einwanderungsgesetzen.
Die Bundesbehörden führten in den vergangenen Jahren eine Reihe von Massnahmen ein, um Asylsuchende und illegale Einwanderer strenger zu beurteilen. Dabei lehnen sie es ab, Fälle von Personen zu behandeln, die keine gültigen Identitätspapiere haben.
Vermot-Mangold erläuterte gegenüber swissinfo, die Konvention garantiere den Opfern 30 Tage Zeit, um dem Einfluss der Menschenschmuggler zu entkommen.
Neue Identität
In Fällen, bei denen das Leben bedroht ist oder die wegen der Zusammenarbeit mit den Kriminalbehörden im Land bleiben müssen, sollen erneuerbare Aufenthaltsgenehmigungen und sogar «neue Identitäten» zur Verfügung gestellt werden.
Vermot-Mangold sagte, Länder wie die Schweiz müssten grössere Anstrengungen unternehmen, um durch ihre Botschaften bei den Mädchen und Frauen das Bewusstsein zu stärken, dass sie möglicherweise durch Versprechen von Arbeitsbewilligungen hinters Licht geführt würden.
«In der Schweiz gibt es viele minderjährige Opfer, doch die kamen mit Ausweisen, die besagten, sie seien 18 oder 19 Jahre alt.»
Viele der Frauen, die in Westeuropa ins Sexgeschäft gezwungen werden, sind Ukrainerinnen, Usbekinnen, Moldawierinnen und Rumäninnen. Viele unter ihnen sind zuerst durch so genannte Transit-Länder wie Albanien und die Türkei gekommen.
Vermot-Mangold sagte, dass schnell Massnahmen ergriffen werden müssten, um das wachsende Problem in den Griff zu bekommen.
Swissinfo, Dale Bechtel
(Übertragung aus dem Englischen: Susanne Schanda)
Nur 25 von 46 Mitgliedern des Europarates haben die Konvention der Staaten-Organisation zum Kampf gegen den Menschenhandel unterzeichnet.
Die Schweiz hat das Abkommen nicht unterzeichnet, obwohl der Menschenhandel auch hier gesetzlich strafbar ist.
Die Schweiz hat 2003 eine Koordinationsstelle gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel (KSMM) geschaffen, deren Ziel es ist, die UNO-Konvention gegen das transnationale organisierte Verbrechen und die fakultativen Protokolle anzuwenden.
Mit einem Personalbestand von nur 5 Leuten habe die KSMM allerdings nicht genügend Mittel, um effektvoll handeln zu können, meint die Schweizer Parlamentarierin Ruth-Gaby Vermot-Mangold.
Der Menschenhandel betrifft rund 500’000 Personen in Europa, 3000 in der Schweiz, im Wesentlichen Frauen und Kinder.
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