Powells Rede wird Kriegsgegner nicht überzeugen
Der Appell von Colin Powell am WEF in Davos genüge nicht, um die Anti-Kriegs-Gefühle zu ändern, erklärte der Schweizer Bundespräsident Pascal Couchepin.
Gegenüber swissinfo bezeichnete Couchepin die Rede des US-Aussenministers allerdings als «sehr gut».
«Er ist ein guter Redner. Er sagte allerdings nichts Neues, ausser, dass er die Notwendigkeit einer Militäraktion betonte», erklärte der Bundespräsident und Innenminister Couchepin. Laut Couchepin reicht die Rede mit Sicherheit nicht aus, um jene zu überzeugen, die an der US-Politik zweifeln.
«Die Rede war eine klare Bestätigung der US-amerikanischen Sicht», so Couchepin.
Powells Rede vor 2000 Spitzenvertretern aus Wirtschaft und Politik am World Economic Forum in Davos war ein eindringlicher Aufruf, hart gegen Irak durchzugreifen.
Powell betonte erneut, dass die USA zu einem militärischen Schlag gegen Irak bereit seien, im Alleingang oder innerhalb einer Koalition.
«Wir müssen nicht heute oder morgen entscheiden, aber die Zeit läuft ab», so Powell.
Unwiderlegbarer Beweis nicht nötig
Washington habe zum Ziel, den Irak allenfalls gewaltsam abzurüsten – mit oder ohne Unterstützung der UNO – sollte Saddam Hussein seine Waffen und Dokumente nicht freiwillig herausrücken.
Laut dem amerikanischen Aussenminister liegt es nicht an den UNO-Inspektoren, die Beweislast zu liefern. «Irak muss den Inspektoren Auskunft über seine Massenvernichtungswaffen geben.»
Das WEF von drohendem Irak-Krieg überschattet
Powells Rede war der Höhepunkt des 33. Wirtschaftsforums im Bündner Ski- und Kurort Davos – das sich in erster Linie um einen drohenden Krieg gegen Irak dreht.
Beobachter zeigten sich überrascht vom Ausmass anti-amerikanischer Haltungen, die in vielen Diskussionen zum Vorschein kamen:
Viele einflussreiche Wirtschaftsführer und Politiker Europas sind in Davos präsent. Der Gipfel wiederspiegelt ein gesamteuropäisches – und auch schweizerisches – Unbehagen gegenüber den US-Plänen im Zusammenhang mit Irak.
«Getrübte Partnerschaft»
Laut Colin Powell sind Meinungsverschiedenheiten zwischen Europa und den Vereinigten Staaten nichts Neues. «Differenzen sind unausweichlich. Sie sollten jedoch nicht mit amerikanischem Unilateralismus oder Arroganz gleichgesetzt werden», betonte er.
Der US-Aussenminister erinnerte die WEF-Teilnehmer daran, dass die USA Europa vor der «Tyrannei des Faschismus» gerettet hätten und Europa dabei geholfen habe, seine Vitalität zurückzugewinnen.
Die USA haben laut Powell mehrmals bewiesen, dass sie bei ihrem Vorgehen gegen den irakischen Präsidenten Saddam Hussein das Vertrauen ihrer Alliierten verdienten: «In dieser Sache können Sie uns vertrauen.»
Leben oder Tod
In seiner Rede nahm Powell auch Bezug auf Iraks Waffenprogramm und fragte unter anderem nach dem Verbleib von 30’000 potentiellen chemischen Sprengköpfen und drei Tonnen Basismaterial zur Herstellung biologischer Kampfstoffe.
«Diese Fragen sind weder akademisch noch trivial. Es geht dabei um Leben oder Tod», so Powell.
Couchepin begrüsste Powells Verteidigung der US-Bereitschaft, so genannte «Hard-Power» (Anwendung militärischer Gewalt) mit «Soft-Power» (Diplomatie und Dialog) zu verbinden.
«Es stimmt, dass die USA immer sowohl Soft-Power wie auch Hard-Power anwendeten. Powell hat dies einfach hervorragend ausgedrückt», sagte Couchepin.
swissinfo, Jacob Greber, Sonderkorrespondent in Davos
(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)
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