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Prävention bleibt Gebot der Stunde

Schwarz auf gelb: die neue Aids-Kampagne. BAG

Deutliche Slogans, schwarz auf gelb in der ganzen Schweiz plakatiert, und Appelle der Behörden: Die Stop-Aids-Kampagne 2003 will aufrütteln.

Denn die Zahl der HIV-Infektionen in der Schweiz ist 2002 um einen Viertel angestiegen.

«Grüss Gott, Herr Pfarrer, wenn Rom es schon nicht gerne hat, dass Sie über Verhütung sprechen, reden Sie doch über Präservative» – mit frechen, ironischen oder ernsten Texten geht die Stop-Aids-Kampagne schwarz auf gelb auf die Bevölkerung zu.

Die Slogans sind klare Botschaften, weil vor allem die Ansteckung durch sexuelle Kontakte zugenommen hätten, sagte Ruth Rutman, Geschäftsleiterin der Aids-Hilfe Schweiz.

Und das verwundere sie nicht, so Rutmann, wenn sie in der Boulevardzeitung «Blick» Aussagen eines Mannes wie diese lese: «Wir leben in einem kleinen Bergdorf, da hat niemand Aids!»

So kommt Rutman zum Schluss: «Ungeschützter Sex findet in der Schweiz auch im Jahr 16 der Stop-Aids-Kampagnen statt.» Die Safer-Sex-Regeln sind bekannt, aber im «Eifer des Gefechtes» werde das Kondom halt vergessen.

Alle werden angeprochen

Deshalb richtet sich die diesjährige Stop-Aids-Kampagne mit rund 120 Texten auf gelben Plakaten an die Gesamtbevölkerung und an sämtliche Risikogruppen.

Das beginnt bei der Kirche, welche das Thema gerne unter den Tisch wische, geht weiter zu den Freiern, zu denen, die zum Seitensprung ansetzen, bis hin zu Homo- und Bisexuellen. Angesprochen werden sollen alle, auch Lesben, Migrantinnen und Migranten oder frisch Verliebte.

Die Kampagne ist in zwei Phasen unterteilt. In einer ersten soll unmittelbar nach Ostern während rund einem Monat die Gesamtbevölkerung angesprochen werden. Ab August dann wendet sich die Kampagne speziell an die erwähnten Zielgruppen.

Keine Heilung

Die Kampagne will daran erinnern, dass Aids trotz aller medizinischer Fortschritte eine lebensbedrohliche Krankheit geblieben ist. «Deshalb», so Ruth Rutmann,» bleibt Prävention das Gebot der Stunde».

Allerdings habe HIV/Aids dank dem medizinischen Forschritt, besonders dank den Kombinations-Therapien, sein Antlitz verändert. Aus der direkt tödlichen sei eine behandelbare Krankheit geworden, die bei uns kaum mehr sichtbar sei. Und weil dem so sei, werde die Krankheit nicht mehr überall ernst genommen.

«Die Katastrophe findet hinter verschlossenen Türen oder anderswo – in Afrika – statt.» Die HIV-positiven Menschen in der Schweiz seien zwar im Vergleich mit jenen in den ressourcenschwachen Gebieten privilegiert, sagte Rutman, «doch Heilung ist auch bei uns nicht in Sicht». Schutz sei alleweil besser und einfacher als die komplizierte Therapie mit all den Nebenwirkungen der Medikamente.

Ein Viertel mehr

Bis Mitte Februar 2003 wurden in der Schweiz insgesamt 789 positive Resultate von HIV-Tests registriert. Dies entspricht einer Zunahme von 25 Prozent gegenüber 2001.

Eine Schätzung auf Grund der vorliegenden Daten ergab, dass im Jahr 2002 zwischen 180 und 200 neue Aidsfälle diagnostiziert wurden. Das sind in etwa gleich viele, wie in den beiden Jahren zuvor, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in seinem aktuellen Bulletin.

Hauptansteckungsweg ist der heterosexuelle Kontakt und der sexuelle Kontakt von Männern zu Männern. Stabilisiert hat sich demgegenüber die Zahl der Ansteckungen durch Drogeninjektion.

«Gäbe es eine einfachere und praktikablere Präventions-Strategie als das Kondom, würden wir sie plakatieren. Aber es gibt keine», sagte Ruth Rutmann zum Schluss.

swissinfo, Urs Maurer

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