Radlegende Ferdi Kübler erneut im Rampenlicht
1950 gewann Ferdi Kübler als erster Schweizer Radrennfahrer die Tour de France. Heute ist die fast 84 Jahre alte Sportlegende der älteste noch lebende Sieger der schwersten Rundfahrt der Welt.
Grund genug für einen Dokumentarfilm über Kübler anlässlich der 100. Tour de France.
Ferdi Kübler ist bereits zu Lebzeiten eine Legende. Trotz seiner eindrücklichen Erfolge im Sattel ist er stets bescheiden geblieben und nie dem süssen Reiz des Luxus erlegen wie mancher seiner Kollegen.
Wohl nicht zuletzt auch deswegen wurde er klar zum Schweizer Sportler des 20. Jahrhunderts gewählt. Nun ist er erneut in den Medien, porträtiert in einem Dokumentarfilm des Westschweizer Fernseh-Journalisten Bertrand Duboux.
Der Adler von Adliswil
Kübler war aber auch im Ausland sehr bekannt und populär, und ist es bis heute geblieben. Die velobegeisterten Franzosen bezeichnen Kübler seiner markanten Nase wegen beispielsweise als «l’aigle d’Adliswil», den Adler von Adliswil.
Aber ohne die Unterstützung, die ihm die Journalistin, Schriftstellerin und Regisseurin Anne Cunéo letztes Jahr bei der Tour de Suisse unverhofft angeboten hatte, wäre dieser Dokumentarfilm wohl für immer ein unerfüllter Traum geblieben.
«Es war gar nicht so einfach», erzählt Bertrand Duboux. Der Sportjournalist des Westschweizer Fernsehens und Radspezialist sprach schon seit mehreren Jahren vom Projekt, einen Dokumentarfilm über die Schweizer Radlegende Ferdi Kübler zu realisieren.
Eine unglaubliche Energie
«Ferdi Kübler war ein ausserordentlicher Rennfahrer, der noch fünfzig Jahre nach dem Ende seiner Karriere sehr bekannt ist», betont Cunéo bei der Montage des Films.
Im Studio in der Industriezone von Kloten, wo sie dem Film den letzten Schliff gibt, erinnert sich die Regisseurin mit Freude an die Drehtage mit diesem «anziehenden Herrn von fast 84 Jahren».
«Er hat eine unglaubliche Energie», fährt sie fort. «Und sobald er merkte, dass unser Projekt sein Privatleben nicht berührt, spielte er wunderbar mit.»
Kübler war bereit, während knapp drei Wochen an einige Orte zurückzukehren, an denen er grosse Siege errang oder bittere Niederlagen einstecken musste. Für ihn war es eine Gelegenheit, von Gefühlen zu sprechen, die noch heute in ihm wach sind.
Starke Augenblicke
So zum Beispiel von der Tour de France 1950, die er im Maillot Jaune des Siegers beendete. «Diese Tour und der Weltmeistertitel sind meine schönsten Erinnerungen», schwärmt Kübler.
An die Tour von 1949 denkt er dagegen mit weniger Begeisterung zurück, denn damals hatte er den Gesamtsieg nur knapp verpasst. «Das war der schlimmste Augenblick in meiner Karriere», erzählt der frühere Champion, und noch immer schwingt etwas Zorn in seiner Stimme mit.
«Da war ich an der Spitze – und dann hatte ich einen ‚Platten’! Ich musste zwanzig Minuten warten, bis ein Reparaturwagen kam, weil meiner einen Unfall hatte.»
Im Film kommen die Duelle mit einem anderen Schweizer Meister zur Sprache: Hugo Koblet.
Im 50-minütigen Film werden zwischen den Interviews immer wieder verschiedene Archivdokumente und Zeugnisse einiger seiner ehemaligen Rivalen gezeigt.
Eiserner Wille
Alle erinnern sich an den Schweizer Weltmeister als aussergewöhnlichen Star mit eisernem Willen.
«Ferdi Kübler ist ein Mythos, eine Legende, und seine grössten Siege waren meine grössten Niederlagen», erzählt sein früherer italienischer Gegenspieler Fiorenzo Magni vor der Kamera.
swissinfo, Mathias Froidevaux
(Übertragung aus dem Französischen: Charlotte Egger)
Ausstrahlung des Dokumentarfilms «Ferdi national“:
SF DRS2 sendet den Dokumentarfilm am Samstag, 5. Juli um 16.00h, TSR2 am Sonntag 6. Juli um 21h20 und Arte am 9. Juli am Abend.
Der Sportjournalist Bertrand Duboux und die Journalistin, Schriftstellerin und Regisseurin Anne Cunéo haben zusammen den Dokumentarfilm «Ferdi national Kübler» gedreht.
Das Budget des rund 50 Minuten dauernden Dokumentarfilms liegt zwischen 330’000 und 350’000 Franken.
Die beiden haben 20 Tage lang in der Schweiz, Frankreich und Belgien.
Mehrere frühere Weltmeister, die mit Ferdi Kübler gefahren waren, erzählen von ihren Duellen mit dem Schweizer Rennfahrer. So zum Beispiel Raphaël Geminiani.
Die Archivaufnahmen mit Ferdi Kübler stammen aus der Schweizer Cinemathèque, aus Frankreich (INA) und aus Belgien.
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