Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

«Rekorde sind da, um gebrochen zu werden»

Keystone

Zwischen dem French Open 2007 und den Olympischen Spielen 2012 in London sind 22 Grand Slam Titel zu holen. Roger Federer braucht noch fünf, um auch den letzten grossen Rekord zu brechen.

Federer könnte den Rekord von Pete Sampras – 14 Titel – lange vor London knacken, das sich nach Sicht vieler als passender Karriere-Abschluss für den dann 31 Jahre alten Schweizer anbieten würden.

«Fast alle Tennisfans, welche die Männer-Tour am Fernsehen mitverfolgen, haben im Verlauf der letzten Jahre erlebt, was man als ‹Federer-Momente› bezeichnen könnte», schrieb David Foster von der New York Times.

«Es sind diese Momente, wenn dir beim Spiel des Schweizers die Kinnlade herunterklappt, die Augen hervorquellen und du derart merkwürdige Geräusche machst, dass die Ehefrau aus dem Zimmer nebenan heran läuft, um zu schauen, ob es dir gut geht.»

Es gibt viele solcher Momente zur Auswahl, aber der Schuss von hinter der Grundlinie durch seine Beine im Spiel gegen Daniele Bracciali am Dubai Open 2007 hatte gar Federer selbst ein freches Grinsen entlockt.

Während die Leistungen von Pete Sampras unbestreitbar bleiben, gab es nur wenig Leute, die «Sampras-Momente» erlebten. Zudem meisselt der erst knapp 26 Jahre alte Federer seinen Namen langsam aber sicher in die Tennis-Rekordbücher.

Sampras selber sagte über Federer: «Ich denke, er kann und wird alle bisherigen Tennis-Rekorde brechen.»

«Grosses Ziel»

Neben dem Platz hat Federer etwa 70 Preise gewonnen, darunter drei Mal in Folge die Auszeichnung als Weltsportler des Jahres (Laureaus Award), etwas, das noch keinem Athleten zuvor je gelungen war.

Im Mai 2007 stand sein Name auf der vom US-Magazin Time jährlich veröffentlichten Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt.

Den Anspruch Federers auf herausragende Grösse besiegeln würde der Grand Slam, der heilige Gral des Tennis. Das letzte Mal, dass ein Spieler den Grand Slam schaffte, den Gewinn der vier wichtigsten Turniere in Folge, liegt fast 40 Jahre zurück.

Bevor Federer dies gelingt, muss er das French Open Turnier auf dem Sandplatz von Roland Garros gewinnen. «Und das wird nicht einfach», sagt der legendäre Trainer Nick Bollettieri gegenüber swissinfo.

Denn das Spiel auf Sandplätzen ist nicht Federers Stärke, schon mehrmals ist er in Paris gescheitert, befindet sich jedoch damit in guter Gesellschaft: Auch Sampras, Boris Becker, Jimmy Connors, Stefan Edberg und John McEnroe haben das French Open nie gewonnen.

Doch Federer ist motiviert. Im Vorfeld des diesjährigen Turniers in Paris, das am 27. Mai beginnt, stehen drei Masters Turniere auf seinem Plan: Monte Carlo, Rom und Hamburg.

«Ich bin gut vorbereitet auf die Sandplatz-Saison», hatte Federer im März erklärt. «Ich freue mich auf Paris. Das ist klar mein grosses Ziel. Seit dem Australian Open ist in meiner Planung alles für das French Open aufgegleist.»

Allerdings gab es bei Vorbereitungen auf Paris einen ersten Einbruch, als Federer am 22. April im Final am Masters von Monte Carlo auf Sand zum fünften Mal hintereinander von Nadal geschlagen wurde.

Noch mehr Grund zur Sorge bot Federers Niederlage am 10. Mai im Achtelfinal in Rom gegen den Wildcard-Italiener Volardi. «Natürlich muss ich herausfinden, was falsch lief, aber es ist nicht das Ende der Welt, ich habe jetzt mehr Zeit, mich auf Hamburg vorzubereiten», sagte er nach dem Aus in Rom.

Rekordbrecher

Während der Griff nach dem Grand Slam also noch nicht geschafft ist, kann Federer sonst eine ganze Serie von Rekorden ausweisen. Dazu gehört auch die höchste je erreichte Punktzahl in der Rangliste am Ende eines Jahres – 8370 Ende 2006 – sowie im selben Jahr mit 8’343’885 Dollar die höchste Preisgeldsumme in einer einzigen Saison.

Noch nicht geknackt hat er den schon 30 Jahre alten Rekord von Guillermo Vilas, der 47 Siege hintereinander geschafft hatte.

«Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Wenn es mir nicht gelingt, fange ich einfach wieder von vorne an», hatte er nach 42 Siegen in Serie erklärt. Nur um kurz darauf am 11. März in Indian Wells gegen Guillermo Cañas zu verlieren, die erste Niederlage seit dem Spiel gegen Andy Murray im August 2006.

Ende Februar 2007 hatte Federer den von Jimmy Connors seit 30 Jahren gehaltenen Rekord von 160 ununterbrochenen Wochen an der Spitze der Weltrangliste gebrochen. Federer ist nun seit dem 2. Februar 2004 die Nummer 1.

«Das ist ein schöner Rekord, keinen, den man über Nacht schafft», sagte er. «Und einer, der nicht einfach zu knacken ist.»

In der Allzeit-Liste der totalen Anzahl von Wochen als Nummer 1 steht Federer nun an vierter Stelle. Mit insgesamt 286 Wochen steht Sampras an der Spitze, vor Ivan Lendl mit 270 und Connors mit 268.

Unschlagbar?

Federer sei auf dem Weg, der wahrscheinlich beste Tennisspieler aller Zeiten zu werden, hatte James Blake erklärt, bevor er in den Viertelfinals am US Open 2006 von Federer geschlagen wurde. «Aber er ist immer noch ein Mensch.»

Sandspezialist Nadal und der neue Angstgegner Cañas sind die einzigen Spieler, gegen die Federer als Nummer 1 mehr als eine Niederlage einstecken musste.

Andy Murray erklärte: «Um Federer zu schlagen, musst du daran glauben, dass du gewinnen kannst. Und viele Spieler glauben nicht, dass sie das tun können.»

Andy Roddick glaubt, dass er es schaffen kann – aber nur mit etwas Hilfe: «Vielleicht müssen wir uns zusammenraufen, unsere Kräfte bündeln, so ähnlich wie die Power Rangers (Fernsehserie)», sagt er scherzend.

Und Rod Laver, von vielen bis heute als der grösste Spieler aller Zeiten betrachtet, schätzt, der beste Weg, Federer zu schlagen, «wäre es, ihm mit dem Schläger eins über den Kopf zu ziehen».

Federers dominierende Stellung löst bei einigen Spielern Frustration, aber auch Respekt aus.

«Es ist zwar schade, dass ich nicht gegen Pete Sampras antreten kann, aber es ist in Ordnung, denn auf der Tour werde ich Federer sehen», sagte Ivan Ljubicic, Halbfinal-Teilnehmer am French Open 2006.

«Und so werde ich meinem Grosskind eines Tages erzählen können, dass ich gegen den besten Spieler der Welt gekämpft habe.»

swissinfo, Thomas Stephens
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Ein Spieler, der alle vier Grand-Slam-Turniere (Australian Open, French Open, Wimbledon und US Open) in Folge gewinnt, hat den Grand Slam geschafft.

Von einem «echten» Grand Slam wird gesprochen, wenn alle vier Titel im selben Kalenderjahr gewonnen werden.

Rod Laver ist der einzige Spieler der Open-Ära (nach 1968), der einen «echten» Grand Slam geschafft hat, 1969.

Andre Agassi hat zwar alle vier Titel geholt, aber nicht in einem Jahr (Karrieren Grand Slam).

Grand Slam Turnier-Titel (Open-Ära)
14: Pete Sampras
11: Björn Borg
10: Roger Federer
8: Andre Agassi, Jimmy Connors, Ivan Lendl

Unvergleichbares zu vergleichen führt selten weit. Wer ist besser, Pelé oder Maradona? Fangio oder Schumacher? Der dünne Elvis oder der fette?

Zudem machen technische Fortschritte Vergleiche gerade auch im Tennis eher unsinnig. Dennoch äussern sich viele Top-Spieler zu der Frage.

«Er ist der begabteste Spieler, den ich in meinem Leben je sah – und ich habe viele Leute spielen sehen. Ich sah Laver, ich spielte gegen einige der ganz Grossen – Sampras, Becker, Connors, Borg und andere mehr. Dieser Mann könnte der grösste Star aller Zeiten werden.»
John McEnroe

«Da gibt es diesen Mann aus der Schweiz, der spielt wie ich keinen – und ich meine keinen – zuvor je spielen sah. Er ist einer, der die Grössten überholen kann.»
Boris Becker

«Er ist der Beste, gegen den ich je gespielt habe. Man kommt nirgendwo hin, was auch immer man versucht, er hat eine potenzielle Antwort darauf.»
Andre Agassi

«Heute bist du entweder Sandplatz-Spezialist, Rasen-Spezialist, Hartplatz-Spezialist – oder du bist Roger Federer.»
Jimmy Connors

«Federer ist der beste Spieler der Tennis-Geschichte. Kein anderer Spieler hatte je solche Qualitäten.»
Rafael Nadal

«Ich wäre geehrt, würde man mich auch nur mit Roger vergleichen. Er hat ein unglaubliches Talent und ist zu allem fähig. Roger könnte der grösste Tennis-Spieler aller Zeiten werden.»
Rod Laver

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft