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Risiken und Chancen in Irak für Schweizer Firmen

Der Wiederaufbau der irakischen Stromversorgung gehört zu den lukrativen Geschäften. Keystone

Schweizer Unternehmen wägen die Chancen für potenziell lukrative Aufbau-Aufträge in Irak gegen die Risiken ab.

Vertreter von rund 50 Firmen trafen sich letzte Woche in Zürich, um Geschäfts-Möglichkeiten im immer noch unstabilen Land zu erörtern.

Überschattet wurde das Treffen von Bedenken um die Sicherheitslage: Letzte Woche hatten die Angriffe auf Ausländer einen blutigen Höhepunkt erreicht, als vier Bodyguards einer amerikanischen Sicherheitsfirma getötet und ihre Körper durch die Strassen von Falludscha geschleift wurden.

Dieser Zwischenfall warf, nur wenige Tage vor der geplanten Eröffnung der Geschäftsmesse «Destination Baghdad Expo» in der irakischen Hauptstadt, ein Schlaglicht auf die weiterhin unsichere Lage im Land. Die Messe wurde schliesslich aus Sicherheitsgründen auf vorerst unbestimmte Zeit verschoben.

Die Morde an ausländischen Zivilpersonen werden auch als Warnung verstanden, dass es eine gefährliche Angelegenheit sein kann, in Irak Geschäfte zu tätigen.

Schweizer Verbindungsbüro zurückhaltend

«Wir können es Schweizern nicht empfehlen, nach Irak zu reisen», sagt Martin Aeschbacher, Leiter des Schweizer Verbindungsbüros in Bagdad, gegenüber swissinfo. «Es drohen immer noch ziemlich viele Gefahren.»

Der Schweizer Diplomat betont aber auch, dass sich die Situation stark verbessert habe, seit er im letzten Mai in Bagdad angekommen sei.

«Damals herrschte eine Art Anarchie. Heute ist die Polizei sehr viel stärker präsent, und die normale Kriminalität hat abgenommen.»

Politisch motivierte Gewalttaten haben laut Aeschbacher allerdings zugenommen. Er glaubt, dass Ausländer, die am Wiederaufbau des Landes beteiligt sind, zunehmend zur Zielscheibe werden.

Handel und Exporte fördern

Der Anlass in Zürich war von der Osec organisiert worden, der halbstaatlichen Exportförderungs-Agentur der Schweiz.

Wie viele Schweizer Firmen derzeit mit Irak wirtschaftliche Verbindungen pflegen, ist offen. Die Statistiken weisen fürs Jahr 2003 ein Exportvolumen in den Irak von 38,4 Mio. Franken aus.

Importe in die Schweiz wurden keine verzeichnet. Im Rekordjahr 1982 waren noch Waren im Wert von 648,4 Mio. Franken in den Irak exportiert worden.

Drei Schweizer Unternehmen haben ständige Niederlassungen im Zweistromland: Der Technologiekonzern ABB, der Agrochemie-Konzern Syngenta und die Firma Bühler, welche in Nahrungsmittel-Chemie und chemischer Verfahrenstechnik tätig ist.

Wie viele andere Schweizer Firmen im Irak Geschäfte abwickeln, weiss Aeschbacher nicht. «Es gibt eine beachtliche Anzahl von Unternehmen, die auf die eine oder andere Art im Irak tätig sind», sagt er. «Einige exportieren direkt, andere haben einen Auftragnehmer im Irak, wieder andere handeln via Kuwait oder Jordanien mit dem Land.»

Möglichkeiten für Schweizer

Die neutrale Schweiz gehört nicht zur Koalition um die Vereinigten Staaten, die den Krieg gegen Saddam Hussein führte und nun in Irak stationiert ist. Deshalb können Schweizer Firmen auch keine Wiederaufbau-Aufträge erhalten, die mit öffentlichen Geldern aus den USA finanziert werden.

Die US-Botschafterin in Bern, Pamela Willeford, versicherte aber kürzlich in einem Interview mit swissinfo, dass Schweizer Firmen trotzdem willkommen seien.

«Es gibt verschiedene Formen, wie Schweizer Firmen involviert werden können», sagte Willeford. «Wir versuchen Wege zu finden, dass Unternehmen aus der ganzen Welt an der wirtschaftlichen Entwicklung im Irak teilhaben können.»

Aeschbacher vom Verbindungsbüro sieht mögliche Formen für Schweizer Firmen in Kooperationen. «Man kann Subunternehmer für amerikanische oder britische Firmen werden. Auch die irakischen Ministerien haben Ausschreibungen, um die sich bereits Schweizer Firmen beworben haben.»

Schweizer Tugenden hoch im Kurs

Schweizer hätten durchaus gute Karten, solche Aufträge zu erhalten, meint der Diplomat Aeschbacher. «Die Schweiz allgemein, Schweizer Produkte und Schweizer Unternehmen haben einen sehr guten Ruf im Irak.»

Die Frage bleibt allerdings, ob Schweizer Unternehmen bereit sind, die Risiken einzugehen. Aeschbacher: «Ich bezweifle, dass in naher Zukunft viele Schweizer Firmen in den Irak kommen. Mittelfristig bin ich sicher, dass es viele sein werden.» Denn: «Das Potenzial ist da. Alle müssen für sich selber entscheiden.»

swissinfo, Robert Brookes, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Philippe Kropf)

Der halbstaatliche Exportförderer Osec hat in Zürich ein Treffen organisiert, um Geschäfts-Möglichkeiten für Schweizer Firmen in Irak aufzuzeigen.

Schweizer Unternehmen können keine Haupt-Verträge übernehmen, weil die Schweiz nicht zur Kriegs-Koalition gehört.

Chancen als Sub-Unternehmer sollten aber genügend vorhanden sein.

Laut dem höchsten Schweizer Vertreter in Bagdad ist die Sicherheit im Lande aber noch nicht gewährleistet.

Ausländische Geschäftsleute und Angestellte wurden schon mehrfach Opfer von Anschlägen.

Exporte nach Irak:
1982: 680,4 Mio. Franken
2003: 38,4 Mio. Franken

ABB, Syngenta und Bühler unterhalten ständige Niederlassungen im Irak

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