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Saddam Hussein bei Sonnenaufgang exekutiert

Die Hinrichtung von Saddam Hussein hat weltweit Reaktionen hervorgerufen. Keystone

Der irakische Ex-Präsident Saddam Hussein ist am Samstagmorgen bei Tagesanbruch gehängt worden. Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit war er zum Tod verurteilt worden.

Saddam wurde im Dezember 2003 von US-Soldaten gefangen genommen. 1979 hatte er die Macht in Irak durch einen Putsch übernommen.

Die Hinrichtung des ehemaligen irakischen Diktators Saddam Hussein verlief nach Aussagen von Augenzeugen schnell und ruhig. «Er machte einen ruhigen Eindruck und starb sofort», sagte ein irakischer Regierungsvertreter. Es seien Fotos und Videoaufnahmen gemacht worden.

Der 69-Jährige sei gefesselt gewesen, aber mit unbedecktem Gesicht, sagte der Augenzeuge weiter, der bei der Vollstreckung des Todesurteils am Samstagmorgen dabei war.

Den Angaben zufolge sprach Saddam unmittelbar vor seiner Hinrichtung das muslimische Glaubensbekenntnis «Es gibt keinen Gott ausser Gott und Mohammed ist sein Prophet». Der Verurteilte habe aber keine andere Bemerkung mehr gemacht, als er von den Polizisten zum Galgen geführt worden sei.

Der Nationale Sicherheitsberater des Iraks, Mowaffak al-Rubaie, sagte dem staatlichen Fernsehen, Saddam habe den Eindruck eines gebrochenen Mannes hinterlassen, aber keine Reue gezeigt. Er habe es abgelehnt, mit verhülltem Kopf zu sterben.

Kurz vor seinem Tod sei ihm nochmals das Urteil und dessen Bestätigung durch ein Berufungsgericht verlesen worden.

Auch gegen den ehemaligen Geheimdienstchef Barsan Ibrahim – ein Halbbruder des 2003 gestürzten Präsidenten – und den früheren Vorsitzenden des Revolutionsgerichts, Awad Hamed al Bandar, wurde die Todesstrafe verhängt, aber noch nicht vollstreckt.

Die irakische Regierung hat Opfern von Saddam Hussein die Gelegenheit gegeben, die Leiche des Hingerichteten zu sehen. Dafür wurde der Tote in das Büro des Ministerpräsidenten Nuri al-Mailiki im Bagdader Regierungsviertel gebracht.

Kritik …

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) missbilligt die Hinrichtung von Saddam Hussein. Er sei ein Krimineller gewesen und habe vor Gericht gestellt und bestraft werden müssen.

Für die Schweiz sei die Todesstrafe aber auch bei schwersten Verbrechen nicht vertretbar, teilt das EDA mit.

Das EDA sei weiterhin höchst besorgt über die dramatische Sicherheitslage im Irak, hiess es weiter. Es hoffe, dass die Prozesse gegen die ehemaligen
Verantwortlichen der irakischen Diktatur einen Beitrag zur Bewältigung der Vergangenheit leisteten. Die Versöhnung sei eine notwendige Bedingung für den Aufbau einer Gesellschaft, in der Stabilität, Demokratie und Frieden vorherrschten.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnete die Hinrichtung als einen bedeutsamen Schritt weg von den Menschenrechten. Das Verfahren gegen Saddam habe schwere Mängel aufgewiesen, heisst es in einer Erklärung der Organisation vom Freitagabend.

Als barbarisch hat die EU-Kommission die Hinrichtung Saddam Husseins verurteilt. EU-Entwicklungshilfekommissar Louis Michel sagte, die Vollstreckung des Urteils könnte Saddam zu einem Märtyrer machen. «Man kann Barbarismus nicht mit Mitteln bekämpfen, die genauso barbarisch sind», sagte er und fügte hinzu: «Die Todesstrafe ist mit einer Demokratie nicht vereinbar.»

Auch der Vatikan hat die Hinrichtung von Saddam Hussein verurteilt. Ein Sprecher bezeichnete es als tragisch, dass der frühere irakische Präsident gehängt worden sei. Dieser Schritt werde nicht dabei helfen, die irakische Gesellschaft zu versöhnen oder ihr Gerechtigkeit zu verschaffen. Möglicherweise werde es jetzt zu einem weiteren Anstieg der Gewalt im Irak kommen.

swissinfo und Agenturen

… und Freude

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat die Anhänger des hingerichteten Saddam Husseins aufgefordert, sich an der politischen Neuordnung des Landes zu beteiligen. «Die Tür steht noch immer für alle offen, die kein unschuldiges Blut an den Händen haben, beim Wiederaufbau des Iraks für alle Iraker zu helfen.»

Maliki führt eine Regierung an, die von Schiiten und Kurden dominiert wird. Die beiden Gruppen wurden unter Saddam systematisch verfolgt.

Irakische Exilanten in den USA feierten die Hinrichtung Saddam Husseins. Dutzende von ihnen verbrachten die Nacht der Hinrichtung in Detroit im US-Bundesstaat Michigan gemeinsam und zählten die Stunden bis zur Vollstreckung des Todesurteils. Als die Nachricht kam, feierten sie sie mit einem Strassenfest.

US-Präsident George W. Bush nannte die Hinrichtung von Saddam Hussein das Ergebnis eines fairen Prozesses, wie ihn der irakische Exstaatschef «den Opfern seines brutalen Regimes» vorenthalten habe.

Die britische Aussenministerin Margaret Beckett zeigte sich erfreut, dass Saddam von einem irakischen Gericht wenigstens für einige der schrecklichen Verbrechen am irakischen Volk gebüsst worden sei. Die britische Regierung respektiere die Entscheidung der Iraker, wenngleich sie selbst die Todesstrafe ablehne.

Saddam Hussein hat den Irak seit seinem Staatstreich 1979 bis zum April 2003 regiert.

Am 13. Dezember 2003 wurde der Ex-Diktator nach einer achtmonatigen Flucht durch die US-Armee in seinem Versteck in Tikrit, nördlich von Bagdad, in einem Erdloch aufgespürt. Die Bilder seiner Gefangennahme gingen um die Welt.

Seine Söhne Kussai und Udai wurden drei Monate früher von US-Truppen getötet.

Der 69-jährige Saddam Hussein war bis zu seiner Hinrichtung in einem amerikanischen Gefängnis in der Nähe des Flughafens von Bagdad inhaftiert.

Bei seinem Prozess zeigte er sich arrogant und kampflustig, und lehnte wiederholt das irakische Sondergericht ab, das ihn zu beurteilen hatte.

Der am 28. April 1937 in Awja in der Region Tikrit geborene Saddam Hussein hat eine schwierige Kindheit. Als Halbwaise wächst er bei einem Onkel auf.

Bekannt wird er 1959, als er versucht, Präsident Abdel Karim Kassem zu ermorden, der ein Jahr früher die Monarchie gestürzt hatte.

Verletzt flüchtet er ins Ausland und kehrt vier Jahre später wieder zurück. 1964 wird er inhaftiert und flüchtet 1966. 1968 nimmt Saddam Hussein am Staatsstreich teil, der die Baath-Partei an die Macht bringt.

Er steigt schnell auf. 1979 wird er Staatsoberhaupt, Generalsekretär der Baath-Partei und Armeechef in Personalunion.

Das Abendland verschliesst seine Augen vor den Verbrechen von Saddams Regime und unterstützt es, weil Irak gegen Iran kämpft.

1990 fällt Saddam in Kuwait ein. Er löst damit den Golf-Krieg von 1991 aus.

Trotz eines Embargos provoziert er die USA weiter.

Im März 2003 marschiert ohne Zustimmung der UNO eine multinationale Streitmacht unter der Führung der USA in Irak ein. Saddam wird vorgeworfen, den Terrorismus zu unterstützen und Massenvernichtungswaffen zu besitzen. Beides kann ihm aber nicht nachgewiesen werden.

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