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Samih Sawiris: «Geld wirkt Wunder»

Der Unternehmer auf seiner Spielwiese: Samih Sawiris oberhalb des Urserntals bei Andermatt. Keystone

"Alpentourismus – Aufbruch oder Einbruch?" fragten Touristiker an einer Podiumsdiskussion im Schweizerischen Alpinen Museum in Bern. Für den ägyptischen Investor und "Erfinder von Neu-Andermatt" ist die Wirtschaftskrise im richtigen Moment gekommen.

«Stellen Sie sich vor, wir hätten im Überschwang drauflos gebaut und wären dann unvorbereitet in die Krise gestolpert», sagte Samih Sawiris am Freitag in Bern. So gesehen sei die Krise zu diesem Zeitpunkt «fast ein Geschenk», weil sie vorsichtiger und konservativer mache.

Doch nicht alle halten Sawiris› Tourismus-Projekt in Andermatt für vorsichtig. Mario Broggi von der Mava Stiftung für Naturschutz gab an der Diskussion im Alpinen Museum seinem Erstaunen Ausdruck, wie schnell der ägyptische Unternehmer die Urner Bevölkerung, den Kanton und selbst den Bundesrat für sein Projekt gewinnen konnte.

«Für Herrn Sawiris hat die Schweizer Regierung sogar die Lex Furgler ausser Kraft gesetzt», sagte Broggi und kritisierte, wie dehnbar der Begriff der Nachhaltigkeit ausgelegt wurde.

«Schnell nennen Sie das», entgegnete Sawiris ironisch, «seit vier Jahren bin ich bereits mit dem Projekt beschäftigt, und wir haben noch gar nicht zu bauen begonnen. Bei uns in Ägypten dauert ein solcher Prozess vier Wochen.»

Ärger über Verzögerungen

Bei allem Enthusiasmus für das Projekt in Andermatt gab es immer wieder auch Einwände und Kritik. Als Sawiris schon fast am Ziel war, drohte jemand mit einer Einsprache und das Projekt wäre fast zu Fall gekommen. Das ärgerte ihn.

«Wenn eine kleine Minderheit eine Mehrheit stoppen kann, ist dies für mich nicht demokratisch», sagte Sawiris gegenüber swissinfo. Er habe 90% Zustimmung gehabt und ist überzeugt: «Mit 80% wäre das Projekt wahrscheinlich gescheitert, weil es mehr Einsprachen und Verzögerungen gegeben hätte.»

Für ihn bedeute Demokratie, wenn die Mehrheit bestimme, auch wenn sie noch so knapp sei. Doch ans Aufgeben denkt der Macher nicht: «Warum sollte ich? Jetzt, wo wir’s geschafft haben.» Wenn er allerdings gewusst hätte, wie gross das Risiko sei, an den Einsprachen zu scheitern, hätte er es wohl nicht gewagt.

Zwischen St. Moritz und Zermatt

Das Tourismus-Projekt in Andermatt mit 710 Wohnungen und 6 Luxushotels mit rund 600 Zimmern wird immer wieder als überdimensioniert dargestellt. «Dabei sind wir kleiner als jede andere bedeutende Destination in der Schweiz», sagte Sawiris.

An der Diskussion lieferte Hanspeter Danuser, der einstige Kurdirektor von St. Moritz, die Zahlen dazu: «St. Moritz hat 20’000 Betten, davon 5000 Hotelbetten, in Zermatt sind es 25% mehr.»

Auch für das aus anderen Tourismusdestinationen bekannte Phänomen der «kalten Betten» hat Sawiris eine Lösung parat. Grundsätzlich müsse Andermatt als Ganzjahresbetrieb funktionieren. Er wolle die potentiellen Käufer von Wohnungen persönlich überzeugen, während ihrer Abwesenheit ein Zimmer zu vermieten.

Dabei sollen finanzielle Anreize zum Ziel führen. «Wenn ein Käufer sieht, dass sein Nachbar das Appartement zum halben Preis bekommt, weil er ein Zimmer weitervermietet, macht der es auch», sagte Sawiris. Der Unternehmer hat aus Erfahrung gelernt: «Geld wirkt Wunder. Und wer stur bleiben will, soll dafür zahlen.»

«Keine Zaha Hadid»

Wirtschaftlichkeit und Rentabilität stünden nicht im Widerspruch zu einem respektvollen Umgang mit der Natur und den alten Dorfstrukturen. Denn diese seien ein Anreiz, nach Andermatt zu kommen.

«Die Verbindung des alten und des neuen Andermatts ist bei dem Projekt die grösste Herausforderung», betont Sawiris. Man solle nicht sofort sehen, was neu sei. Deshalb gebe es keine Glastürme und bei den Architekten keine Stars wie Zaha Hadid.

Die Bildung eines Ferienresorts nach einem Masterplan ist für die Schweiz neu und ungewohnt. Für erfahrene Touristiker wie Hanspeter Danuser hat das Projekt in Andermatt Vorbildcharakter: «Es zeigt, dass man Ferienresorts von Anfang an als Einheit planen kann.»

swissinfo, Susanne Schanda

Das Podiumsgespräch mit dem ägyptischen Investor Samih Sawiris, dem ehemaligen Kurdirektor von St. Moritz Hanspeter Danuser und dem Forscher und Umweltschützer Mario Broggi fand im Alpinen Museum Bern statt.

Dort ist noch bis am 16. August 2009 die Ausstellung «Zimmer frei – Alpenhotels zwischen Abbruch und Aufbruch» zu sehen.

Dabei werden 11 aktuelle alpine Hotelprojekte vorgestellt: geplante und verwirklichte, klassische und gewagte, einfache und luxuriöse.

Architekturmodelle, historische Fotografien und Objekte vermitteln die Atmosphäre von alpinen Hotels in der Schweiz.

Unter dem Stichwort «Global Village» werden touristische Grossprojekte von ausländischen Investoren aus den letzten 100 Jahren vorgestellt.

Samih Sawiris wurde 1957 in Kairo geboren. Dort besuchte er die Deutsche Schule.

Er entstammt einer der bedeutendsten ägyptischen Unternehmerfamilien.

Nach dem Studium in Berlin trat er in den elterlichen Konzern ein.

Ende 2005 stellte er in Andermatt sein Projekt eines Ferienresorts mit rund 600 Betten und einem Golfplatz vor.

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