Schärferer Kampf gegen die Geldwäscherei
Die Eidgenössische Bankenkommission hat eine neue Geldwäscherei-Verordnung erlassen. Sie beinhaltet schärfere Sorgfaltspflichten für die Banken, gültig ab 1. Juli 2003.
Die Bankiervereinigung ihrerseits will ihre Kunden genauer identifizieren.
Neue, strengere Richtlinien und gleichzeitig ein anders ausgerichtetes Geldwäscherei-Bekämpfungssystem erhält die Schweiz ab 1. Juli 2003. Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) drückt im Kampf gegen Geldwäscherei, Potentatengelder und Terrorfinanzierung also aufs Gaspedal.
Elektronische Erfassung und Risikoprofil
Banken und Effektenhändler müssen von Mitte 2003 an schärfere Sorgfaltspflichten beachten und sehr schnell, nämlich innerhalb eines Jahres, für eine elektronische Überwachung von Risikogeschäften sorgen.
Konkret heisst dies unter anderem, dass die Kunden in Risikokategorien aufgteteilt werden, je nach Höhe der Einlagen und dem politischen Hintergrund eines Kunden. Bei Kunden von Privatbanken liegt eine solche finanzielle Risikogrenze zum Beispiel bei Beträgen ab 1 Mio. Franken.
Gleichzeitig wird ein computergestützes Profil der Transaktionen erstellt, welches unübliche Kontobewegungen aufspürt und Alarm schlägt. Die Institute sind dann angehalten, solche unüblichen Bewegungen abzuklären und bei erhöhtem Risiko zu melden.
Richtlinien werden Verordnung
Die neuen Vorschriften sind Gegenstand einer Geldwäschereiverordnung, die die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) auf den kommenden 1. Juli in Kraft gesetzt hat. Die bisher in Richtlinien verankerten Sorgfaltspflichten werden damit verschärft und gesetzlich auf die Stufe einer Verordnung gehoben.
Gelernt aus Fall Abacha
Die Aufsichtsbehörde zieht damit die Lehren aus den Fällen Abacha und Montesinos. Sie schliesst sich dem internationalen Trend zu zusätzlichen Vorkehrungen gegen die Finanzierung von Terroristen an.
Die neue Verordnung steht im Kontext eines eigentlichen Strategiewechsels in Sachen Geldwäscherei-Bekämpfung, sagt der Basler Strafrechtsprofessor und Experte in der Materie, Mark Pieth.
Von der Regelbasis zur Risikoorientierung
Die Schweiz wechselt von einem regelbasierten System auf ein risikoorientiertes System. Strafrechtsprofessor Mark Pieth: «Es ist ein neuer Ansatz, ein Risk Based Approach. Früher sagten die Aufsichtsbehörden, welche Regeln gelten. Das war nicht so geschickt, weil die Banken einfach Vorschriften einhielten, aber nicht mitdachten.»
Haftung juristischer Personen
Die Selbstverantwortung der Banken wird also grösser. Das Ziel sei klar. Wie es erreicht wird, sei aber den Banken überlassen, so Pieth. Diese Selbstverantwortung wird den Banken jedoch nicht blind gewährt.
Ebenfalls dieses Jahr wird nämlich die strafrechtliche Haftbarkeit juristischer Personen eingeführt, erläutert Pieth. Banken können also für eine Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht dingfest gemacht werden.
Gesetz betrifft auch ausländische Niederlassungen
Neu ist auch die Pflicht zur globalen Überwachung für Finanzkonzerne: Der Geltungsbereich der Verordnung wird auch auf ausländische Niederlassungen ausgedehnt.
Das heisst, die Überwachungsorgane der Finanzkonzerne und die externen Revisoren müssen sich bei Bedarf auch Zugang zu Geschäftsbeziehungen aller Gruppengesellschaften verschaffen können. Diese können also Auskünfte nicht unter Hinweis auf die lokale Gesetzgebung verweigern.
Bankiervereinigung doppelt nach
In der detaillierten Umsetzung der Sorgfaltspflicht meldete auch die Schweizer Bankiervereinigung, welche die Umsetzung regelt, verschärfte Richtlinien. Neu werden bei der Identifikation der Kunden zwingend Geburtsdatum und Nationalität erfasst, um später gesuchte Personen sicherer identifizieren und unbeteiligte Dritte besser ausschliessen zu können.
Persönliche Identifikation von Unternehmen
Weiter müssten bei der Identifikation von juristischen Personen, die nicht im Handelsregister eingetragen seien, die eröffnenden natürlichen Personen identifiziert werden. Die Bank muss dabei eine Fotokopie von Pass oder Identitätskarte samt Echtheitsbescheinigung verlangen.
Schliesslich wird die Identifikationsart «persönlich bekannt» abgeschafft. Auch Personen, die dem Bankangestellten persönlich bekannt seien, müssten sich in Zukunft ausweisen.
Spitzen-Standards
Die Schweiz ist mit den Neuerungen eines der ersten Länder weltweit, das solche Spitzenstandards adoptiert. Diese Änderung steht natürlich auch im Kontext des Bankengeheimisses, das man wahren will.
Nur mit einer strengeren und glaubwürdigen Überwachung der Konten lässt sich die Institution des derzeit stark unter Beschuss geratenen Bankgeheimnisses verteidigen.
Dies bestätigt auch Mark Pieth: «Die Schweiz wäre sonst zu exponiert».
swissinfo mit Agenturen
Neue Verordnung gegen Geldwäscherei ab 1. Juli 2003
Die Transaktionen werden elektronisch überwacht
Die Kunden werden in Risikokategorien aufgeteilt
Die Neuerung ist ein eigentlicher Systemwechsel
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
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