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Schengenraum kommt, doch Zollkontrolle bleibt

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Nicht weil sich viel, sondern weil sich wenig ändert an der Schweizer Grenze, ist die Umsetzung des Schengen-Abkommens im Spätherbst für die Eidgenössische Zollverwaltung eine grosse Herausforderung. Oberzolldirektor Rudolf Dietrich erklärt warum.

Voraussichtlich ab Dezember wird das Schengen-Abkommen für die Schweiz umgesetzt. Dieses öffnet den Reiseverkehr an den Grenzen zu unseren EU-Nachbarn – aber nur für Personen, nicht für Waren.

Viele Reisende, egal ob In- oder Ausländer, gehen nun davon aus, dass mit dem Beitritt der Schweiz zum Schengenraum alles gleich wird wie zwischen den EU-Ländern selbst – dass zum Beispiel auch Zollkontrollen wegfallen.

Weshalb dem nicht so ist, sondern vieles so bleibt wie bisher – namentlich die Warenkontrollen – erklärt Oberzolldirektor Rudolf Dietrich:

swissinfo: Ausweiskontrollen beziehen sich auf Personen, Zollkontrollen auf Waren. Verwechseln das nicht viele Reisende?

Rudolf Dietrich: In der Schweiz ist das schwierig auseinanderzuhalten, denn hier führen die gleichen Personen, Grenzwächter in der Regel, beides durch.

Im Rahmen einer Zollkontrolle kann weiterhin eine Person überprüft werden, falls der Verdacht besteht, dass diese zum Beispiel ein Delikt begangen hat oder nicht berechtigt ist einzureisen.

In allen andern europäischen Ländern agieren Zöllner und Grenzpolizisten separat.

swissinfo: Welche Kontrollen werden durch den Schweizer Beitritt zum Schengenraum berührt?

R.D.: Es geht ausschliesslich um die Kontrolle der Personen.

Bei der Waren-Kontrolle bleibt alles, wie es ist, und zwar deshalb, weil die Schweiz mit der EU nicht eine Zollunion mit Binnenmarkt eingegangen ist, wie die EU-Länder unter sich. Schengen bezieht sich nur auf die Personenkontrollen.

swissinfo: Haben andere Länder einen ähnlichen Status?

R.D.: Kaum. Einige Ähnlichkeiten weisen Norwegen und Island auf. Auch diese haben keine Zollunion mit der EU. Sie sind aber im Europäischen Wirtschaftsraum EWR, den die Schweizer 1992 verworfen hatten.

Diese Länder liegen zudem geografisch marginal und haben – verglichen mit der Schweiz – wesentlich weniger Grenzübertritte zu verzeichnen. Bei uns im Zentrum Europas kommt es pro Tag zu 600’000 Grenzübertritten in die Schweiz.

swissinfo: Und was passiert mit den Schweizer Einkaufstouristen, die für Milliarden-Beträge im nahen Ausland günstig shoppen?

R.D.: Der Einkaufstourismus ist das klassische Beispiel: Da ändert sich mit Schengen gar nichts. Die Waren dieser Einkäufer werden genau gleich behandelt wie bisher.

swissinfo: Es scheint ein bisschen ein Informations-Defizit zu herrschen. Wie wollen die Zoll- und Grenzbehörden dagegen angehen?

R.D.: Schengen tangiert verschiedene Bundesstellen. Je näher der Zeitpunkt der Umsetzung rückt, umso intensiver werden wir die Reisenden informieren.

swissinfo: Ändert etwas im Umgang mit den Einreisenden, die Verbotenes einführen, oder mit Schmugglern?

R.D.: Auch hier ändert nichts.

swissinfo: Was geschieht mit ihnen?

R.D.: Das hängt ganz vom Vergehen ab. Bei kleineren Vergehen müssen sie eine Busse bezahlen und natürlich die Einfuhrabgaben nachentrichten. In schwerwiegenderen Fällen, also bei organisiertem, bandenmässigem Schmuggel, werden sie strafrechtlich verfolgt.

swissinfo: Wird denn die Rolle der Grenzwächter durch Schengen neu definiert?

R.D.: Dank der verbesserten Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Sicherheitsbehörden werden wir in Zukunft gezielter kontrollieren können.

Mit Schengen wird weder Personal noch Infrastruktur an den Grenzen abgebaut.

swissinfo-Interview: Alexander Künzle

Täglich reisen mehr als 660’000 Personen und 330’000 Fahrzeuge in die Schweiz ein. Dafür stehen mehrere hundert Strassen und Wege zur Verfügung.

Kontrollen sind deshalb schon heute nur stichprobenweise möglich. Sie stützen sich auf systematische Risikoanalysen.

Aus taktischen Gründen setzt das Grenzwachtkorps gegen 40% seiner Kräfte schon heute mobil im Grenzraum ein.

Mit Schengen ändert sich an diesem Sachverhalt wenig.
(Quelle: EFD)

Der 1950 im Berner Oberland geborene Rudolf Dietrich schliesst sein Rechtsstudium in Bern als Fürsprecher ab.

Ab 1976 arbeitet er im Rechtsdienst des Eidgenössischen Finanzdepartements, dessen Leitung er 1989 übernimmt.

1994 übernimmt er als Oberzolldirektor die Gesamtleitung der Eidgenössischen Zollverwaltung.

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