Schweiz appelliert für Stabilität in Kirgistan
Die Schweiz hofft auf Ruhe und Ordnung in Kirgistan, zwei Tage nachdem Strassenproteste den Präsidenten Askar Akajew aus dem Land vertrieben hatten.
Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) plant offenbar keine Evakuierung von Schweizer Staatsangehörigen.
In Kirgistan hat sich die Lage in der Hauptstadt Bischkek nach erneuten nächtlichen Unruhen am frühen Samstag beruhigt. Seit Mitternacht (Ortszeit) seien laut Polizei keine grösseren Vorfälle mehr registriert worden.
Bei Auseinandersetzungen zwischen Randalierern und Polizei sei mindestens drei Plünderer getötet worden. Etwa 20 Menschen wurden nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax verletzt.
Auch in der zweiten Nacht nach dem Sturz der alten Regierung hatten Jugendliche in der zentralasiatischen Republik versucht, mit Gewalt in Geschäfte und Banken einzudringen.
Am 26. Juni wird ein Nachfolger des gestürzten Präsidenten Askar Akajew gewählt. Das beschloss das Parlament am Samstag, wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete.
Russland und die USA signalisieren Verständnis
Der geflüchtete Präsident Askar Akajew hat inzwischen von Russland Asyl erhalten.
Russlands Präsident Wladimir Putin kritisierte den Umsturz in Bischkek als unrechtmässig. Putin sagte jedoch, er sei bereit, mit der neuen Führung zusammenzuarbeiten.
US-Aussenministerin Condoleezza Rice sprach sich für baldige Wahlen in Kirgistan aus.
Menschenrechte einhalten
Das EDA hat «jegliche Gewalt» verurteilt und auf die Einhaltung der Zivil- und Menschenrechte gepocht.
Die Schweizer Regierung hofft, dass die neue Führung für Ruhe, Ordnung und Stabilität sorgen und sich bald wieder auf den Kampf gegen Armut und die Entwicklung des Landes konzentrieren könne.
Aktives IKRK
Am Donnerstag und Freitag hatten IKRK-Mitarbeiter die Spitäler Bischkeks besucht. Es sei genug medizinisches Material vorhanden, um die Verletzten zu behandeln.
IKRK-Leute zählten etwa 60 Verletzte, die in den Spitälern der Hauptstadt behandelt wurden, wie IKRK-Sprecher Vincent Lusser am Karfreitag erklärte. Keiner davon habe Schussverletzungen aufgewiesen.
IKRK und Roter Halbmond
Fünf IKRK-Delegierte arbeiten in Kirgistan mit dem Roten Halbmond zusammen. Die Delegierten besuchen laut Lusser normalerweise Gefangene in der zentralasiatischen Republik und haben in den Anstalten ein Programm zum Kampf gegen Tuberkulose lanciert. Zudem gebe es Programme zum Völkerrecht.
Für die fünf Delegierten wurden laut IKRK keine speziellen Sicherheitsmassnahmen angeordnet; sie seien angehalten, sich von Unruhen fern zu halten und neutral zu bleiben. «Die Ereignisse dieser Tage stellen keine Konfliktsituation dar,» sagte der IKRK- Sprecher weiter.
60 Schweizerinnen und Schweizer
Insgesamt leben in Kirgistan laut Angaben der Schweizer Behörden 60 Menschen mit Schweizer Pass; 12 davon arbeiten für das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) oder Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie Helvetas.
Gemäss DEZA sind bis Freitag alle Touristen, die sich im Süden der ehemaligen Sowjetrepublik aufhielten, auf dem Landweg nach Bischkek gelangt.
Projekte im Süden, die von der Schweiz finanziert und von NGOs betreut werden, sind laut DEZA vorübergehend eingestellt worden. Ausgenommen seien jene, die sich um Vermittlung im Konflikt bemühten, hiess es am Freitag weiter.
swissinfo und Agenturen
Die Ex-Sowjetrepublik Kirgistan ist ein Schwerpunktland Schweizer Entwicklungs-Zusammenarbeit.
Der Bund gibt für Kirgistan rund 19 Mio. Franken pro Jahr aus.
Seit 1992 vertritt die Schweiz zudem die sogenannte Helvetistan-Gruppe, der auch Kirgistan angehört, bei den internationalen Finanzinstitutionen.
Kirgistan ist ein weitgehend muslimisches Land mit fünf Mio. Einwohnern. Es grenzt an Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan sowie im Osten an China.
Wegen seiner Nähe zu Afghanistan haben die USA bei Bischkek einen Truppenstützpunkt eröffnet.
Auch Russland hat in Kirgistan Truppen für den Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität stationiert.
Die USA und Russland konkurrieren zudem um den Zugang zu den reichen Energievorräten der Region.
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