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Schweiz gibt Salinas-Gelder an Mexiko zurück

Die blockierten Gelder von Raul Salinas in der Schweiz fliessen nach Mexiko zurück. Keystone / Monica Rueda

Nach 13 Jahren zieht die Schweiz einen Strich unter die Affäre um die blockierten Gelder von Raul Salinas, Bruder des mexikanischen Ex-Präsidenten. Der eidgenössische Untersuchungsrichter hat entschieden, 74 Mio. Dollar an Mexiko herauszugeben.

Die Affäre geht auf den November 1995 zurück. Damals liess die damalige Bundesanwältin Carla Del Ponte die Frau von Raul Salinas und deren Bruder auf einer Bank in Genf verhaften. Sie wollten eine hohe Geldsumme von einem Konto von Raul Salinas abheben.

Die Bank war aber vorgewarnt, hatte die Bundesanwaltschaft (BA) doch 118,5 Mio. Dollar auf Salinas-Konten in der Schweiz und in London beschlagnahmt. Und zwar im Zuge eines Verfahrens wegen Drogendelikten und Geldwäscherei gegen den Bruder des früheren mexikanischen Präsidenten Carlos Salinas de Gortari und weitere Beschuldigte.

Übergabe an mexikanische Justiz

Die aufwendigen Ermittlungen führten zu einem unbefriedigenden Resultat. Im Oktober 1998 stellte die BA das Verfahren gegen Salinas ein, wollte jedoch die beschlagnahmten Gelder einziehen. Auch dies misslang, weil das Bundesgericht im Juli 1999 die Einziehungs-Verfügung mangels Zuständigkeit der BA aufhob.

Der Fall Salinas ging deshalb an die Genfer Justiz, wo Untersuchungsrichter Paul Perraudin nochmals ein aufwendiges Ermittlungsverfahren führte. Im November 2002 übergab die Schweiz auf Antrag Perraudins den Fall samt rund 300 Bundesordnern voll Ermittlungsakten an die mexikanische Justiz.

Rund 110 Mio. Dollar blieben aber in der Schweiz gesperrt. Die mexikanische Justiz leitete unterdessen ein Verfahren gegen Raul Salinas wegen Unterschlagung von staatlichen Geldern ein und gelangte, wie jetzt bekannt wurde, am 19. Dezember letzten Jahres mit einem Gesuch zur Herausgabe der blockierten Salinas-Gelder an die Schweiz.

Salinas-Clan geht leer aus

Nach dem Schweizer Rechtshilfeverfahren wäre die Rückgabe von Geldern eigentlich erst auf Grund eines rechtskräftigen Einziehungs-Entscheids im ersuchenden Staat möglich. Bei Vermögenswerten mit offensichtlich kriminellem Ursprung kann jedoch die vorzeitige Herausgabe erfolgen.

Analog zur Rückgabe der Abacha-Gelder an Nigeria machte die Schweiz nun von dieser Ausnahmebestimmung Gebrauch, wie der Sprecher des Bundesamts für Justiz (BJ), Folco Galli, am Mittwoch bestätigte. Und zwar im Fall von 66 Mio. Dollar. Zusammen mit den aufgelaufenen Zinsen würden so demnächst etwa 74 Mio. Dollar an Mexiko überwiesen. Alle Beteiligten sicherten zu, von der Rekursmöglichkeit gegen diese Rechtshilfeverfügung nicht Gebrauch zu machen.

Im Falle von weiteren 45 Mio. Dollar hob der eidgenössische Untersuchungsrichter die Blockierung auf. Es fliesse aber kein Geld an die Salinas zurück, betonte Perraudin. Vielmehr handle es sich um Mittel, bei denen die Ermittlungen keinen Hinweis auf einen kriminellen Ursprung ergeben hätten.

Diese Gelder waren Raul Salinas zum Zwecke der Gründung einer Investmentgesellschaft zur Verfügung gestellt worden, wie Galli sagte. Bereits früher war bekannt geworden, dass der Berechtigte an diesen Geldern der mexikanische Milliardär Carlos Peralta Quintero ist.

Raul Salinas sitzt in Mexiko seit 1995 eine Gefängnisstrafe von 27 Jahren ab. Er wurde für schuldig befunden, den Mord an seinem Schwager und Generalsekretär der Partei Institutionalisierte Revolution (PRI) angeordnet zu haben.

Gegen Missbrauch vorgehen

Der Fall unterstreicht laut der Mitteilung erneut den Willen der Schweiz, gegen den Missbrauch ihres Finanzplatzes vorzugehen und kriminelle Vermögenswerte den Opfern zurückzuerstatten.

Perraudin ordnete zudem an, dass der Bund 2,2 Mio. Franken und der Kanton Genf 1,1 Mio. Franken aus den blockierten Geldern zur Deckung der Untersuchungskosten erhalten.

Die Aktion Finanzplatz Schweiz (AFP) begrüsst den Entscheid des eidgenössischen Untersuchungsrichters grundsätzlich: «Wir bedauern aber, dass über die weitere Verwendung der Gelder mit Mexiko keinerlei Abmachungen getroffen wurden» sagte der Co-Geschäftsleiter Max Mader.

swissinfo und Agenturen

Die Schweiz hat im letzten Jahrzehnt über 1,6 Mrd. Dollar, die auf Konten blockiert waren, in die Heimatländer ausländischer Machthaber zurückfliessen lassen.

Die beiden grössten Fälle – mit Vermögenswerten von je mehr als einer halben Milliarde Dollar – betreffen die Philippinen und Nigeria, beziehungsweise Ferdinand Marcos und Sani Abacha. Sie markieren auch wichtige Wendepunkte im Umgang der Schweiz mit Potentatengeldern.

Der Bundesrat hatte am 24. März 1986 die Marcos-Gelder eingefroren. Bis das Geld zurückfloss, dauerte es aber zwölf Jahre.

Im Fall Abacha wurde auf Grund eines wegweisenden Urteils des Bundesgerichts von Anfang 2005 erstmals eine grosse Geldsumme ohne Vorliegen eines Gerichtsentscheids im Herkunftsland zurückerstattet.

Letztes Jahr abgeschlossene Abkommen der Schweiz mit allen Beteiligten und der Weltbank sollen es ermöglichen, in der Schweiz blockierte Schmiergelder in der Höhe von gut 100 Mio. Franken nach Kasachstan zurückzuführen.

Noch immer sind in der Schweiz Gelder der gestürzten Diktatoren Jean-Claude Duvalier und Mobutu Sese Seko blockiert. Wenn bis Ende August, beziehungsweise bis zum 15. Dezember dieses Jahres keine Lösung gefunden werden kann, geht das Geld an die Entourage der früheren Diktatoren zurück.

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