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Schweiz verlangt Auskunft über CIA-Flüge

Hat die CIA Terrorverdächtigte auch durch den Schweizer Luftraum geflogen? Keystone

Die Schweiz will von den USA wissen, ob Gefangene mit geheimen Flügen durch den Schweizer Luftraum transportiert wurden.

Gelegen kam da der Besuch der amerikanischen Aussenministerin Condoleezza Rice in Deutschland, wo die Folterflüge ein zentrales Thema waren.

Die Schweizer Sektion von Amnesty International machte zusätzlich Druck auf die Regierung, nachdem die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey Mitte November Auskunft vom Aussenministerium in Washington verlangt hatte.

Die Schweizer Regierung hatte im September auf die Anfrage eines Parlamentariers bestätigt, dass drei Zwischenlandungen zweier US-Flugzeuge in Genf registriert worden seien.

Die Maschinen sollen angeblich zu so genannten Foltertransporten beziehungsweise zur Entführung von Terrorverdächtigen verwendet worden sein. Washington hat bislang keine Antworten geliefert.

Carine Carey, Sprecherin im Schweizer Aussenministerium, sagte gegenüber swissinfo, dass die Schweizer Botschaft in Washington Mitte November in dieser Frage beim US-Aussenministerium vorstellig geworden sei.

«Es besteht der Verdacht, dass bei diesen Überflügen und Landungen in der Schweiz Gefangene transportiert wurden. Unter anderem darüber haben wir Auskünfte verlangt», sagt Carey.

Besagte Flüge seien als private Flüge deklariert worden und die Schweiz habe keine Kenntnisse über deren Ziele und die Identität der Passagiere an Bord, so Carey. «Die Schweiz weiss also nicht, ob die CIA diese Flüge organisiert hat. Darüber verlangten wir Auskunft von den USA.»

«Sollten diese Behauptungen bestätigt werden, dann würde die Schweiz diese Vorkommnisse verurteilen, doch bislang gibt es keine Beweise.»

Schleier der Geheimhaltung

Die Schweizer Sektion von Amnesty International zeigt sich bestürzt über den Mantel des Schweigens, der über die Geschichte gebreitet worden sei.

«Wir stellen Fragen und wir machen Druck auf die Schweizer Regierung, um Auskünfte zu erhalten», sagt Amnesty-Sprecher Jürg Keller gegenüber swissinfo.

«Wenn auf diesen Flügen wirklich Gefangene transportiert wurden, wissen wir nicht, ob sie gefoltert wurden und ob sie Zugang zu einem gesetzlichen Vertreter hatten», sagt Keller.

Der Besuch von Rice in Europa wird von der Kontroverse um die von der «Washington Post» verbreitete Meldung über geheime Gefangenlager der CIA in Osteuropa begleitet.

Condoleezza Rice hat wiederholt bestritten, dass Gefangene gefoltert worden seien. Doch zog sie die Kritik auf sich, als sie den Transport von mutmasslichen Terroristen als «Interpretationen» bezeichnete.

Die amerikanische Botschaft in Bern bestätigte gegenüber swissinfo, dass die Fragen der Schweizer Regierung zu den angeblichen Folterflügen nach Washington weitergereicht wurden. Eine weitere Stellungnahme lehnte die Botschaft aber ab.

Carine Carey sagte auch, dass die Schweiz generell gegen geheime Gefangenenlager sei. Wenn Gefangene an geheimen Orten gehalten würden und ihnen der Zugang zu einem Rechtsvertreter verwehrt werde, betrachte die Schweiz dies als Verletzung der Menschenrechte.

«Auch im Kampf gegen den Terrorismus müssen die Menschenrechte und das internationale humanitäre Gesetzt respektiert werden», sagte Carey.

swissinfo, Matthew Allen
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)

Die Schweiz will von den USA Auskunft über vier registrierte Zwischenlandungen von Flugzeugen in Genf sowie über rund 30 Flügen durch den Schweizer Luftraum.

Die «Washington Post» berichtete am 2. November, dass die USA in Osteuropa Gefangenlager «im Sowjetstil» aufgebaut habe, um Terrorverdächtige zu verhören.

US-Aussenministerin Condoleezza Rice bezeichnete in einer Rede am Montag die Transporte von mutmasslichen Terroristen als «Interpretationen».

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