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Schweiz vertieft ihre Beziehungen zu Nepal

swissinfo.ch

Die Schweiz verstärkt ihre diplomatische Präsenz in Nepal. Am Montag ist das Generalkonsulat in der Hauptstadt Kathmandu zu einer Botschaft aufgewertet worden.

Die Eröffnung einer Botschaft fällt mit dem 50-Jahre-Jubiläum der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit mit dem Land am Himalaya zusammen.

Der neue Schweizer Botschafter in Nepal, Thomas Gass, erklärte in einem Gespräch mit swissinfo.ch vor den offiziellen Feierlichkeiten zur Eröffnung der diplomatischen Vertretung, die Schweiz wolle ihr politisches Engagement in dem Land weiter verstärken.

So werde die Schweiz Nepal bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung weiter als Beraterin unterstützen.

swissinfo.ch: Die Schweiz und Nepal hatten immer eine besondere Beziehung. Warum ist Nepal für die Schweiz von solcher Bedeutung?

Thomas Gass: Die Schweiz und Nepal haben viele Gemeinsamkeiten. Beides sind Binnenländer, beide haben eine starke ländlich geprägte Geschichte und beide Länder haben eine Bevölkerung mit verschiedenen Kulturen und Sprachen unter einen Hut zu bringen.

Das sind einige Gründe, wieso die Schweiz ihren Einsatz in Nepal aufgenommen hatte, zuerst über Nicht-Regierungs-Organisationen, später über die DEZA.

Im Verlauf der Zeit haben sich unsere Beziehungen verstärkt. Die Schweizer lieben das Wandern und Bergsteigen, sie kommen hierher in die Ferien. Und sie werden sich rasch bewusst über das Potential der Menschen hier in Nepal, wenn deren Stärken und menschliche Fähigkeiten das entsprechende Umfeld haben.

swissinfo.ch: Die Schweiz hat Nepal 50 Jahre bei seiner Entwicklung unterstützt, unter anderem mit dem Bau von Tausenden von Brücken. Was wird sich mit der Eröffnung einer Botschaft ändern?

T.G.: In den letzten 10 Jahren haben wir viel mehr getan in Nepal, als nur reale Brücken zu bauen. Wir haben das Land beim Prozess der Friedensbildung und der Demokratisierung unterstützt.

Wir halfen benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu lernen, sich für ihre Anliegen einzusetzen, im Entscheidungsprozess mitzumachen und die öffentlichen Dienstleistungen nutzen zu können.

Solche Aktivitäten können durch Mediatoren und Friedensbildungs-Berater unterstützt werden. Das ist ein Engagement, das bisher oft diskret hinter den Kulissen erfolgte, das wollen wir weiter führen.

Durch die Eröffnung einer Botschaft hoffen wir, unsere Rolle in der politischen Arena vergrössern zu können und den Dialog mit anderen Teilnehmern des Friedensprozesses zu suchen. Daneben wollen wir Schweizerinnen und Schweizern, aber auch Touristen und Nepali hier bessere konsularische Dienste anbieten können.

swissinfo.ch: Welche Rolle werden Sie dabei persönlich spielen?

T.G.: Ich habe zwei Funktionen: Einerseits bin ich der Botschafter, daneben der lokale DEZA-Chef hier in Nepal, ein Amt, auf das wohl etwa 60% meiner Arbeit entfallen werden.

Ich werde sicher stellen, dass wir uns an die 14 Prinzipien halten, die unserer Aufgabe zugrunde liegen und mich im Feld engagieren, ohne Schaden zu verursachen und ohne Stellung zu beziehen.

Während der Zeit der bewaffneten Konflikte ermöglichten uns diese Prinzipien, unsere Projekte weiterzuführen, was ungewöhnlich ist, denn in Konflikten verlangsamt sich die Entwicklungszusammenarbeit meistens stark.

swissinfo.ch: Was sind Ihre ersten Eindrücke von dem Land?

T.G.: Es mag vielleicht etwas angeberisch tönen, aber ich bin stolz darauf, zu diesem Schweizer Team hier zu stossen. Unsere Leute im Büro in Kathmandu sowie im Feld sind extrem professionell.

Auf meiner kurzen Exkursions-Reise konnte ich mir ein Bild verschaffen, wie Bäume gepflanzt wurden, wie Gemeinden Strassen bauten und welche strategische Rolle die Hängebrücken in diesem Land spielen. Wir haben bisher etwa 3000 dieser Brücken gebaut.

Es war auch gut, die Befähigung des lokalen Personals zu sehen. Wir haben kein grosses Schweizer Kontingent hier, sondern bemühen uns, den Einheimischen die nötigen Fähigkeiten zu vermitteln, und das funktioniert hier wirklich gut.

swissinfo.ch: Sie haben die letzten fünf Jahre auf der Schweizer UNO-Mission in New York verbracht. Hatten Sie einen Kulturschock, als Sie in Nepal ankamen?

T.G.: Ich hatte früher in Gyuana gelebt, in Afrika und in der früheren Sowjetunion gearbeitet. Ich habe viele Länder gesehen, die mit ihrer Entwicklung und der Globalisierung kämpfen müssen.

Ich bin nicht schockiert. Im Gegenteil, ich bin sehr beeindruckt davon, wie hart die Menschen hier in Nepal arbeiten.

Ich bin sicher, das dieses Land ein grosses Potential hat, wenn es den Prozess der Ausarbeitung einer Verfassung hinter sich gebracht haben wird, auch wenn es nicht über enorme natürliche Ressourcen verfügt.

Nepal wird nie ein grosser Spieler sein in der globalisierten Welt, aber die Menschen hier sind Bergler, hart und einfallsreich, und wir wollen hier sein und ihnen bei der weiteren Entwicklung helfen.

swissinfo.ch: Wie weit wird die Schweiz bei der Beratung der Parteien involviert sein, welche die Verfassung ausarbeiten?

T.G.: In der Vergangenheit haben wir hinter den Kulissen geholfen und wir werden weiter als Beraterin tätig sein. Wir wurden angefragt, einige der Arbeits-Gruppen, die an einem Entwurf für die Verfassung arbeiten, zu beraten und wir haben auch einen Föderalismus-Dialog unterstützt.

Aber dieser Prozess gehört den Menschen in Nepal, er muss in ihren Händen liegen, sie sollten die Leitung innehaben.

swissinfo.ch: Denken Sie, dass sich das politische System Nepals am föderalistischen Modell der Schweiz orientieren wird?

T.G.: Der Föderalismus war für die Schweiz sinnvoll und nützlich, er brachte Synergien in ein Umfeld, das geprägt war von verschiedenen Kulturen und Sprachen. Hier in Nepal ist es nicht so einfach, denn es gibt viele Gruppierungen, die erst dabei sind ihre eigene Identität zu entdecken.

Dazu kommt, dass die Unterschiede zwischen den Kulturen und Religionen viel grösser sind. Die Entwicklung weg von einer zentralisierten Regierung, wie sie Nepal viele Jahre hatte, wird schwierig sein, aber sie ist sicher machbar.

Billi Bierling, Kathmandu, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Bevölkerung: 28,3 Millionen Menschen.

80% der Bevölkerung sind Angehörige des Hinduismus, daneben gibt es etwa 15% Buddhisten sowie Muslime und Christen.

Ein grosser Teil des Himalaya-Gebirges liegt in Nepal, wo sich 14 der höchsten Berge der Welt befinden, darunter der Mount Everest, dessen Gipfel mit 8848 m ü. M. als höchster Punkt der Erde gilt.

Fläche: 147’181 km²

Die internationale Hilfe deckt etwa 30% des jährlichen Budgets von Nepal.
2008 bekam Nepal von der Schweiz Unterstützung im Werte von 25 Mio. Franken, dieses Jahr sind 21,5 Millionen vorgesehen. Damit ist die Schweiz eines der wichtigsten Partnerländer Nepals.

DEZA IN NEPAL
Nepal gehört zu den Schwerpunktländern der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit.

Die DEZA steht in Nepal vor allem in ländlichen Gebieten im Einsatz, die während dem über zehn Jahre dauernden Aufstand der Maoisten teilweise unter deren Kontrolle standen.

Während 239 Jahren hatte die Shah-Dynastie über das Königreich Nepal geherrscht. Im Zuge politischer Reformen wurde das Land 1990 zu einer Demokratie mit einem Mehrparteiensystem unter einer konstitutionellen Monarchie.

1996 brach mit dem Aufstand der Kommunistischen Partei (Maoisten) ein bewaffneter Konflikt aus, der über zehn Jahre dauern sollte. Massenproteste aller wichtigen politischen Parteien zwangen den König 2006 zur Abdankung.

Nach nationalen Wahlen 2008 rief das neu gewählte Parlament in Nepal eine Republik aus, die als föderativ und demokratisch definiert wurde. Die Monarchie wurde ganz abgeschafft.

Neben den Aktivitäten zur ländlichen Entwicklung, dem Bau von Hängebrücken und Strassen zur Erschliessung der Gebirgsregionen, rückte in den letzten Jahren die Friedensförderung immer stärker ins Zentrum.

Dazu gehört der Einsatz für die Achtung der Menschenrechte. So unterstützt die Schweiz die Nationale Menschenrechtskommission, die sich für diskriminierte Personengruppen wie Frauen oder die Unberührbaren (Dalit) einsetzt.

Thomas Gass, geboren 1963 in Neuenburg.

Studium der Agrarwissenschaften; 1994 machte er seinen Doktor in Biologie-Wissenschaften.

Seine Karriere bei der DEZA begann Gass 1988; ab 2002 war er in Guyana für das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) tätig. Seit 2004 war er Botschaftsrat bei der UNO-Mission der Schweiz in New York.

Gass ist verheiratet, das Paar hat drei Kinder. Zwei studieren in der Schweiz, das dritte lebt mit den Eltern in Kathmandu.

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